Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 815/2013 vom 22.11.2013

OVG Sachsen zum Teilverzicht bei großflächigem Einzelhandel

Das OVG Sachsen hat mit Beschluss vom 11. Juli 2013 (1 B 350/13) folgendes festgestellt:

  1. Ein Bauvorhaben (hier: Großflächiger Einkaufsmarkt) ist als Ganzes zu betrachten, das heißt, die Genehmigung umfasst die Errichtung des Baukörpers und die Zuweisung einer bestimmten Nutzung.
  2. Ein „Teilverzicht“ in Bezug auf die Nutzung einer Teilfläche führt nicht dazu, dass sich die Baugenehmigung nunmehr auf einen Einkaufsmarkt unterhalb der Schwelle zur Großflächigkeit bezieht.

Für die Errichtung eines Einkaufsmarkts mit knapp über 800 qm Verkaufsfläche auf einem Grundstück im unbeplanten Innenbereich einer kreisangehörigen Stadt erteilt der zuständige Landkreis eine Baugenehmigung. Die Stadt vertritt die Ansicht, das Vorhaben füge sich wegen dessen Großflächigkeit nicht in die Eigenart der näheren Umgebung, welche dem Charakter eines allgemeinen Wohngebiets entspreche, ein. In der Erwartung, damit die Schwelle der Großflächigkeit (800 qm Verkaufsfläche) nachträglich zu unterschreiten, erklärt der Bauherr sodann gegenüber dem Landkreis den unwiderruflichen Verzicht auf die Nutzung einer für einen Backshop genehmigten Teilfläche von 18 qm.

Der Versuch des Bauherrn, mit dem Teilverzicht nachträglich eine Reduzierung der Verkaufsfläche herbeizuführen, bleibt ohne Erfolg. Das OVG entscheidet, dass das Bauvorhaben als Ganzes zu betrachten sei. Dies bedeute, dass eine Baugenehmigung neben der Erlaubnis zur Errichtung des Baukörpers zudem stets die Zuweisung einer bestimmten Nutzung für diesen umfasst. Soweit der Bauherr mit seinem Verzicht auf die Nutzung der Teilfläche von 18 qm als Backshop bewirken wollte, dass einer bestimmten - weiterhin von der Baugenehmigung umfassten - Fläche keine Nutzung mehr zugewiesen werde, sei dies unzulässig.

Die Genehmigung eines Vorhabens ohne konkrete Nutzungsbestimmungen sei nicht möglich. Weiter führt das OVG aus, dass auf den vorliegenden Fall die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Immissionsschutzrecht, wonach ein Verzicht zum Erlöschen der Genehmigung führt, nicht übertragbar sei, weil der vom Bauherrn erklärte Teilverzicht sich lediglich auf die Nutzung einer bestimmten Verkaufsfläche, nicht jedoch auch deren Errichtung beziehe. Der Nutzungsverzicht beinhalte somit zugleich die Ankündigung diese Fläche anderweitig nutzen zu wollen. Eine solche Änderung sei zwar jederzeit möglich, allerdings bedürfe es hierfür einer entsprechenden Nutzungsänderungsgenehmigung.

Ungeachtet dessen gibt das OVG der Beschwerde des Bauherrn statt und lehnt den Antrag der Stadt auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung ab. Zur Begründung führt es an, dass das die Grenze zur Großflächigkeit nur geringfügig überschreitende Vorhaben keine wesentlichen Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO habe, so dass es sich selbst dann gemäß § 34 Abs. 2 BauGB nach der Art der baulichen Nutzung einfüge, wenn die maßgebliche nähere Umgebung als faktisches allgemeines Wohngebiet (BauNVO § 4) qualifiziert würde.

Praxishinweis

Im Vorfeld einer jeden Planung von Einzelhandelsvorhaben ist die zulässige Verkaufsflächenzahl genau zu ermitteln und im Rahmen der Genehmigung entsprechend festzulegen. Wird dies versäumt, droht die Ablehnung des Bauantrags oder — wie vorliegend — die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung. Allein durch einen Teilverzicht des Bauherrn auf die Nutzung bestimmter Verkaufsflächen kann dann ein rechtswidriges Vorhaben nicht nachträglich legalisiert werden. Hierfür bedarf es vielmehr der Einholung einer entsprechenden Änderungsgenehmigung. (Quelle: IBR 2013, 707)

Az.: II gr-ko

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