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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 197/2004 vom 20.02.2004
Raumbedeutsamkeit von Windenergie-Anlagen
Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sind Windenergieanlagen (WEA) für den Fall, dass eine Gemeinde im Flächennutzungsplan Konzentrationszonen für Windenergieanlagen ausgewiesen hat, außerhalb dieser Konzentrationszonen im allgemeinen unzulässig. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 können solche Konzentrationszonen nicht nur von den Gemeinden in ihren Flächennutzungsplänen ausgewiesen werden, sondern auch vom Regionalrat (früher: Bezirksplanungsrat) im Gebietsentwicklungsplan (GEP). Eine derartige Ausweisung von Konzentrationszonen im Gebietsentwicklungsplan ist für das Münsterland erfolgt. Solche regionalplanerischen Konzentrationszonen gelten nur für sog. raumbedeutsame WEA, das sind Anlagen, die nicht bloß örtliche Bedeutung haben. Daraus folgt: So lange nur im Gebietsentwicklungsplan eine Konzentrationszone für ein Gemeindegebiet ausgewiesen ist, also die betreffende Gemeinde keine Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan ausgewiesen hat, sind in diesem Gemeindegebiet außerhalb der Konzentrationszone(n) nur die raumbedeutsamen Windenergieanlagen unzulässig. WEA von lediglich örtlicher Bedeutung bleiben auch außerhalb der Konzentrationszone(n) zulässig.
In einem so gelagerten Fall hatte das Verwaltungsgericht Münster über den Antrag auf Genehmigung einer WEA außerhalb der GEP-Konzentrationszone mit einer Gesamthöhe von 100 m zu entscheiden (Nabenhöhe 78 m, Rotor-Radius 22 m). Der Antragsteller berief sich darauf, dass nach dem Windernergieerlass NRW vom 03.05.2002 (MinBl NRW 2002, S. 742), Nr. 2.2, eine WEA in der Regel erst dann raumbedeutsam sei, wenn sie eine Gesamthöhe von 100 m über der Erdoberfläche überschreitet. Die Baugenehmigungsbehörde hat die Erteilung einer Baugenehmigung abgelehnt, weil die Anlage angesichts ihrer konkreten Wirkung in der Landschaft raumbedeutsam sei. Das Verwaltungsgericht Münster hat in seinem Urteil vom 18. Dezember 2003 (Az.: 974/01 T 45). Die Ablehnung der Baugenehmigung bestätigt, weil die beantragte WEA raumbedeutsam sei und deshalb außerdem der Konzentrationszone unzulässig sei. Unter Berufung auf entsprechende Urteile des Bundesverwaltungsgerichts (13. März 2003, Az.: 4 C 4.02) und vom 02. August 2002 (Az.: 4 B 36/02) hat das VG Münster bestätigt, dass sich die Frage, ob eine WEA raumbedeutsam ist, nicht schematisch mit einer bestimmten Meterangabe festlegen läßt, sondern sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls beurteilt. Die Raumbedeutsamkeit kann sich insbesondere aus den Dimensionen (Höhe, Rotor-Durchmesser), aus ihrem Standort oder aus ihren Auswirkungen auf die Ziele der Raumordnung (z.B. Schutz von Natur und Landschaft, Erholung und Fremdenverkehr) ergeben. Im konkreten Fall kam das Verwaltungsgericht Münster zum Ergebnis, dass die beantragte WEA allein aufgrund ihrer Höhe raumbedeutsam sei. Hinzu komme, dass sie in einem weithin von baulichen Anlagen noch freien und deshalb schutzwürdigen Landschaftsraum, unweit einer flachen Bergkuppe, der höchsten Erhebung im weiten Umkreis, errichtet werden soll und wegen dieses exponierten Standorts noch aus kilometerweiter Entfernung sichtbar sein würde.
Das Urteil zeigt, dass die pauschale Abgrenzung zwischen raumbedeutsamen Anlagen und nur örtlich bedeutsamen Anlagen im Windenergieerlass NRW mit dem Höhenmaß von 100 m nicht gerechtfertigt ist. Aus dem Urteil ist allerdings auch zu entnehmen, dass die Kommunen keineswegs mit der nötigen Sicherheit davon ausgehen können, dass alle WEAs, die nicht bloß zur Versorgung eines einzelnen Betriebs dienen, raumbedeutsam sind, sondern dass es immer auf die Einzelfallbeurteilung ankommt.
Aus diesem Grund wiederholen wir unsere dringende Empfehlung, dass alle Kommunen, also auch diejenigen Kommunen, in deren Gebiet Konzentrationszonen durch einen GEP ausgewiesen worden sind, in ihren Flächennutzungsplänen Konzentrationszonen für WEA ausweisen sollten. Nur dann ist sichergestellt, dass auch bloß örtlich bedeutsame WEAs außerhalb der Konzentrationszonen in aller Regel unzulässig sind.
Az.: II schw/g