Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 553/2017 vom 24.07.2017

Pflicht-Restmülltonne und Gewerbeabfallverordnung 2017

Die am 01.08.2017 in Kraft getretene Gewerbeabfall-Verordnung (GV NRW 2017, S. 896 ff.) sieht in § 7 GewAbfV vor, dass Abfallbesitzer/-erzeuger von gewerblichen Siedlungsabfällen (§ 2 Nr. 1 GewAbfV) für Abfälle, die nicht verwertet werden, einen Restabfallbehälter ( eine sog. Pflicht-Restmülltonne) des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (in NRW: Stadt/Gemeinde) in angemessenem Umfang, nach dessen näheren Festlegungen, mindestens aber einen Behälter zu nutzen (§ 7 Abs. 2 GewAbfV) haben.

Der rechtliche Hintergrund für diese Regelung ist die Erfüllung der Abfallüberlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG für „Abfälle zur Beseitigung“ (§ 7 Abs. 1 GewAbfV ; vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2007 — Az.: 1 BvR 1290/05; BVerwG, Urteil vom 17.02.2005 - Az.: 7 C 25.03 - und BVerwG, Urteil vom 01.12.2005 - Az.: 10 C 4.04 - ; OVG Saarland, Beschluss vom 01.06.2017 — Az.: 1 D 341/17 -  ; OVG Saarland, Urteil vom 26.02.2015 — Az.: 2 A 488/13 - ; OVG BB, Beschluss vom 18.03.2015 — Az.: OVG 9 N 171.13 — abrufbar unter: gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de).

Nach dem OVG BB (Beschluss vom 18.03.2015 — Az.: OVG 9 N 171.13) besteht für jeden gewerblichen Abfallbesitzer/-erzeuger auf einem Grundstück die Pflicht, eine Pflicht-Restmülltonne zu benutzen, weil nicht vom Grundstückseigentümer die Rede ist. Möglich ist aber ebenso die gemeinsame Zuteilung einer Pflicht-Restmülltonne für ein Gewerbegrundstück mit z. B. 3 Gewerbebetrieben.

Unzulässig ist insbesondere das sog. Huckepack-Verfahren, d. h. bereits angefallener Restmüll kann nicht entgegen der AVV mit anderen verwertbaren Abfällen vermischt werden (so: OVG NRW, Beschluss vom 16.04.2009 — Az.: 14 A 3731/06 — abrufbar: www.justiz.nrw.de).

Es besteht keine Pflicht zur Benutzung bei einer Pflicht-Restmülltonne, wenn der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger den gewerblichen Abfallbesitzer-/erzeuger von der Entsorgung nach § 20 Abs. 2 KrWG ausgeschlossen hat (§ 7 Abs. 3 GewAbfV). Ebenso besteht keine Pflicht zur Benutzung einer sog. Pflicht-Restmülltonne bei Kleinmengen. § 5 GewAbfV regelt für diese Kleinmengen die Entsorgungsmöglichkeit mit den Abfällen aus privaten Haushaltungen. Kleinmengen können z. B. bei einem Ein-Frau/Mann-Gewerbebetrieb anfallen, welcher in den privaten Haushalt integriert ist (u. a. Tupper-Vertreterin, Thermomix-Vertreterin; VG Köln, Urteil vom 27.04.2010 — Az.: 14 K 5915/08 — abrufbar unter: www.justiz.nrw.de).

Darüber hinaus besteht keine Pflicht zur Nutzung einer Pflicht-Restmülltonne, wenn der gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger nachweisen kann, dass bei ihm keine überlassungspflichtigen Abfälle zur Beseitigung anfallen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2007 — Az.: 1 BvR 1290/05; BVerwG, Urteil vom 17.02.2005 - Az.: 7 C 25.03 - und BVerwG, Urteil vom 01.12.2005 - Az.: 10 C 4.04 - ; OVG NRW, Beschluss vom 16.04.2009 — Az.: 14 A 3731/06 — ; OVG NRW, Beschluss vom 04.07.2007 — Az.: 14 A 2682/04).

