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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 218/2015 vom 19.03.2015
Pressemitteilung: Evaluationsbericht bestätigt Kritik der Kommunen
Zu dem von der Landesregierung vorgelegten fast 300-seitigen Evaluationsbericht zum Tariftreue- und Vergabegesetz erklärt der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Dr. Bernd Jürgen Schneider, heute in Düsseldorf: "97 Prozent der befragten Kommunalvergabestellen sehen sich durch die Anwendung des TVgG mit einem Mehraufwand konfrontiert. Wenn von Ihnen 53 Prozent den Erfüllungsaufwand als hoch oder sehr hoch einschätzen, bestätigt dies unsere langjährige Forderung, die bürokratischen Hemmnisse des Gesetzes endlich abzubauen."
Auf der Grundlage der durchgeführten Erhebungen, an der 380 Vergabestellen auf kommunaler und Landesebene teilgenommen haben, hat die vom Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk NRW beauftragte Kienbaum Management Consultants GmbH darüber hinaus ermittelt, dass sich die vergebenen Aufträge durch die Anforderungen des TVgG um durchschnittlich — nominal — rund 14 Prozent verteuert haben. Inflationsbereinigt ergibt dies eine reale Verteuerung von rund 12 Prozent. Überwiegend handelt es sich um Preissteigerungen von bis zu 5.000 Euro je Verfahren. Nach Kienbaum sind die Verteuerungen darauf zurückzuführen, dass sich der Bieterkreis nach Angaben der öffentlichen Vergabestellen teils verkleinert hat bzw. die teilnehmenden Bieter den Aufwand für die erhöhten Anforderungen des TVgG in ihre Angebote eingepreist haben.
"Wir hatten dem Landtag bereits bei der Anhörung im Frühjahr vergangenen Jahres berichtet, dass das Ausbleiben konkurrierender Angebote zu schlechteren Konditionen für die Kommunen führt und zugleich die öffentliche Auftragsvergabe verzögert", erinnerte Schneider rückblickend an die Einschätzung des StGB NRW.
In Bezug auf den Anwendungsvollzug des Gesetzes gaben 72 Prozent der Kommunen Umsetzungsschwierigkeiten an, die vor allem auf externe Hindernisse zurückzuführen sind. So sehen sich 90 Prozent von den genannten 72 Prozent nicht oder nur unzureichend in der Lage, die von den Bietern eingereichten Nachweise zu überprüfen. 94 Prozent gaben an, dass die Bieter überfordert seien oder Probleme bei der Einhaltung der notwendigen Erklärungen hätten. 70 Prozent der Kommunen hatten darüber hinaus Schwierigkeiten im Hinblick auf die Bereitstellung des notwendigen Personals zur Bearbeitung der neuen Anforderungen.
Bei der Bewertung des Gesetzes nach Schulnoten erhielt es hinsichtlich seiner Anwendbarkeit und Verständlichkeit im Durchschnitt ein "ausreichend" (4,0). Einzelne Aspekte wurden sogar schlechter bewertet, so die Anwendbarkeit der ILO-Kernarbeitsnormen (4,1) sowie die Umsetzung der Anforderungen zur Umwelt- und Energieeffizienz (4,2). Auch die unterschiedlichen Schwellenwerte wurden als Ursache für die Umsetzungsschwierigkeiten benannt. "Nunmehr muss das Land aufgrund der Untersuchungsergebnisse eingestehen, dass das Gesetz die Vergabe öffentlicher Aufträge erheblich erschwert“, so Schneider. "Die Gutachter schlagen daher zu Recht eine Überprüfung der Normen vor sowie eine Vereinheitlichung der Schwellenwerte. Dies ist eine langjährige Forderung unseres Verbandes."
Angesichts des bundesweiten gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro seit dem 01.01.2015 fordert der StGB NRW darüber hinaus die Abschaffung des vergabespezifischen Mindestlohns von 8,85 Euro nach dem TVgG. Des Weiteren sollten die Normen über die nachhaltige Beschaffung im Sinne von § 17-19 TVgG - wie in Niedersachsen - in das Ermessen der kommunalen Auftraggeber gestellt werden.
"Das Land muss das TVgG auf der Grundlage der nunmehr vorliegenden Erkenntnisse und Empfehlungen des Gutachters unverzüglich nachbessern. Wir erwarten hier eine Gesetzesvorlage noch vor der Sommerpause", so Schneider. "Außerdem muss das Land den Kommunen die Verteuerung der Auftragsvergabe von rund 12 Prozent nach dem Konnexitätsausgleichsgesetz erstatten."
Az.: II