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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 183/1998 vom 05.04.1998
Quersubventionierung der Biotonne unzulässig
Das Oberverwaltungsgericht in Münster (OVG NW) hat in vier Grundsatzurteilen am 17. März 1998 (AZ: 9 A 1430, 1550, 3871 und 4601/96) entschieden, daß derjenige, der von der Benutzung der Biotonne befreit ist, auch nicht mit den Kosten der Biomüllentsorgung belastet werden darf.
Bislang liegt lediglich eine Pressemitteilung des OVG NW zu diesen Urteilen vor. Das Urteil nebst Begründung wird erst in den nächsten Wochen zu erwarten sein. Die Geschäftsstelle wird ausführlich über den Inhalt der Urteilsbegründung berichten, sobald diese vorliegt.
In der Pressemitteilung des OVG NW vom 17. März 1998 wird wörtlich folgendes ausgeführt:
" ... Es sei unzulässig, Eigenkompostierer, die vom Anschluß- und Benutzungszwang hinsichtlich der Biotonne befreit seien, mit Kosten der Biomüllentsorgung zu belasten. Dementsprechend sei eine - auch die Eigenkompostierer belastende - Restmüllgebühr rechtwidrig, wenn in diese Gebühr die Kosten der Biomüllentsorgung ganz oder teilweise mit aufgenommen worden seien. Eine derartige "Quersubventionierung " der Biotonne durch Nichtbenutzer finde entgegen der Annahme der Gemeinden auch im Landesabfallgesetz keine Rechtfertigung."
Die Geschäftsstelle weist weiterhin ausdrücklich darauf hin, daß in dem jetzt vorliegenden Entwurf zur Änderung des Landesabfallgesetzes (Stand: 10.03.1998) vorgesehen ist, daß mit dem Inkrafttreten des neuen Landesabfallgesetzes NW eine (Teil-)Finanzierung der Kosten für die Biotonne über die sog. Einheitsgebühr bezogen auf das Restmüllgefäß zulässig ist. In dem Entwurf (Stand: 10.03.1998) ist jedenfalls in § 9 Abs. 3 Satz 5 bestimmt, daß bei der Gebührenbemessung auch öffentliche Belange Berücksichtigung finden können. In der Gesetzesbegründung führt das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen hierzu aus, daß Anlaß für diese klarstellende Regelung mehrere Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes Köln (Urteile vom 30.01.1996 - 14 K 5322/93 und vom 26.03.1996 - 14 K 7342/94, 14 K 2418/95) sind, in denen die Auffassung vertreten wird, daß ein Bürger mit den Kosten für die Biotonne über die Gebühr für das Restmüllgefäß nicht belastet werden darf, wenn er als Selbstkompostierer keine Biotonne in Benutzung nimmt (sog. "Quersubventionierung"). Das Umweltministerium NW weist darauf hin, daß die Verfestigung einer solchen Rechtsprechung die gesamte Bioabfallerfassung und -verwertung der entsorgungspflichtigen Kommunen in Nordrhein-Westfalen in Frage stellen würde, weil bei einem hohen Anteil von Eigenkompostierern, die Biotonne für die verbleibenden Nutzer nicht mehr bezahlbar sein würde, wenn nur ihnen die entsprechenden Kosten auferlegt würden. Außerdem weist das Umweltministerium NW darauf hin, daß eine solche Rechtsprechung - die nunmehr durch das OVG NW mit den Urteilen vom 17.3.1998 bestätigt worden ist - im Widerspruch zum geltenden § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG NW steht, wonach mit dem Gebührenmaßstab wirksame Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen geschaffen werden sollen. Unterschiedliche Gebührenmaßstäbe für Biotonne und Restmüllgefäß - bis hin zu einem kostenlosen Zurverfügungstellen der Biotonne - entsprechen nach Auffassung des Umweltministeriums NW der Maßgabe, wirksame Anreize zur Verwertung von Abfällen zu schaffen. Dies soll im neuen Landesabfallgesetz NW ausdrücklich klargestellt werden.Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, daß mit dem neuen LAbfG NW auch eine (Teil-)Finanzierung der Biotonne über die Gebühr für das Restmüllgefäß ausdrücklich für zulässig erklärt wird.
Die Geschäftsstelle des NWStGB ist allerdings der Auffassung, daß die Regelung in § 9 Abs. 2 Satz 5 des Entwurfes zur Änderung des Landesabfallgesetzes NW noch deutlicher und damit verwaltungsgerichtsfester formuliert werden sollte. Insoweit wird vorgeschlagen werden, § 9 Abs. 3 Satz 5 wie folgt textlich abzufassen:
"Bei der Gebührenbemessung können auch öffentliche Belange berücksichtigt werden; insbesondere ist die Erhebung einer einheitlichen Abfallgebühr für verschiedene Abfallentsorgungsteilleistungen sowie eine anteilige Finanzierung einzelner mit einer Sondergebühr belegten Abfallentsorgungsteilleistung über eine Einheitsgebühr zur Sicherung einer geordneten Abfallentsorgung zulässig."
Die Geschäftsstelle hält die vorstehende textliche Abfassung auch deshalb für erforderlich, weil zunehmend die Forderung erhoben wird, einzelne Abfallentsorgungsteilleistungen mit einer Sondergebühr zu belegen und nicht mehr im Rahmen einer einheitlichen Abfallentsorgungsgebühr (sog. Einheitsgebühr) bezogen auf das Restmüllgefäß abzurechnen. Diese Entwicklung ist jedoch umweltpolitisch höchst bedenklich und nicht im Interesse einer geordneten Abfallentsorgung, weil die langjährige kommunale Erfahrungspraxis gezeigt hat, daß Sondergebühren für einzelne Abfallentsorgungsteilleistungen z.B. die Entsorgung von Sperrmüll, schadstoffhaltigen Abfällen, Alt-Kühlschränken, regelmäßig dazu führen, daß die Besitzer die mit einer Sondergebühr belegten Abfälle verbotswidrig ablagern, um die Bezahlung der entsprechenden Sondergebühr einzusparen. Vor diesem Hintergrund ist es zur dauerhaften Sicherstellung einer geordneten Abfallentsorgung erforderlich, im neuen Landesabfallgesetz ausdrücklich klarzustellen, daß die Erhebung einer einheitlichen Abfallgebühr für verschiedene Abfallentsorgungteilleistungen zulässig ist. Gleichzeitig ist im Hinblick auf die aktuell ergangene Rechtsprechung des OVG NW in den Urteilen vom 17.03.1998 (AZ: 9 A 1430, 1550, 3871 und 4601/96) die vorgeschlagene textliche Präzisierung angezeigt. Die Geschäftsstelle wird über den Fortgang berichten.
Az.: II/2 31-70/33-10 qu/g