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StGB NRW-Mitteilung 244/2015 vom 21.04.2015
Pressemitteilung: Bund und Land müssen sich stärker engagieren
Die drastische Zunahme bei Asylsuchenden in diesem Jahr erweist sich als die zentrale Herausforderung an Städte und Gemeinden. Diese wüssten bald nicht mehr, wo sie die Neuankommenden noch unterbringen sollen. Dabei habe Deutschland immer mehr unter einem Ungleichgewicht bei der Verteilung der Flüchtlinge zu leiden. "Es muss auf europäischer Ebene über eine Reform der Dublin-Verordnung nachgedacht werden", erklärte StGB NRW-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernd Jürgen Schneider heute in Kaarst auf einer Veranstaltung des Verbandes für die Mitgliedskommunen im Regierungsbezirk Düsseldorf.
Auch Äußerungen, dass Deutschland noch mehr Flüchtlinge aufnehmen oder länger hier Lebenden einen legalen Aufenthaltsstatus gewähren könne, seien extrem kontraproduktiv. "Stattdessen brauchen wir eine schnelle und massive Ausweitung der Plätze in Landeseinrichtungen sowie dauerhaft mehr Geld von Bund und Land", umriss Schneider die Kernforderungen der Kommunen. Die Asylverfahren müssten beschleunigt, und die abgelehnten Asylsuchenden müssten rascher in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. Auch für extrem hohe Krankheitskosten dieser Personen sowie für die Kosten der geduldeten Asylsuchenden müsse das Land aufkommen. "Wir können nicht mit kommunalen Mitteln die wirtschaftlichen Probleme der ganzen Welt lösen", machte Schneider deutlich.
Gelinge es nicht, die Versorgung von Asylsuchenden zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zu machen, drohe die bisher vorbildliche Willkommenskultur zusammenzubrechen. Bereits jetzt rege sich vereinzelt Protest von Sportvereinen, die mit Flüchtlingen belegte Sporthallen auf absehbare Zeit nicht nutzen können. "Wir müssen aufpassen, dass die Situation nicht kippt", warnte Schneider.
Die Herausforderungen bei Flüchtlingsversorgung treffen auf eine weiterhin schwierige Situation der Kommunalfinanzen. Nach einem leichten Plus im Jahr 2013 rutschten die NRW-Kommunen 2014 bei Einnahmen und Ausgaben wieder mit 1,5 Mrd. Euro ins Minus. Grund - so Schneider - seien explodierende Sozialausgaben sowie ein steigender Sachaufwand. Die Kassenkredite seien auf einem neuen Rekordstand von 26,6 Mrd. Euro angewachsen. Auch die aktuelle Haushaltsumfrage des Städte- und Gemeindebundes NRW zeige, dass die strukturelle Unterfinanzierung der NRW-Kommunen sich noch verschärft habe.
Um diesen Trend umzukehren, müsse der Verbundsatz - Anteil der Kommunen an den wesentlichen Landes-Steuereinnahmen - von derzeit 22 Prozent auf 28,5 Prozent erhöht werden. "Der Finanzausgleich darf nicht länger unter dem Vorbehalt der Leistungsfähigkeit des Landes stehen", forderte Schneider. Auch bei der Verteilung der Gelder auf die 396 Kommunen müsse die Schlechterstellung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden ein Ende haben. Daher sei es geboten, die so genannten fiktiven Steuerhebesätze - Berechnungsgrundlage für die Steuerkraft - nach Gemeindegröße zu staffeln. Umgekehrt sei nicht länger zu rechtfertigen, warum für Einwohner/innen großer Städte eine höhere Pro-Kopf-Pauschale gezahlt werde (sog. Einwohnerveredelung).
Bei der Neukonzeption des Länderfinanzausgleichs müsse Nordrhein-Westfalen deutlich besser gestellt werden, so Schneider. Daraus müssten Mehreinnahmen von einer Mrd. Euro jährlich entspringen. "Wenn es dem Land finanziell besser geht, profitieren davon auch die Kommunen", legte Schneider dar. Darüber hinaus müsse der Solidaritätszuschlag, der 2019 ausläuft, in die Einkommensteuer integriert werden. Auch dies würde dem Land NRW zusätzliche Einnahmen von rund einer Mrd. Euro und den NRW-Kommunen von rund 500 Mio. Euro jährlich einbringen. "Wir brauchen dieses Geld, um die marode Infrastruktur zu sanieren und langfristig unsere Haushalte wieder ins Lot zu bringen", machte Schneider deutlich.
Dringend Entlastung benötigten die Städte und Gemeinden auch bei den Sozialkosten - speziell der Hilfe für Behinderte. Hier hat der Bund fünf Mrd. Euro zugesagt. Nun komme es darauf an, dass dieses Geld rasch an die Kommunen weitergegeben und nicht mit neuen kostentreibenden Standards verbunden werde. Als beste - weil gerechteste - Möglichkeit des Mitteltransfers biete sich die Erhöhung des kommunalen Umsatzsteueranteils von 2,2 auf 3,85 Prozent an.
Bezüglich der schulischen Inklusion merkte Schneider an: "Die Kommunen werden die anstehende Auswertung der Kostensteigerung sehr genau prüfen". Sollte sich daraus eine Nachforderung ergeben, welcher das Land nicht nachkommen wolle, seien die Kommunen zu einer Klage vor dem Verfassungsgerichtshof NRW gegen das 9. Schulrechtsänderungsgesetz bereit.
Az.: HGF