Der Nachweis des Nichtanfalls wird in der Praxis kaum zu führen sein, denn auch bei einem gewerblichen Abfallbesitzer/-erzeuger fallen z. B. gebrauchtes Hygienepapier (siehe § 3 Abs. 1 GewAbfV), benutzte Damenbinden/Tampons, Papiertaschentücher/Papier- Küchentücher, Kugelschreiber, Textmarker, Putzlappen, Schwämme/Schwammtücher, Zigarettenkippen, Kehricht, Toilettenbürste, zerbrochenes Porzellan usw. (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.04.2009 — Az.: 14 A 3731/06 — ; VG Köln, Urteil vom 18.11.2014 — Az.: 14 K 6786/12 — Rz. 53 ff. - , wonach eine Vermischung von Restmüll mit anderen energetisch verwertbaren Abfällen nach der GewAbfV 2003 unzulässig ist ; VG Köln, Urteil vom 27.04.2010 — Az.: 14 K 5915/08 - Ein-Mann-Versicherungsbüro - ; VG Köln, Urteile vom 11.10.2005 — Az.: 14 K 8527/03 und 14 K 6789/03 — und vom 05.11. 2008 - Az.: 14 K 4743/07 - abrufbar unter: www.justiz.nrw.de - )

Die Zuteilung einer Pflicht-Restmülltonne auf der Grundlage von satzungsrechtlich geregelten Einwohnergleichwerten (EGW) ist zulässig (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.01.2015 - Az.: 13 K 858/13 - ; VG Köln, Urteil vom 11.10.2005 — Az.: 14 K 8527/03 — abrufbar unter: www.justiz.nrw.de). Der EGW ist ein Gleichwert zum natürlichen Einwohner. Ausgangspunkt ist das Mindest-Restmüllvolumen pro natürlicher Person/Woche, welches in der Abfallentsorgungssatzung geregelt werden kann (§ 9 Abs. 1 Satz 3 LAbfG NRW).

Hierzu ein Beispiel: Beträgt das Mindest-Restmüllvolumen 15 Liter pro Person/Woche und wird satzungsrechtlich ein Einwohnergleichwert für Supermarkt-Mitarbeiter von 0,5 pro Mitarbeiter festgelegt, so ergibt sich bei 10 Mitarbeitern ein Fassungsvolumen von x 0,5 l x 15 l = 75 l pro Woche, so dass ein genormtes 80 Liter Restmüllgefäß als Pflicht-Restmülltonne zugeteilt wird.

Die Zuteilung von Pflicht-Restmülltonnen dient auch dazu, dass insbesondere die erheblichen Nachsorgekosten für stillgelegte Abfalldeponien nicht allein von den privaten Haushaltungen (Bürgerinnen und Bürgern) über die Abfallgebühren bezahlt werden müssen, denn in den vergangenen Jahrzehnten sind auch die Abfälle von gewerblichen Abfallbesitzern/-erzeugern auf diesen Abfalldeponien abgelagert worden.

Ein gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger kann auch nicht davon ausgehen, dass das „Schweigen der Gemeinde“ als Zustimmung gewertet werden kann, sondern es muss über einen Antrag auf Verminderung des Restmüllvolumens von der Stadt bzw. Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren unter Einbindung der unteren Abfallwirtschaftsbehörde entschieden werden, denn es gibt keinen Grundsatz der freiwilligen Inanspruchnahme der öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung (so: BVerfG, Beschluss vom 19.07.2007 — Az.: 1 BvR 1290/05 ; BVerwG, Beschluss vom 01.12.2005 — Az.: 10 C 4.04 — UPR 2006, S. 272; BVerwG, Urteil vom 17.02.2005 — Az.: 7 C 25.03 — UPR 2005, S. 344; OVG NRW, Beschluss vom 16.04.2009 — Az.: 14 A 3731/06).

Eine Gebührenpflicht für das zugeteilte Pflicht-Restmüllgefäß besteht jedenfalls auch dann, wenn dieses nicht bei der Stadt bzw. Gemeinde abbestellt worden ist, auch wenn eine schlichte Nichtnutzung vorliegt (so: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24.03.2013 — Az.: 13 K 1262/12 - abrufbar unter: www.justiz.nrw.de). Ebenso besteht eine Gebührenpflicht für die Pflicht-Restmülltonne, wenn eine Reduzierung des Restmüllgefäßvolumens nicht beantragt worden ist (so: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29.01.2015 — Az.: 13 K 858/13 — abrufbar unter: www.justiz.nrw.de). Dieses gilt jedenfalls dann, wenn in der Abfallgebührensatzung geregelt ist, dass eine Gebührenpflicht dann ausgelöst wird, wenn ein Restmüllgefäß durch die Stadt bzw. Gemeinde zur Verfügung gestellt worden ist und das Abfallfahrzeug das Grundstück turnusgemäß anfährt, um das Restmüllgefäß zu entleeren (vgl. VG Aachen Urteil vom 18.11.2016 — Az.: 7 K 1076/16 — abrufbar unter www.justiz.nrw; Queitsch KStZ 2016, 161 ff., S. 162).

Az.: 25.0.2.1 qu

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search