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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 376/1999 vom 05.06.1999
Rechtsprechung zur Querfinanzierung der Biotonne
Die Frage, ob ein Eigenkompostierer, der keine Biotonne in Benutzung nimmt, zu den Kosten der kommunalen Bioabfallerfassung und -verwertung über das Restmüllgefäß herangezogen werden kann, hat zwischenzeitlich zu einer unterschiedlichen obergerichtlichen Rechtsprechung geführt.
Zur Rechtslage nach dem alten Landesabfallgesetz NW hatte das Oberverwaltungsgericht in Münster mit Urteil vom 17. März 1998 (Az.: 9 A 1430/96 - Städte- und Gemeinderat 1998, S. 21 ff entschieden, eine Querfinanzierung der Biotonne über das Restmüllgefäß bei gleichzeitiger Erhebung einer nicht kostendeckenden Sondergebühr für die Biotonne sei unzulässig, wenn ein Eigenkompostierer keine Biotonne in Benutzung nimmt. Dieser Rechtsprechungslinie hat sich sich jetzt auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 04. Februar 1999 (Az.: 12 C 13291/96) angeschlossen.
Anders haben der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 29.03.1995 (AZ: 4 N 93.3641 und 4 N 93.2548, NVwZ-RR 1995, S. 167) entschieden, daß Eigenkompostierern, die nicht an der kommunalen Bioabfallerfassung und -verwertung teilnehmen, kein Gebührenabschlag zu gewähren ist. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 22.10.1998 (AZ: 2 S 399/97) entschieden, daß auch derjenige, der nicht an der kommunalen Bioabfallerfassung und -verwertung teilnimmt, mit den mengenunabhängigen Vorhaltekosten für die kommunale Bioabfallerfassung und -verwertung belastet werden kann. Eine solche Kostenverteilung berücksichtigt nach dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in zulässiger Weise, daß diejenigen Hausmüllgebührenschuldner, die ihre Bioabfälle selbst kompostieren, diese Entscheidung jederzeit ändern und an der kommunalen Bioabfallerfassung und verwertung teilnehmen können, weshalb die Kommune als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger diese Teileinrichtung auch für sie vorhalten muß.
Ergänzend weist die Geschäftsstelle darauf hin, daß auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof demnächst über die Frage entscheiden muß, ob ein Eigenkompostierer, der nicht an der kommunalen Bioabfallerfassung und -verwertung teilnimmt, mit den Kosten der kommunalen Bioabfallerfassung und verwertung belastet werden kann.
Für Nordrhein-Westfalen kann trotz der unterschiedlichen Rechtsprechung folgendes festgehalten werden:
Der Landesgesetzgeber hat mit dem zum 01.01.1999 in Kraft getretenen neuen Landesabfallgesetz (GVBl. 1998, S. 666 ff) und dort in § 9 Abs. 2 Satz 5 und Satz 7 Landesabfallgesetz eine klare Entscheidung dahin getroffen, daß auch Eigenkompostierer, die keine Biotonne in Benutzung nehmen, zu den Kosten der kommunalen Bioabfallerfassung und -verwertung herangezogen werden können. Durch § 9 Abs. 2 Satz 5, 2. Alternative Landesabfallgesetz NW wird die Möglichkeit eröffnet, für das Bioabfallgefäß eine Sondergebühr zu erheben, aber gleichwohl diese Sondergebühr nicht kostendeckend zu kalkulieren, sondern einen Teil der Kosten über die restliche Einheitsgebühr - bezogen auf das Restmüllgefäß - abzurechnen, also "quer zu finanzieren". Nimmt ein Eigenkompostierer keine Biotonne in Benutzung, so muß er die Sondergebühr für die Biotonne nicht bezahlen, kann aber gleichwohl über die restliche einheitliche Abfallgebühr (Einheitsgebühr) bezogen auf das Restmüllgefäß - zu den Kosten der kommunalen Bioabfallerfassung und verwertung herangezogen werden.
Weiterhin ist es auch möglich keine Sondergebühr für die Biotonne zu kalkulieren und die Kosten für die Bioabfallerfassung und verwertung insgesamt über die einheitliche Abfallgebühr bezogen auf das Restmüllgefäß abzurechnen (§ 9 Abs. 2 Satz 5 , 1.Alternative LAbfG NW). In diesem Zusammenhang hat der Landesgesetzgeber in § 9 Abs. 2 Satz 7 LAbfG NW zusätzlich bestimmt, daß Eigenkompostierern ein angemessener Gebührenabschlag zu gewähren ist. Diesen Gebührenabschlag erhält der Eigenkompostierer aber auch bei einer nicht kostendeckend kalkulierten Sondergebühr für die Biotonne, weil er diese Sondergebühr nicht bezahlen muß, wenn er keine Biotonne in Benutzung nimmt.
Auslöser für die Regelung in § 9 Abs. 2 Satz 5 und Satz 7 LAbfG NW war, daß das OVG NW mit Urteil vom 17. März 1998 zur alten Rechtslage entschieden hatte, daß derjenige, der kein Bioabfallgefäß benutzt, auch nicht zu den Kosten der Bioabfallerfassung und -verwertung über die Abfallgebühr herangezogen werden gezogen werden darf. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bayerische Verwaltungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes in Baden-Württemberg hat der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber damit in § 9 Abs. 2 Satz 5 und Satz 7 LAbfG NW einen Kompromiß geregelt, wonach die Querfinanzierung der Biotonne unter den dort genannten Maßgaben zulässig ist. Damit hat der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber zugleich der Erfahrung Rechnung getragen, wonach nur in seltenen Ausnahmefällen von Eigenkompostierern überhaupt keine Bioabfälle der kommunalen Abfallentsorgung zugeführt werden. Denn entweder werden problematische Bioabfälle - etwa gekochte Speisereste tierischer Herkunft - über das Restmüllgefäß erfaßt oder es werden andere Zusatzangebote der Gemeinde im Rahmen der Bioabfallerfassung und -verwertung (z.B. die Abgabe von Strauchschnitt am städtische Bauhof oder die Abholung von Strauchschnitt im Holsystem) in Anspruch genommen).
Az.: II 33-10