Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 243/2024 vom 08.03.2024

Rat und Parlament der EU einigen sich auf neue Luftqualitätsgrenzwerte

Am 21.02.2024 erzielten das Parlament und der Rat der Europäischen Union eine vorläufige politische Einigung über neue Grenzwerte und Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität. Die Erreichung der deutlich strengeren Grenzwerte wird in einigen Städten zur enormen Herausforderung, da die Kommunen nur bedingt Einfluss auf die Luftqualität haben. Ein Aufschub der Zielerreichung bis 2030 soll immerhin ermöglicht werden, wenn Maßnahmen dargelegt werden. Diese müssen jedoch voraussichtlich keine Fahrverbote mehr enthalten. Besonders kritisch zu betrachten ist jedoch eine geplante Klagemöglichkeit, verbunden mit Entschädigungsforderungen.

Das neue Gesetz zielt darauf ab, die Luftverschmutzung in der EU zu reduzieren, um eine saubere und gesunde Umwelt für die Bürgerinnen und Bürger sowie eine Null-Luftverschmutzung bis 2050 zu erreichen.

Kernpunkte der Einigung – neue Grenzwerte für 2030

Die neuen Vorschriften sehen für 2030 strengere Grenz- und Zielwerte für mehrere Schadstoffe mit nachweislich großen Auswirkungen auf die Gesundheit vor. Bei Feinstaub (PM2.5) sollen die Jahresgrenzwerte um mehr als die Hälfte von 25 µg/m³ auf 10 µg/m³ und bei NO2 (Stickstoffdioxid) von 40 µg/m³ auf 20 µg/m³ gesenkt werden. Außerdem soll es in den Städten mehr Probenahmestellen für die Luftqualität geben.

Die Mitgliedstaaten können beantragen, dass die Frist für die Erreichung der Luftqualitätsgrenzwerte bis 2030 um bis zu zehn Jahre verschoben wird, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, u.a. wenn die erforderlichen Reduzierungen nur durch den Austausch eines beträchtlichen Teils der bestehenden Heizungsanlagen in Privathaushalten, die die Schadstoffüberschreitungen verursachen, erreicht werden können.

Die Mitgesetzgeber einigten sich zudem darauf, die derzeit uneinheitlichen Luftqualitätsindizes in der EU vergleichbar, klar und öffentlich zugänglich zu machen und betroffenen Bürgerinnen und Bürgern sowie Umwelt-NGOs Zugang zu Gerichten zu ermöglichen. Somit soll die Umsetzung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten anfechtbar sein und den Bürgerinnen und Bürgern soll ein Anspruch auf Entschädigung ermöglicht werden, wenn ihre Gesundheit aufgrund von Verstößen gegen die neuen nationalen Vorschriften geschädigt wurde.

Zusätzlich zu den Luftqualitätsplänen, die für diejenigen EU-Länder erforderlich sind, die die Grenzwerte überschreiten, müssen alle Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2028 Luftqualitätsfahrpläne erstellen, die kurz- und langfristige Maßnahmen zur Einhaltung der neuen, vom Parlament vorgeschlagenen Grenzwerte für 2030 enthalten.

Anmerkung aus kommunaler Sicht

In den vergangenen Jahren konnten an nahezu allen deutschen Messstellen die geltenden Grenzwerte eingehalten werden. Unstreitig ist aber, dass eine weitergehende Verbesserung der Luftqualität zum Wohle der Gesundheit in den Städten notwendig ist. Wichtig ist gleichzeitig, dass Grenzwerte realistisch sind und auch eingehalten werden können. Dies ist teilweise angesichts der ambitionierten Werte zu bezweifeln.

Die nun vorgesehene Verschärfung der Grenzwerte wird angesichts der nur begrenzten Einflussmöglichkeiten der Kommunen in einigen Städten zur enormen Herausforderung. Denn in bestimmten Lagen wird die Luftqualität auch durch äußere bzw. überregionale Einflüsse wie Meteorologie, Topografie, Schifffahrt oder überregionale Industrie bestimmt. Viele Kommunen haben eine erhebliche Hintergrundbelastung mit Schadstoffen, gegen die sie kaum Handlungsmöglichkeiten haben.

Besonders kritisch zu sehen ist daher das neu einzuführende Klagerecht mit drohenden Entschädigungsforderungen. Damit werden etwaige Konsequenzen der hohen Vorgaben auf die Kommunen abgewälzt. Die Kommunen dürfen daher nicht im Stich gelassen werden, sondern benötigen auf dem Weg zu sauberer Luft deutlich mehr und verlässliche Unterstützung. Die aufgrund der Haushaltskonsolidierung beim Bund nun vorerst endende Elektrobusförderung ist aus diesem Grund beispielsweise fatal. Es braucht vielmehr ein breiter angelegtes Flottenerneuerungs-programm für Kommunalfahrzeuge. Der Bund muss die Umsetzung der EU-Vorgaben nun mit einem gezielten Programm für die Städte und mit eigenen Maßnahmen hinterlegen.

Begrüßenswert ist immerhin die Meldung, dass eine Fristverlängerung der Grenzwerterreichung mit Begründung und vorgelegten Maßnahmenkatalogen für einzelne Städte möglich werden soll. Hierbei sollen nach Aussage des Bundesumweltministeriums keine Fahrverbote mehr notwendig sein. Gerade die Debatte und Klagen zum Thema Fahrverbote haben nicht nur für Unruhe, sondern für Bürokratie und Unverständnis bei Kommunen, Bürgern und Wirtschaft geführt.

Weitere Informationen:

Pressemeldung des EU-Parlaments vom 21.02.2024: www.europarl.europa.eu/news

Az.: 27.2.1-001/003 gr

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