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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 188/1998 vom 05.04.1998
Pressemitteilung: Kein Naturschutz auf Kosten der Kommunen
Die beabsichtigte Festlegung und Meldung von Flora-Fauna-Habitat-Gebieten (FFH-Gebieten) in Nordrhein-Westfalen stößt bei den Städten und Gemeinden auf immer weniger Verständnis. Dies stellte das Präsidium des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes auf seiner heutigen Sitzung in Bad Münstereifel fest.
Wenn das Landes-Umweltministerium (MURL) rund 8,5 Prozent der Landesfläche als Schutzgebiete an die Kommission der Europäischen Union melden wolle, dann gehe dies nicht im "Hau-Ruck-Verfahren", sondern nur im Einvernehmen mit den betroffenen Städten und Gemeinden, machte NWStGB-Präsident Bürgermeister Reinhard Wilmbusse deutlich. Andernfalls werde der Gedanke des einvernehmlichen Naturschutzes, der seit vielen Jahren die Praxis in Nordrhein-Westfalen kennzeichne, "endgültig zu Grabe getragen".
Ausgangspunkt für die Festlegung und Meldung von FFH-Gebieten ist die EG-Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie / FFH-Richtlinie). Diese verpflichtet Deutschland so wie andere Länder, Schutzgebiete über das Bundesumweltministerium an die Europäische Union zu melden. Durch die FFH-Richtlinie sind die EU-Mitgliedstaaten angehalten, unter der Bezeichnung "Natura 2000" ein zusammenhängendes europaweites Netz von Schutzgebieten einzurichten. Hierzu werden EG-einheitliche Kriterien vorgegeben. Ziel ist es, die natürliche Artenvielfalt zu bewahren und die Lebensräume von wildlebenden Tieren und Pflanzen zu erhalten.
Das MURL beabsichtigt die Festlegung und Meldung von Gebieten in einer Tranche 1 a (rund 2,15 Prozent der Landesfläche) sowie einer Tranche 1 b (zusätzlich cirka 2,2 Prozent der Landesfläche). Die Tranche 1 a umfaßt bestehende und einstweilig sichergestellte Naturschutzgebiete größer als 75 Hektar. Bei der Tranche 1 b handelt es sich um weitere Flächen, die bislang nicht als Naturschutzgebiete in der Landesplanung gesichert und ebenfalls größer als 75 Hektar sind.
Städte und Gemeinden sind teilweise erheblich betroffen, weil große Teile der Gemarkung zum FFH-Gebiet erklärt werden sollen: etwa in der Gemeinde Burbach 47 Prozent, in der Stadt Rees 43,6 Prozent sowie in der Gemeinde Kranenburg 85 Prozent. Eine erhebliche Einschränkung stünde auch der Stadt Medebach bevor. Dort soll die gemeindliche Bebauung "wie der Dotter eines Spiegeleis" von dem geplanten FFH-Gebiet eingekreist werden.
Dazu Wilmbusse: "Es können keine Gebietsfestlegungen getroffen werden, durch die eine gemeindliche Entwicklung völlig zunichte gemacht wird." Vielmehr dürften nur solche Gebiete für eine Meldung an die Europäische Union vorgesehen werden, die nach den Standarddatenbögen der EU nachweisbar von europaweiter Bedeutung seien. An der Festlegung und Meldung von FFH-Gebieten müßten die Bezirksplanungsräte bei den Bezirksregierungen beteiligt werden. Ferner sei das Einvernehmen mit den betroffenen Gemeinden im Interesse eines Naturschutz-Konsens unverzichtbar. Auch müsse eine Abstimmung mit den benachbarten Bundesländern (z.B. Hessen, Rheinland-Pfalz) sowie den europäischen Nachbarn wie etwa den Niederlanden erfolgen.
Wilmbusse fügte hinzu: "Die Festlegung und Meldung von FFH-Gebieten kann nur für solche Gebiete durchgeführt werden, die zuvor in der Landesplanung, d.h. im Landesentwicklungsplan und im jeweiligen Gebietsentwicklungsplan, als Naturschutzflächen ausgewiesen worden sind." Außerdem sei dazu wegen der weitreichenden Auswirkungen auf die Entwicklungschancen von Wirtschaft, Handel, Gewerbe, Landwirtschaft und Gemeinden im ländlichen Raum ein Beschluß des Landtags erforderlich.
Az.: G/2