Mitteilungen - Bauen und Vergabe

Der Nachbar richtete sich gegen eine Baugenehmigung. Er brachte ein Verstoß gegen das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme vor, weil das Bauvorhaben eine unzumutbare Einsichtnahme insbesondere auf die Terrasse bzw. seinen Balkon und in die rückwärtigen Bereiche seines Grundstücks ermöglichte.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen erklärte in seinem Beschluss vom 14.01.2019 (Az. 1 A 911/17), dass hinsichtlich der behaupteten Möglichkeiten zur Einsichtnahme zu berücksichtigen sei, dass dieses Gebot keinen generellen Schutz vor Möglichkeiten des Einsehens auf Nachbargrundstücke biete. Denn Nachbarn müssten es in einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet hinnehmen, dass es bei Ausschöpfung des bestehenden Baurechts zu wechselseitigen Einsichtnahmemöglichkeiten komme.

Die Grenze des Zumutbaren sei erst dann überschritten, wenn ein Vorhaben Einsichtnahmemöglichkeiten auf das Nachbargrundstück eröffne, die über das hinzunehmende Maß hinausgehen, etwa wenn ein Balkon in unmittelbarer Nähe zu einem vorhandenen Schlafzimmer errichtet werden solle oder wenn eine Dachterrasse aus kurzer Entfernung Einsichtnahmemöglichkeiten nicht nur in einen Innenhof, sondern auch in die Fenster eines Nachbargebäudes eröffne. Derartige Umstände seien hier jedoch nicht gegeben (Quelle: IBR 2019, 344).

Anmerkung

In einer Vielzahl der Baunachbarklagen wird seitens der Nachbarn ein Verstoß gegen das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme aufgrund der durch das Bauvorhaben geschaffenen Einsichtnahmemöglichkeiten gerügt. Die Entscheidung des Senats verdeutlicht, dass dies in aller Regel kein allzu großes Risiko für den Bauherrn beinhaltet. Lediglich in (absoluten) Ausnahmefällen ist ein Verstoß gegen das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme denkbar.

Az.: 20.1.1.8-003/001 st