Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 886/2003 vom 06.11.2003
OVG Saarland zu Erschließungsbeitragsproblemen
Ob eine längere Straße und eine von ihr abzweigende, anderweitig nicht mit dem öffentlichen Straßennetz verbundene weitere Straße eine einzige Erschließungsanlage oder zwei selbständige Anlagen darstellen, hängt von dem Gesamteindruck ab, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Betrachter vermitteln; über 100 Meter lange Straßen sind in der Regel rechtlich selbständige Erschließungsanlagen.
Dass eine Straße auf einem verhältnismäßig kurzen Teilstück beidseitig im Außenbereich verläuft, schließt nicht aus, dass dieses Teilstück Bestandteil einer Anbaustraße ist.
Entsteht nach einem Kostenspaltungsbeschluss jahrelang die sachliche Teilbeitragspflicht nicht, weil die Gemeinde es verabsäumt hat, die Zustimmung nach § 125 Abs. 2 Satz 1 BauGB (a.F.) einzuholen, so sind Fremdkapitalkosten für die Zeit nach dem Kostenspaltungsbeschluss dann nicht erschließungsbeitragsfähig, wenn das Versäumnis der Gemeinde schlechthin unvertretbar war; um Letzteres zu bejahen, genügt nicht jeder Rechtsverstoß, sondern bedarf es eines qualifizierten Fehlverhaltens.
Ein für eine Straßenbaumaßnahme gewährter Landeszuschuss, für den die Kommunalen Verwendungsrichtlinien vom 22.11.1966 (Amtsblatt 1967, 169) gelten, stellt keine anderweitige Deckung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands im Sinne des § 129 Abs. 1 BauGB dar. Vielmehr ist dieser Zuschuss zur Deckung des Gemeindeanteils und nicht beitragsfähiger Erschließungskosten zu verwenden und ein danach verbleibender Rest an das Land zurückzuzahlen.
Ist ein Grundstück durch eine auf der öffentlichen Verkehrsfläche stehende hohe Stützmauer an einer Anbaustraße „verschlossen", so liegt dennoch ein Erschlossensein im Sinne des § 131 BauGB vor, wenn absehbar ist, dass bei einem Bauinteresse des Grundstückseigentümers die Gemeinde die Mauer zwecks Herstellung eines Zugangs öffnen wird. Das trifft insbesondere zu, wenn der Eigentümer kraft Straßenrechts (§§ 17, 20 SStrG) einen dahingehenden Rechtsanspruch hat.
Verfügt ein mit einem Wohnhaus bebautes Hinterliegergrundstück über einen durch eine Grunddienstbarkeit gesicherten Zugang zu einer Straße und ist es einzig so erreichbar, so ist ein Erschlossensein im Sinne des § 131 BauGB auch bei Fehlen einer entsprechenden Baulast zu bejahen.
Dass ein Hausgarten, der sich hinter einem straßennah errichteten Wohnhaus auf demselben Baugrundstück erstreckt, weder selbständig bebaubar noch unmittelbar von der Straße aus zugänglich ist, genügt nicht, ihn als nicht erschlossene Grundstücksteilfäche anzusehen; vielmehr reicht die Erschließungswirkung der Straße in der Regel bis zur satzungsmäßig fixierten Tiefenbegrenzung.
Die Gewährung einer Eckgrundstücksvergünstigung verbietet sich, wenn die zweite Straße nicht in der Baulast der Gemeinde steht oder eine vorhandene Erschließungsanlage (§ 242 Abs. 1 BauGB) darstellt.
Der Nutzungsfaktor für unbebaute Grundstücke im nicht beplanten Innenbereich darf in der Erschließungsbeitragssatzung nach der Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Geschosse bestimmt werden. Die nähere Umgebung ist dabei nach § 34 BauGB abzugrenzen. Den Ausschlag gibt dann, welche Geschosszahl in diesem Bereich mehrheitlich vorhanden ist. Ob eine höhere Geschosszahl nach § 34 BauGB zulässig ist, spielt keine Rolle.
Wird in der Erschließungsbeitragssatzung ohne nähere Erläuterung der Begriff des Vollgeschosses verwendet, ist auf die entsprechende Definition der Landesbauordnung in der Fassung zurückzugreifen, die zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht für die abzurechnende Anlage galt.
Wird ein Eigentümer für zwei Buchgrundstücke zu Erschließungsbeiträgen für die Herstellung einer Anlage herangezogen und stellt sich im Prozess heraus, dass der Beitrag für das eine Grundstück zu hoch und der für das andere Grundstück zu niedrig festgesetzt wurde, darf keine Fehlersaldierung erfolgen.
Urteil des 1. Senats des OVG´s Saarland vom 16.04.2003 - 1 R 8/01 -
Az.: II/1 643-00/1