Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 173/2003 vom 06.02.2003
Rechtssicherheit bei Anwendung des europäischen Beihilferechts
Die Frage nach der Behandlung von staatlichen Ausgleichszahlungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird seit geraumer Zeit verstärkt diskutiert.
Ein wesentlicher Bestandteil der kommunalen Bestrebungen um mehr Rechtssicherheit für die Leistungen der Daseinsvorsorge konzentriert sich auf das europäische Beihilferecht. Dies betrifft insbesondere die Frage, ob Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen an kommunale Unternehmen durch ihre Trägerkommunen als notifizierungspflichtige Beihilfen einzustufen sind oder nicht. Hier hat die Unsicherheit eher zu- als abgenommen. In seiner Ferring-Entscheidung vom 22. November 2001 (Rechtssache C-53/00) hat der EuGH erstmals die Auffassung vertreten, dass nur dann von einer Beihilfe auszugehen ist, wenn durch die staatlichen Mittel der Ausgleichszahlung eine Überkompensation der durch die Erbringung der Daseinsvorsorgeleistungen entstehenden besonderen Belastung erfolgt. Ein langwieriges Notifizierungsverfahren ist in allen anderen Fällen also nicht notwendig. Dem ist aber der Generalanwalt Léger im Verfahren Altmark Trans (Schlussanträge vom 19. März 2002, Rechtssache C-280/00) entgegen getreten. Er stuft wie auch die bisherige Rechtsprechung staatliche Zahlungen grundsätzlich als Beihilfen ein. Würde sich diese Auffassung weiterhin durchsetzen, würde dies bedeuten, dass jegliche kommunale Leistungen an eigene Unternehmen zunächst notifizierungspflichtig sind, auch wenn sie sich später als genehmigungsfähig herausstellen. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Altmark Trans steht noch aus. Eine dritte, vermittelnde Sichtweise, hat der Generalanwalt Jacobs eingenommen. In seinen Schlussanträgen zum Verfahren GEMO SA vom 30. April 2002 (Rechtssache C-126/01) vertritt er die Auffassung, dass dem Ausgleichsansatz der Ferring-Entscheidung jedenfalls dann zu folgen ist, wenn der Zusammenhang zwischen Finanzierung und besonderer Belastung aus einer Gemeinwohlverpflichtung schon aus dem zugrundeliegenden Rechtsakt deutlich erkennbar und nachvollziehbar ist. Demgegenüber handelt es sich nach Auffassung des Generalanwalts aber um eine notifizierungspflichtige Beihilfe, wenn ein Zusammenhang zwischen Finanzierung und Verpflichtung nicht unmittelbar und nicht offensichtlich erkennbar oder die jeweiligen Gemeinwohlverpflichtung nicht klar definiert sind. Diese Rechtsauffassung stellt zwar gegenüber der bis vor der Ferring-Entscheidung bestehenden Rechtsprechung einen Fortschritt dar, dürfte auf Grund ihrer sehr weich formulierten Kriterien aber für die Praxis zahlreiche Bestimmungsprobleme aufwerfen.
Der Europäische Rat hat nun die Europäische Kommission aufgefordert, Leitlinien für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Daseinsvorsorge) zu erarbeiten und ggf. eine Freistellungsverordnung vorzuschlagen.
Az.: IV/3 970-08