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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 240/1999 vom 05.04.1999
OVG Rheinland-Pfalz: zumutbarer Entleerungsort für Abfallgefäße
Wenn Abfallgefäße nicht direkt vor dem Grundstück in das Müllfahrzeug entleert werden können, taucht immer wieder die Frage auf, welche metermäßige Strecke dem Benutzer der kommunalen Abfallentsorgung zumutbar ist, um zu einem geeigneten Entleerungsort zu gelangen, den das Müllfahrzeug anfahren kann. Hintergrund dieser Problematik ist, daß insbesondere durch die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften bestimmte Straßen oder Wege mit dem Müllfahrzeug nicht angefahren werden dürfen, weil die Straße z.B. zu schmal ist oder keine Wendemöglichkeit für das Müllfahrzeug besteht und deshalb die begründete Gefahr besteht, daß z.B. beim Rückwärtsfahren mit dem Müllfahrzeug Arbeitsunfälle eintreten oder Bürgerinnen/Bürger insbesondere Kinder gefährdet werden.
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 09. Juni 1998 (AZ: 7 A 10061/98.OVG) zu der Frage Stellung genommen, welche wegemäßigen Entfernungen für den Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung zumutbar sind, um zu einem Entleerungsort für das Abfallgefäß zu gelangen. Dem Urteil des OVG Rheinland-Pfalz lag der Sachverhalt zugrunde, daß die Straße, an der das Grundstück der Klägerin lag, mit dem Müllfahrzeug nicht befahren werden konnte, weil diese Straße für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 2,5 t gesperrt war und die Müllfahrzeuge ein deutlich größeres Gewicht hatten (20 t).
Das OVG Rheinland-Pfalz sieht es zunächst nicht als erforderlich an, daß die abfallentsorgungspflichtige Kommune anstelle der Müllfahrzeuge grundsätzlich kleinere Transporter (z.B. Pritschenwagen) nutzen muß, um die Abfälle von dem Grundstück der Klägerin zu entsorgen. Dabei stellt das OVG Rheinland-Pfalz maßgeblich darauf ab, daß in der Abfallentsorgungssatzung der beklagten Kommune das Wort "Müllwagen" verwendet wird. Unter einem Müllwagen ist nach dem OVG Rheinland-Pfalz aber nicht ein Kastenfahrzeug bzw. Kleintransporter zu verstehen, sondern nur ein spezielles Fahrzeug, zum Transport von Müll mit einer mechanischen Vorrichtung zum Entleeren der Mülltonnen in das Fahrzeug. Wenn - so das OVG Rheinland-Pfalz - unter einem Müllwagen jedes Fahrzeug zu verstehen wäre, hätte die abfallentsorgungspflichtige Kommune in der Abfallentsorgungssatzung keine besondere Regelung für Grundstücke treffen müssen, bei denen die Müllfahrzeuge nicht unmittelbar vor dem Grundstück entsorgt werden können, weil z.B. die Straße mit dem Müllfahrzeug nicht befahren werden darf.
Weiterhin ist es nach dem OVG Rheinland-Pfalz im Interesse einer kostengünstigen Abfallentsorgung grundsätzlich auch sachlich gerechtfertigt ist, besondere Regelungen in der Abfallentsorgungssatzung darüber zu treffen, wo der Entleerungsort für ein Abfallgefäß bei denjenigen Grundstücken ist, bei denen das Abfallgefäß nicht direkt vor dem Grundstück in das Müllfahrzeug entleert werden kann. So sieht es das OVG Rheinland-Pfalz etwa als zumutbare Benutzungsbedingung an, wenn von dem Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung verlangt wird, keine Abfallgefäße zu nutzen, sondern Müllsäcke zu verwenden sind und diese Müllsäcke an einer für das Müllfahrzeug erreichbaren Anfahrtsstelle in ein dort installiertes Abfallgefäß zu werfen. Ansatzpunkt war dabei, daß die Klägerin an dieser Anfahrtsstelle ohnehin mit dem PKW tagtäglich vorbei mußte, z.B. wenn sie zum Einkaufen fährt.
