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Mitteilungen - Verband Intern
StGB NRW-Mitteilung 390/2000 vom 05.08.2000
Pressemitteilung: Forderungen an Landtag und Landesregierung
Nordrhein-Westfalen braucht eine starke kommunale Selbstverwaltung. Nur starke Städte und Gemeinden können den Strukturwandel des Landes wirksam begleiten. Dazu bedarf es einer besseren Kooperation zwischen Land und Kommunen. Insbesondere sind die Beteiligungsrechte der Gemeinden bei Entscheidungen des Landtages zu verstärken. So sollte in der Geschäftsordnung des Landtages verankert werden, daß bei allen kommunalbedeutsamen Gesetzen oder Verordnungen den kommunalen Spitzenverbänden ein Mitwirkungsrecht eingeräumt wird.
Zum notwendigen Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen gehört auch eine Fortsetzung der Verwaltungsstrukturreform. Diese darf sich nicht mit der Verlagerung einzelner Zuständigkeiten begnügen. Auch bestehende Verwaltungsebenen gehören auf den Prüfstand. Nur so kann eine durchgreifende Verwaltungsreform gelingen.
Für die Städte und Gemeinden ist dabei eine Reform des öffentlichen Dienstrechts von entscheidender Bedeutung. Mehr Flexibilität sowie Leistungsanreize sind für ein modernes Dienstrecht unentbehrlich. Dazu gehört ebenfalls eine Überarbeitung der Gemeindeordnung, bei der die Kompetenzen von direkt gewähltem Rat und direkt gewählten Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen klar voneinander abgegrenzt werden. Des weiteren sollte die Amtszeit der Bürgermeister auf acht Jahre verlängert und das Instrument "Kumulieren und Panaschieren" in das kommunale Wahlrecht eingeführt werden.
Zum Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen gehört ein Modernisierungsschub im Bildungswesen. Das Schulorganisionsrecht ist flexibel zu gestalten und die Medienkompetenz der Schulen zu verstärken. Insbesondere die Ausstattung der Schulen mit den neuesten Kommunikationstechniken erfordert einen finanziellen Aufwand, der von den Städten und Gemeinden nicht allein getragen werden kann. Deshalb brauchen die Kommunen die Unterstützung des Landes. Die Erkenntnisse aus der Initiative "Netzwerk für Bildung" könnten Grundlage für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Kommunen und Land - auch in Finanzierungsfragen - sein.
Land und Kommunen verfügen über eine hervorragende Infrastruktur in den Bereichen Kultur und Sport. Angesichts der schwierigen Situation der öffentlichen Haushalte müssen diese Grundstrukturen im Sinne eines Mindestniveaus erhalten werden. Deshalb darf sich das Land nicht aus der Sicherung der Bibliotheken, Museen, Theater, Orchester zurückziehen und muß ferner auch ausreichende Fördermittel für die sportliche Infrastruktur bereitstellen.
Die Zusammenführung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung in der Sozialhilfe wird nach bisherigen Erkenntnissen zur Entlastung von Sozialausgaben beitragen. Deshalb muß dieser Prozeß fortgesetzt werden. Der Städte- und Gemeindebund fordert Landesregierung und Landtag auf, nach Vorliegen erster Erfahrungen aus der zweiten Stufe der Verwaltungsstrukturreform allen Städten und Gemeinden die Aufgaben des örtlichen Trägers der Sozialhilfe insbesondere "Hilfe zum Lebensunterhalt" und "Hilfe zur Arbeit" zu übertragen.
Im Jugendbereich erwartet der Städte- und Gemeindebund eine weitere Stärkung der örtlichen Ebene. Das gilt namentlich für Kindergärten. Hier setzen die Städte und Gemeinden auf die Unterstützung des Landes gegen Tendenzen, daß sich freie Träger und die Kirchen aus ihrer Verantwortung für die Tageseinrichtungen zurückziehen und damit die gemeinsame Handlungsbasis beim GTK gefährden.
Der Städte- und Gemeindebund NRW setzt sich nachdrücklich für eine ortsnahe Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen ein. Er erwartet, daß die Kommunen als Krankenhausträger und ihre Verbände in dem neugestalteten Planungsprozeß ausreichend beteiligt werden.
Im Rahmen der Strukturpolitik spricht sich der Städte- und Gemeindebund für eine Stärkung des Schienenverkehrs aus. Nicht akzeptabel wäre ein weiterer Rückzug der Bahn in Nordrhein-Westfalen. Alle Regionen des Landes brauchen die Anbindung an das Schienennetz der Deutschen Bahn AG. Bund und Bahn AG haben hier nach dem Grundgesetz einen Infrastrukturauftrag. Das Land ist aufgerufen, diese kommunale Position zu unterstützen, die zügige Modernisierung der Schienenstrecken nach Kräften zu fördern und einer weiteren Ausdünnung des Netzes entgegenzutreten.
Die Erhaltung des kommunalen Straßennetzes mit seiner Bedeutung als Rückgrat der örtlichen und regionalen Mobilität ist ein wichtiger Standortfaktor. Der Städte- und Gemeindebund erwartet daher nicht nur eine weitere Verbesserung des Autobahn- und Fernstaßennetzes, sondern eine flexible und unbürokratische Handhabung der Förderrichtlinien im Bereich der Gemeindeverkehrsfinanzierung. Außerdem ist eine zügige Umsetzung des Landesstraßenbedarfs und -ausbauplanes erforderlich. Vordringlich ist die Entlastung zahlreicher Städte und
Gemeinden durch Bau von Ortsumgehungen. Ebenso sind Lückenschlüsse im
Bundesfernstraßennetz in NRW für den ländlichen Raum unerlässlich.
