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Mitteilungen - Verband Intern
StGB NRW-Mitteilung 391/2000 vom 05.08.2000
Pressemitteilung: Vieles bleibt offen im Koalitionsvertrag
Die Koalitionsvereinbarung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen enthält einige positive Ansätze zur Stärkung der kommunalen Ebene. "Dennoch bleibt noch vieles zu tun, bis die kommunale Selbstverwaltung nach der Zeit mancher Einschnitte wieder voll hergestellt ist", erklärte heute Albert Leifert, Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW, in Düsseldorf.
Hier die Bewertung zentraler politischer Vorhaben im Einzelnen:
Kommunalverfassung
Der NWStGB begrüßt die bekundete Absicht der Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen die kommunale Selbstverwaltung zu stärken und den Dialog mit den Kommunen zu intensivieren. Hierzu gehört nach Auffassung des NWStGB eine Verbesserung der Beteiligungsrechte der Gemeinden bei Entscheidungen des Landtages. In der Geschäftsordnung des Parlaments muß verankert werden, daß bei allen kommunalbedeutsamen Gesetzen und Verordnungen die kommunalen Spitzenverbänden ein Mitwirkungsrecht erhalten. Der Städte- und Gemeindebund hofft, dass den Ankündigungen auch Taten folgen.
Die Verwaltungsstrukturreform muß in dieser Legislaturperiode fortgeführt werden. Hierzu hat sich die Regierungskoalition bekannt. Sie will nach dem erklärten Willen die Verlagerung von Verantwortung und Entscheidungskompetenzen auf die örtliche Ebene fortführen.
Der NWStGB hält eine Novellierung der Gemeindeordnung für dringend notwendig. Das gilt insbesondere für eine Klärung der Zuständigkeiten von Bürgermeister und Rat. In diesem Zusammenhang müssen nach Auffassung des NWStGB allerdings auch die Vorschriften des Kommunalwahlgesetzes überprüft werden. Kumulieren und Panaschieren ist ein Beitrag zu der auch von der neuen Landesregierung beabsichtigten Erweiterung der Bürgerrechte. Ferner gehören die Verlängerung der Wahlzeit des Bürgermeisters auf acht Jahre sowie das öffentliche Dienstrecht auf den Prüfstand.
Asylbewerber und Flüchtlinge
Der NWStGB fordert, die Kostenerstattung des Landes für unanfechtbar abgelehnte Asylbewerber an deren tatsächliche Verweildauer, zumindest aber an die durchschnittliche Verweildauer von 23 Monaten anzupassen. Des weiteren ist die gewährte Kostenpauschale nach dem Flüchtlingsaufnahmengesetz (FlüAG) an die Kostensteigerungen anzupassen. Der NWStGB fordert weiterhin die Landesregierung auf, sämtliche, nicht dem Zuweisungsverfahren unterliegende Personen in ein Zuweisungsverfahren einzubeziehen, auf die Quote nach dem FlüAG anzurechnen und auch für diesen Personenkreis die Kosten zu erstatten. Der jetzige Zustand, sich eine reine Landesaufgabe durch die Städte und Gemeinden finanzieren zu lassen, ist untragbar.
Abfallentsorgung
Die kommunale Abfallwirtschaft soll aus Gründen der Gebührengerechtigkeit und aus ökologischen Gründen gestärkt werden. Durch Auslastung der vorhandenen Abfallentsorgungsanlagen und das Unterbinden von Scheinverwertung sollen die Gebühren begrenzt werden. Ziel der Abfallpolitik des Landes NRW ist deshalb insbesondere, den Mülltourismus zu vermeiden, die Scheinverwertung und Umweltkriminalität zu bekämpfen. Hierzu soll die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und der Umweltverwaltung weiter intensiviert werden. Ferner wird eine praxistaugliche Unterscheidung zwischen verwertbaren und zu beseitigenden Abfällen als erforderlich angesehen.
Abwasserabgabengesetz
Im Bereich der Abwasserbeseitigung wird anerkannt, daß das Abwasserabgabengesetz des Bundes in einigen Bereichen angepasst und geändert werden muß. Hier soll insbesondere geprüft werden, ob die überzogene Sanktionswirkung des Abwasserabgabengesetzes bei Grenzwertüberschreitung geändert wird, von der Bescheid- zur Meßlösung umgestellt wird, die Verrechnung von Investitionen im Abwasserbereich mit der Abwasserabgabe vereinfacht wird oder Anreize zur Ermäßigung der Abwasserabgabe bei erhöhter Reinigungsleistung eingeführt werden können. Durch diese Änderungen des Abwasserabgabengesetzes kann auch eine Begrenzung der Abwassergebühren erreicht werden.