Das OVG Rheinland-Pfalz stellt dabei fest, daß der Abfall in dem konkreten Einzelfall zwar dann über eine Entfernung von 818 m zu der Sammelstelle A. oder über eine Entfernung steil bergab über 215 m zu einer Sammelstelle B. gebracht werden müßte, so daß eine beträchtliche Entfernung zurückgelegt werden muß. Gleichwohl kommt das OVG Rheinland-Pfalz in dem konkreten Einzelfall zu dem Ergebnis, daß der entsorgungspflichtigen Körperschaft keine andere Möglichkeit verbleibt, als diese Entleerungsorte zu wählen. Dabei weist das Gericht allerdings ausdrücklich darauf hin, daß Fälle der vorstehenden Art jeweils nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des einzelnen Falles beurteilt werden können. Dabei sei der Gesichtspunkt maßgeblich, daß die Mitwirkungspflicht des Benutzers der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung nicht so weit geht, daß sich die Einsammlungs- und Beförderungspflicht der abfallentsorgungspflichtigen Kommune so weit reduziert, daß eigentlich der Abfallbesitzer, d.h. der Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung das Einsammeln und Befördern der Abfälle überantwortet wird. Dies sah das OVG Rheinland-Pfalz in dem konkret zu entscheidenden Fall als nicht gegeben an, weil das Einsammeln und Befördern der Abfälle von der festgelegten Sammelstelle aus noch über eine größere Entfernung zur Abfallentsorgungsanlage zu erfolgen hatte.
Schließlich weist das OVG Rheinland-Pfalz darauf hin, daß die für zumutbar erachtete Regelung in dem entschiedenen Einzelfall nur für normaltypische Abfallfraktionen angenommen werden kann, die in Müllsäcken und mit dem Pkw transportiert werden können. Die Grenzen der zumutbaren Benutzungsbedingungen und der zumutbaren Mitwirkungslast für die Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung seien aber dort überschritten, wo es z.B. um Sperrmüll, Elektro- und Elektronikgeräte sowie Kühlgeräte gehe. Bei diesen Abfallfraktionen müsse eine anderweitige Lösung gefunden werden. Jedenfalls sei es dem Benutzer der kommunalen Abfallentsorgungseinrichtung nicht zumutbar, auch diese Abfälle zu dem vorgesehenen Sammelpunkt bzw. Entleerungsort zu transportieren.
Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, daß es sich im Einzelfall empfiehlt, einvernehmliche Regelungen zu finden. Dabei geht es darum, das Interesse an einer kostengünstigen Abfallentsorgung für alle Abfallgebührenzahler zu wahren aber auch für den betroffenen Grundstückseigentümer eine zumutbare Verfahrensweise festzulegen. Dies kann unter Berücksichtigung des Urteils des OVG Rheinland-Pfalz vom 09.07.1998 auch bedeuten, daß für Sperrmüll, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Kühlgeräte und dergleichen eine Abholung mit kleineren Transportfahrzeugen (z.B. Pritschenwagen) vor den Grundstücken zu gewährleisten ist. Jedenfalls folgt aus dem Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 09.07.1998, daß die Kommune bei einer entsprechenden Satzungsregelung nicht verpflichtet ist, sämtliche Abfallfraktionen mit einem kleinen Lastkraftwagen (z.B. einem Pritschenwagen) vor dem Grundstück zu entsorgen. Denn diese Abfallfraktionen z.B. Restmüll, Biomüll, Altpapier und dergleichen können bei Außenbereichsgrundstücken auch in Müllsäcken mit einem Kraftfahrzeug zu einem Sammelpunkt befördert werden, an dem ohnehin mit dem Kraftfahrzeug tagtäglich vorbeigefahren wird.
Az.: II/2 31-11