Angesichts des hohen Standards bei der Beseitigung von Abwasser und Abfall bestehen grundsätzliche Bedenken gegen neue Vorschriften, die zu Gebührenerhöhungen für die Bürger führen. Deshalb müssen zukünftig alle neuen Vorschriften auf ihre Gebührenverträglichkeit überprüft werden. Für die Kommunen, die aufgrund ihrer topographischen Lage oder besonderen Siedlungsstruktur außerordentlich hohe Abwasserkosten haben, sind staatliche Zuschüsse weiterhin notwendig.
Die kommunale Abfallentsorgung braucht Rechtssicherheit. Diese ist in Gefahr, weil Abfallbesitzer aus Gewerbebetrieben versuchen, ihre Abfälle der Entsorgung durch die Kommunen zu entziehen. Die neue Landesregierung wird aufgefordert, sich über den Bundesrat für eine Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes einzusetzen, damit das öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip nicht ausgehöhlt wird. Die bestehende Regelung, wonach Investitionen in den Umweltschutz mit naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen belastet werden, ist abzuschaffen. Denn dadurch wird insbesondere der Bau von Kläranlagen und Kanalleitungen verteuert, die aber gerade dem Umwelt- und Naturschutz dienen.
Die erst vor kurzem eingeführte Verbandsklage wird abgelehnt, weil dieses Verbandsklagerecht die ohnehin schon viel zu lange Dauer von Verwaltungsverfahren verlängert. Das Verbandsklagerecht ist deshalb wieder zu streichen.
Der Städte- und Gemeindebund spricht sich dagegen aus, die bestehenden Gebietsmonopole im Bereich der Wasserversorgung aufzuheben. Nach Auffassung des Verbandes würde dadurch weder die Versorgungssicherheit noch die Wassergüte verbessert. Wettbewerb und Privatisierung können kein Selbstzweck sein, sondern haben nur dann eine Berechtigung, wenn sie den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger entgegenkommen. Der Städte- und Gemeindebund NRW spricht sich deshalb für eine Erfüllung der Wasserversorgung durch kommunale oder private Unternehmen auf der Grundlage geschlossener Versorgungsgebiete aus. Diese Regelung hat sich bewährt und stellt für die Verbraucher die günstigste Lösung dar.
Die geplante Norderweiterung des Steinkohlenbergbaus wird nicht stattfinden. Damit ist die Grundlage für die Erweiterung des Lippeverbandes entfallen. Der Städte- und Gemeindebund NRW fordert, sechs Gemeinden - Ahlen, Ascheberg, Beckum, Drensteinfurt, Ennigerloh und Sendenhorst - wieder aus dem Lippeverband auszugliedern.
Der Städte- und Gemeindebund unterstützt die Landesregierung in ihrem Bemühen, auf europäischer Ebene den Bestand der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute zu sichern. Die gewachsene Struktur der Sparkassen in Nordrhein-Westfalen ist ein unverzichtbarer Bestandteil der örtlichen Infrastruktur.
Die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor angespannt. Durch die Auswirkungen des Steuersenkungsgesetzes wird sich daran in absehbarer Zeit nichts ändern. Die Kommunen als Träger der Daseinsvorsorge sind indes auf sichere Einnahmen angewiesen. Eine grundlegende Gemeindefinanzreform, die die Berechenbarkeit und Stetigkeit der Steuereinnahmen wiederherstellt, ist daher unverzichtbar.
Zum Schutz der Ausgabenseite ist ein striktes Konnexitätsprinzip in der Landesverfassung zu verankern. Die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen wenden sich mit Nachdruck dagegen, daß der Landesgesetzgeber mittels Aufgabenzuweisung ohne hinreichenden Kostenausgleich Lasten auf den kommunalen Bereich verlagert. Eine Kooperation zwischen Land und Kommunen ist nur möglich, wenn dieser Grundsatz von Landtag und Landesregierung in Zukunft entschieden beachtet wird.
Der Städte- und Gemeindebund NRW fordert, die Landeserstattung für unanfechtbar abgelehnte AsylbewerberInnen an die tatsächliche Verweildauer, zumindest aber an die durchschnittliche Verweildauer von 23 Monaten anzupassen. Des weiteren ist die nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz gewährte Kostenpauschale den Kostensteigerungen anzupassen.
Im übrigen unterstützt der Städte- und Gemeindebund NRW die Bemühungen des Landes, das kommunale Haushalts- und Rechnungswesen den Anforderungen einer modernen Kommunalverwaltung anzupassen. Wesentliche Komponente eines neuen kommunalen Finanzmanagements muss jedoch eine verbesserte Rechnungsprüfung sein. Der Städte- und Gemeindebund NRW setzt sich deshalb für die Errichtung einer Gemeindeprüfungsanstalt ein, die neben der Prüfung im herkömmlichen Sinne eine fundierte Beratung in Wirtschaftlichkeitsfragen anbietet.
Die vollständige Fassung der StGB NRW-Forderungen ist im Internet abzurufen unter www.kommunen-in-nrw.de Rubrik "Texte und Medien/Positionspapiere".
Az.: G/2