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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 419/2002 vom 05.07.2002
Potenzial zur Kostensenkung bei den Gebühren
Am 12.06.2002 fand im Umweltausschuss des Landtages NRW eine Anhörung zum Thema "Kostensenkungspotentiale bei der Erhebung der Abfall- und Abwassergebühren" statt. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat hierzu mit Datum vom 6.06.2002 eine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Zur Frage, welche rechtlichen, technischen oder sonstigen Möglichkeiten zur Senkung der Gebühren herangezogen werden können ist wie folgt Stellung genommen worden.
" Zunächst ist festzustellen, dass die Abfall- und Abwassergebühren sich in den letzten Jahren zunehmend verstetigt haben. Auch nach der Einführung des Euro kann jedenfalls im Bereich der Benutzungsgebühren nicht festgestellt werden, dass diese sich wegen der Währungsumstellung zum 1.1.2002 erhöht haben. Kostensenkungspotentiale ergeben sich dort, wo EU-Richtlinien wie z.B. die EU-Wasserrahmenrichtlinie in nordrhein-westfälisches Recht umgesetzt werden müssen. Hier ist gezielt darauf zu achten, dass keine neuen Kostenspiralen entstehen und damit sich ein weiterer Anstieg der Abwassergebühren einstellt. Dieses bedeutet, dass eine richtlinien-konforme Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie stets auch die Kostenauswirkungen im Auge behalten muss und deshalb die Möglichkeiten einer moderaten richtlinienkonformen Umsetzung in vollem Umfang auszuschöpfen sind.
Laut ATV-DVWK-Umfrage für das Jahr 2001 lag die durchschnittliche einwohner-spezifische Abwassergebühr pro Kopf und Jahr bei 117 Euro. Dies sind 0, 32 Cent pro Kopf und Tag. Dabei ist es sinnvoll, den Tages-Abwasserpreis pro Kopf und Tag (Jahrespreis geteilt durch 365 Tage) zu berechnen, zumal jeder Bürger tagtäglich Abwasser produziert. Wird aber der Tagespreis für die Abwasserbeseitigung pro Kopf von 0, 32 Cent betrachtet und mit anderen täglichen Geldausgaben verglichen, so bewegt sich die Abwassergebühr immer noch in annehmbaren Grenzen (zum Vergleich: ein Brötchen im Bäckerladen kostet ca. 0,25 Cent, Körner-Brötchen ca. 0,50 Cent, eine Kugel Eis 0,50 Cent; KFZ-Inspektion ca. 150 Euro). Die gleiche Sichtweise ist auch für die Abfallgebühren anzuwenden. Vor diesem Hintergrund bleibt der Wunsch, nach einer Versachlichung der Diskussion über die Abfall- und Abwassergebühren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass in der Abfall- und Abwasserbeseitigung 75 % - 90 % der Kosten sog. Fixkosten sind, d.h. "abfall- bzw. abwassermengenunabhängige Vorhaltekosten" sind. Bei den Anlagen der Abwasserbeseitigung (z.B. Kläranlagen, Abwasserkanäle) handelt es sich um langlebige Wirtschaftgüter, die über Abschreibungen (Abschreibungsdauer für Kanäle z.B. 50 - 100 Jahre) und Zinsen fast die Hälfte der Abwasserbeseitigungskosten ausmachen. Weiterhin darf auch nicht verkannt werden, dass die Höhe der Abfall- und Abwassergebühren niemals in allen Städten und Gemeinden gleich sein wird. Denn insbesondere im Abwasserbereich bilden die geographischen Gegebenheiten der jeweiligen Gemeinde bilden einen signifikanten Kostenfaktor. Dies gilt nicht nur für Gemeinden in Bergregionen, sondern auch für Gemeinden im Flachland mit einer sehr zersiedelten und weiträumigen Gemeindefläche, die durch viele kleine, einzelne Ortschaften geprägt ist. Schließlich werden auch in Frischwasser-Gewinnungsgebieten an die Abwasserreinigung strengere Anforderungen gestellt, die sich bei der Höhe der Abwasserbeseitigungskosten auswirken. Schließlich kann die Gebührenbelastung nicht allein der ausschlaggebende Faktor dafür sein, sich in einer Gemeinde einen Wohnsitz zu nehmen. Jedenfalls kann beobachtet werden, dass vorrangig z.B. die Baulandpreise ausschlaggebend dafür sind, ob ein Wohnsitz in einer Gemeinde genommen wird oder nicht.
Unabhängig davon ist in Übereinstimmung mit dem im April 2002 vorlegten Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen ist in einer Privatisierung der Aufgaben der Abfall- und Abwasserentsorgung nicht der richtige Weg zu sehen. Nach den Ausführungen des Sachverständigenrates für Umweltfragen gibt es bei der Privatisierung kommunaler Aufgaben viel zu verlieren, aber wenig zu gewinnen. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen kritisiert in diesem Zusammenhang insbesondere das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, welches seit seinem Inkrafttreten m 07. Oktober 1996 zu einem abfallwirtschaftlichen Chaos geführt hat und dadurch geprägt ist, dass Abfälle vielfach nicht mehr ordnungsgemäß entsorgt werden, sondern allein der Entsorgungspreis darüber entscheidet, ob Abfälle solche zur Beseitigung oder solche zur Verwertung sind. Im übrigen wird auch ein hoher Anteil von Scheinverwertungen beklagt. Es ist mehr als bedauerlich, dass insoweit sowohl die alte als auch die neue Bundesregierung mit der nunmehr voraussichtlich in Kraft tretenden Gewerbeabfallverordnung viel zu spät hierauf reagiert hat. Dieses hat jedenfalls dazu geführt, dass in den Kommunen mit höheren Entsorgungspreisen die Industrie- und Gewerbeabfallmengen, welche hausmüllähnlich sind, in erheblicher Weise weggebrochen sind und die Bürgerinnen und Bürger hierfür die Zeche bezahlt haben und bezahlen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Gewerbeabfall-Verordnung im Vollzug als taugliches Instrument zur Erzielung einer größeren Gebührengerechtigkeit erweist. Berechtigte kommunale Erwartungen gehen in diese Richtung. Ausgehend hiervon sieht der Sachverständigenrat für Umweltfragen zutreffend den zuvörderst zu beschreitenden Weg darin, die kommunalen Entsorgungseinrichtungen weiter zu optimieren. Die Anstalt öffentlichen Rechts (§ 114 a GO NRW) ist in diesem Zusammenhang ebenso wie die eigenbetriebsähnliche Einrichtung eine interessante Organisationsform. Weiterhin kann die Einführung eines Qualitäts- und Umweltmanagementssystems z.B. für kommunale Abwasserbetriebe zu Optimierung kommunaler Entsorgungseinrichtungen beitragen. Solche Qualitäts- und Umweltmanage-mentsysteme sind beispielsweise in Nordrhein-Westfalen in den Städten Bergisch Gladbach, Lünen, Münster, Paderborn, Coesfeld bereits eingeführt worden. Zahlreiche Städte stehen vor der Einführung eines solchen Qualitäts- und Umweltmanagementsystems. Die Einführung solcher Systeme dient insbesondere dazu, Reibungsverluste abzubauen und Kostenein-sparpotentiale herauszuarbeiten, was mittel- bis langfristig gesehen sich positiv auf die Abfall- und Abwassergebühren auswirkt."
Az.: II/2 24-21 qu/g