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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 155/2019 vom 11.03.2019
Neubau im ländlichen Raum proportional stärker
Die meisten Neubauten entstehen im Verhältnis zur Einwohnerzahl auf dem Land. Im Jahr 2018 sind in Deutschland rund 300.000 Wohnungen neu fertiggestellt worden. Nach einer aktuellen Datenauswertung des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden entstehen hiervon im Verhältnis zur Einwohnerzahl die meisten neuen Wohnungen auf dem Land. Gewinner sind insoweit das Emsland (Lingen, Meppen, Haselünne etc.), das südliche Ostfriesland, der Südwesten von Hamburg, Teile der Lüneburger Heide und des südlichen Brandenburgs sowie große Teile Bayerns und das südöstliche Baden-Württemberg.
Gründe für den starken Neubauboom auf dem Land ist insbesondere, dass für viele Menschen das Bauland in den Großstädten zu knapp, preislich zu hoch und damit unerschwinglich ist. Auch bestätigt der Wohnungsbautrend in viele ländliche Räume Umfragen, wonach „nur“ 18 Prozent der Deutschen gerne in der Großstadt leben möchten. Daher ist auch die vielfache Aussage, wonach es eine Landflucht sowie einen Zuzug nur in die Großstädte gibt, zu einseitig und undifferenziert.
Bei den Neubauchampions im ländlichen Raum ist nicht weiter überraschend, dass diese vielfach im Umkreis von Großstädten (Berlin, Hamburg, München) liegen, aber auch Regionen bevorzugt werden, die gut verkehrsmäßig, insbesondere mit Bahnverbindungen, an die Metropolen angeschlossen sind.
Anmerkung
DStGB und StGB NRW fordern nicht zuletzt vor dem Hintergrund der großen Bedeutung ländlicher Räume eine nachhaltige Stärkung dieser Regionen und einen massiven Ausbau der Infrastruktur dort. Dies betrifft neben dem Ausbau des Glasfasernetzes sowie einen Aufbau der 5G-Mobilfunkversorgung auch Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur (ÖPNV und Schnellbahnen), aber auch Investitionen in funktionsfähige schulische und berufliche Bildungseinrichtungen, in die Gesundheitsinfrastruktur und die Kinderbetreuung sowie in gute Kultur- und Freizeitangebote. Von grundlegender Bedeutung ist dabei eine entsprechende Finanzausstattung der Kommunen.
Die Hinwendung breiter Bevölkerungskreise zu ländlichen Räumen widerspricht im Übrigen den aktuellen Empfehlungen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), wonach künftig Förderimpulse auf die Großstädte und Ballungszentren konzentriert werden sollten. Durch diese Empfehlungen des Leibniz-Instituts wird ein gefährlicher und so nicht bestehender Gegensatz zwischen Land und Stadt geschürt. Ziel muss es vielmehr sein, Maßnahmen für Stadt und Land in dem Sinne gemeinsam zu denken und anzugehen, dass es der Stadt nur dann gut gehen kann, wenn es auch dem Land gut geht und umgekehrt.
Vor diesem Hintergrund hat der DStGB im Rahmen der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ eine zunehmend weitere Konzentration von Wirtschaft sowie Arbeitsplätzen und damit auch Wohnungen in die Großstädte hinterfragt. Der damit verbundene Siedlungsdruck auf viele urbane Räume stellt zunehmend eine ökologische und ökonomische Belastung dar. Hinzu kommt, dass in der Folge für immer mehr Bevölkerungskreise ein bezahlbares Wohnen in vielen Großstädten nicht mehr möglich ist.
Demgegenüber sind in vielen ländlichen Räumen Wohnungen bezahlbar und stehen oft sogar leer. Mit allen Maßnahmen und Gesetzesnovellen werden wir jedenfalls keine umfassende Lösung zur Schaffung bezahlbarer Wohnungen allein in den großen Städten erreichen können. Erforderlich ist daher im Sinne einer „Win-Win-Situation“ eine Entlastung der Ballungszentren und in der Folge eine Stärkung ländlicher Räume.
Az.: 20.4.1.2-001/002 gr