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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 871/2004 vom 17.11.2004
Qualität im Nahverkehr
Der Landtag hat jetzt die kommunalen Spitzenverbände zur Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Qualität im Nahverkehr aufgefordert (vgl. auch Mitt. StGB NRW von Juli 2004, lfd.Nr. 500).
In der Stellungnahme hat die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW zunächst noch einmal darauf hingewiesen, dass das Land bereits Anfang des Jahres massiv in den Handlungsspielraum der kommunalen Aufgabenträger eingegriffen hat, indem die Aufgabenträgerpauschale von 500.000,-- Euro pro Jahr auf 150.000,-- jährlich gekürzt wurde. Die gegenwärtig ebenfalls vorbereitete Änderung der Verwaltungsvorschriften zum ÖPNV-Gesetz werde für die Aufgabenträger weitere Einschnitte hinsichtlich der ÖPNV-Infrastrukturförderung mit sich bringen, die in ihrer Gesamtheit einem Paradigmenwechsel in der ÖPNV-Förderpolitik des Landes nahe kommen. Die Entscheidung, ob ein solcher Wandel in der Verkehrspolitik seitens des Landes wirklich gewollt sei, solle aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände nach eingehender Beratung der finanziellen und politischen Tragweite dem Parlament vorbehalten bleiben.
Die Absicht des Landes, durch die Gesetzesänderung dem Aspekt der Qualität bzw. dessen Sicherung im Nahverkehr ein größeres Gewicht zu verleihen, wird in der Stellungnahme grundsätzlich begrüßt. Es wird sodann die Definition der angemessenen Verkehrsbedienung in § 2 Abs. 3 des Gesetzentwurfs diskutiert. Diese Definition erhalte eine zentrale Bedeutung im Gesetz. Angemessen ist nach dem Entwurf eine Verkehrsbedienung, die den Bedürfnissen der Fahrgäste nach hoher Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit, fahrgastfreundlich ausgestalteten, sicheren und sauberen Fahrzeugen sowie Stationen und Haltestellen, bequemem Zugang zu allen für den Fahrgast bedeutsamen Informationen, fahrgastfreundlichem Service und einer geeigneten Verknüpfung von Angeboten des ÖPNV mit dem motorisierten und nichtmotorisierten Individualverkehr Rechnung trägt. Die Angemessenheit von Bedienungsangeboten ist nach Auffassung der kommunalen Spitzenverbände von Ort zu Ort und Region zu Region unterschiedlich zu bewerten und auch aus dem Regionalisierungsgedanken der Abwägung dem Aufgabenträger zu überlassen. Die Definition sei zudem angreifbar, weil sie Ausschlusscharakter habe und wenig dynamisch sei. In 5 oder 10 Jahren könnten ganz andere Lösungen angemessen sein als zurzeit. Die Definition beschränke sich zudem auf die Bedürfnisse der Fahrgäste, bezogen auf die mit der Novellierung angestrebte Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit. Anderweitige Belange, die unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit zu berücksichtigen seien, fielen nicht in diese Definition, z.B. Abbau von Zugangsbarrieren für in der Mobilität Eingeschränkte und die Grundsätze der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung der Kommune. Offen sei schließlich, welche Rechtspflichten auf der Grundlage der angemessenen Verkehrsbedienung durch Anschlussänderungen bergründet würden. Es solle daher darauf verzichtet werden, den Rechtsbegriff der Angemessenheit näher definieren zu wollen. Dieser könne nur im konkreten Einzelfall ausgefüllt werden.
Bei etwaigem Festhalten an dieser Definition sei eine zusätzliche Finanzierung dieser Anforderungen sicherzustellen. Dies gelte auch für die durch die Qualitätsstandards verursachten zusätzlichen Kosten bei der ÖPNV-Infrastruktur und beim ÖPNV-Betrieb, so dass auch eine Aufstockung der ÖPNV-Fahrzeugförderung nach § 13 ÖPNVG erforderlich würde.
Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände begrüßt im übrigen ausdrücklich, dass der Gesetzentwurf nicht mehr die zuvor vorgesehene koordinierende Funktion der Agentur Nahverkehr enthalte. Das Land dürfe nicht unmittelbaren Zugriff auf die SPNV-Zweckverbände und die kommunalen Aufgabenträger des straßengebundenen ÖPNV nehmen.
Über den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens werden wir berichten.
Az.: III/1 441 -- 50