Sozialausgaben
Die Städte und Gemeinden greifen gerne das Angebot der Koalitionsparteien auf, die Kommunen bei der Modernisierung der Sozialhilfestrukturen zu unterstützen. Sie erwarten insbesondere eine weitere Zusammenführung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung durch Übertragung von Zuständigkeiten des örtlichen Trägers der Sozialhilfe auf die Gemeindeebene, sobald erste Erfahrungen mit der Umsetzung des Zweiten Modernisierungsgesetzes vorliegen.
Ausdrücklich unterstützt der StGB NRW die in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen vorgesehene Erweiterung der Ganztagesangebote zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit jährlich 50 Mio.DM, die Weiterentwicklung des Landesjugendplans und die Erhaltung des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder.
Über den Text des Koalitionsvertrages hinaus sollten die Regierungsparteien das Petitum der Städte und Gemeinden aufgreifen, die starren Organisationsvorgaben im Kinder- und Jugendhilfegesetz zu flexibilisieren, eine stärkere Verbindung der Jugend- und der Sozialaufgaben zu ermöglichen und die Heimaufsicht auf die Ebene der Jugendämter zu verlagern.
Schienenverkehr und Straßenbau
Die Städte und Gemeinden begrüßen die geplante zügige Inangriffnahme von Verkehrsprojekten, mit denen durch einen bedarfsgerechten Ausbau der Schienen-, Straßen- und Luftverkehrs-Infrastruktur die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung wie der Wirtschaft angemessen berücksichtigt werden. Dabei sind wirksame Lärmschutzmaßnahmen für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger einerseits und eine frühzeitige Beteiligung aller Planungsebenen andererseits aus kommunaler Sicht unabdingbar.
Der Städte- und Gemeindebund vermißt in dem Koalitionsvertrag allerdings einen Hinweis auf die notwendige stärkere Verknüpfung der regionalpolitisch relevanten Politikbereiche und -ansätze. Die Verantwortung und Einflussmöglichkeiten der Regionen müssen nach seiner Auffassung deutlich vergrößert werden. Ausdrücklich fordern deshalb die Städte und Gemeinden eine Verlagerung weg von einer ressortorientierten Mittelverteilung hin zu einer pauschalierten strukturpolitischen Förderung. Dabei sollten insbesondere auch durch die neuen Regionalräte die Planungsprozesse der Arbeitsmarkt- und der regionalisierten Strukturpolitik angenähert und effizienter gestaltet werden.
Finanzen
Mit großer Sorge nehmen die Städte und Gemeinden die vollkommen falsche Auffassung der Koalitionspartner zur Kenntnis, wegen der - im Vergleich zum Land angeblich besseren - finanziellen Situation der Kommunen müssten die Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen neu festgelegt werden. Bereits die Analyse des Sachverhalts ist unzutreffend. Es kann keinesfalls davon die Rede sein, dass die kommunale Finanzsituation besser sei als die des Landes. Die Thesen des Finanzministers sind falsch.
Die von der Landesregierung als Beleg vorgelegten Statistiken erfassten immer nur Teile der kommunalen Haushaltswirtschaft, aber nicht die auf den kommunalen Gesellschaften (Stadtwerke und Eigenbetriebe) lastenden Verbindlichkeiten. Die Gesamtschau der kommunalen Finanzen läßt unverändert erhebliche strukturelle Probleme erkennen.
Der Abbau des Defizits in vielen kommunalen Etats in den zurückliegenden Jahren kam durch einen konsequenten Konsolidierungskurs der Städte und Gemeinden zustande. Wenn hieraus nun eine Reduzierung der kommunalen Finanzausstattung begründet werden sollte, würde Sparsamkeit bestraft. Dies kann keinesfalls akzeptiert werden. Das Land ist vielmehr aufgerufen, Haushaltsprobleme durch eigene Anstrengungen - und nicht auf Kosten der Städte und Gemeinden - zu lösen.
Az.: G/2