Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 200/2012 vom 20.03.2012

Reduzierung der EEG-Vergütung für Photovoltaik

Am 06.03.2012 haben die Koalitionsfraktionen den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien“ in den Deutschen Bundestag eingebracht. Bei der Ersten Lesung am 9. März 2012 wurde der Gesetzentwurf zur Beratung in die Fachausschüsse überwiesen.  

Hauptbestandteil des Artikelgesetzes ist die Senkung der Vergütungssätze für Photovoltaikanlagen durch Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Der Gesetzentwurf sieht die(BT-Drucks. 17/8877) folgende Änderungen vor: 

  • Die geplante Einmalabsenkung der Vergütungssätze soll nicht zum 9. März, sondern erst zum 1. April in Kraft treten.
  • Die Übergangsvorschrift für Freiflächenanlagen soll ausgeweitet werden. Für Freiflächenanlagen, die vor dem 1. Juli in Betrieb gehen, gilt die bisherige Rechtslage, wenn sie sich im Geltungsbereich eines Bebauungsplans befinden, dessen Aufstellung vor dem 1. März 2012 beschlossen worden ist.
  • Die Verordnungsermächtigung der Bundesregierung zur kurzfristigen Anpassung der Vergütungssätze für Photovoltaikanlagen soll auf ein Handeln für sechs Monate befristet und im Gegenzug ohne Zustimmung des Deutschen Bundestages ausgestaltet werden (§ 64h EEG).  
  • Die Verordnungsermächtigung der Bundesregierung zur Übertragung des Marktintegrationsmodells auf andere erneuerbare Energien soll der Zustimmung des Deutschen Bundestages bedürfen (§ 64g EEG).

Der Gesetzentwurf ist für Mitgliedskommunen im StGB NRW-Intranetangebot unter Fachinfo/Service, Fachgebiete, Finanzen und Kommunalwirtschaft/Energiewirtschaft/Photovoltaik abrufbar.

Bewertung

Die Kommunen sind von den beschlossenen Änderungen des EEG-Vergütungssystems zum einen in ihrer Funktion als Energieverbraucher betroffen, denn die Stromkosten, etwa für die Beleuchtung von Liegenschaften und öffentlichen Flächen, sind ein bedeutender Ausgabenblock. Steigende Strompreise erhöhen auch die Ausgaben kommunaler Unternehmen und senken nicht zuletzt das Gewerbesteueraufkommen. Insofern liegt die Begrenzung der EEG-Differenzkosten (Unterschied zwischen Marktpreis und Einspeisevergütung) grundsätzlich auch im kommunalen Interesse.

Auf der anderen Seite sind die Städte und Gemeinden von den beschlossenen Änderungen in ihrer Funktion als Energieerzeuger betroffen, die mit ihren Stadt- und Gemeindewerken sowie Bürgerkraftwerken maßgeblich zur Energiewende beitragen. Insofern missachten die bisher bekannt gewordenen Pläne der Bundesregierung das schutzwürdige Vertrauen der kommunalen Betreiber von EEG-Anlagen in die Grundlage ihrer Ausbauplanung. Die kurzfristige Kürzung der Einspeisevergütung, die schon Anfang April in Kraft treten soll, führt dazu, dass kommunale Investitionen entwertet werden und weit fortgeschrittene Ausbaupläne in Frage stehen. Im Zuge des bevorstehenden Gesetzgebungsverfahrens wird sich die kommunale Seite daher im Interesse der kommunalen Anlagenbetreiber für die Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgrundsatzes einsetzen.

Da die Vergütung zum jeweils gültigen Satz zwanzig Jahre lang garantiert wird, kommt es maßgeblich darauf an, zu welchem Stichtag kommunale Solaranlagen ans Netz gehen. Ob die zum wirtschaftlichen Betrieb einer Anlage erforderliche Rendite erreicht wird, hängt zudem von der Entwicklung der Anlagenpreise ab. Viele Träger von Projekten, die nicht mehr vor der zu erwartenden einmaligen Absenkung ans Netz gehen, werden daher die nächste Preisrunde der Solarmodule abwarten. Im Übrigen wird der Preisdruck verstärkt, zulasten von Anlagen aus deutscher Produktion auf billigere Importmodule, etwa aus China, auszuweichen.

Dass es künftig für 15 Prozent ihrer Jahresproduktion gar keine Förderung mehr gibt, können die Betreiber von kleineren Anlagen kompensieren, indem sie ihren Solarstrom selbst verbrauchen. Denn der Endpreis des so eingesparten Steckdosenstroms ist höher ist als die Einspeisevergütung bzw. die mit der Selbstvermarktung zu erzielenden Erlöse. Der Eigenverbrauch erhöht so die Rendite der Anlage. Großanlagen, die häufig unter Beteiligung von Kommunen und Bürgern geplant und betrieben werden, müssen die 10 Prozent des erzeugten Stroms, die zukünftig nicht mehr vergütet werden, selbst vermarkten. Da die Marktpreise niedriger sind als die EEG-Vergütung, sinkt die Anlagenrendite.

Auf Projekte, die sich nach der EEG-Novelle nicht mehr rentieren, müssen Kommunen verzichten. Dies ist bedauerlich, weil die Solarenergie mit vergleichsweise geringen Beeinträchtigungen für Mensch und Umwelt einhergeht und zudem den Bürgern die Teilhabe an der Wertschöpfung ermöglicht. Als eine bereits vielfach praktizierte  Alternative zur Eigenerzeugung verbleibt die Verpachtung von geeigneten Dach- und Freiflächen an spezialisierte Privatinvestoren. Schließlich können sich Kommunen, die die bauplanerischen Voraussetzungen für Freiflächenanlagen schaffen, in Form von städtebaulichen Verträgen an der erzielten Wertschöpfung von Privatinvestoren beteiligen. Aber auch die privaten Anlagenbetreiber als potenzielle Partner solcher Verträge müssen aufgrund der geänderten Einspeisevergütung neu kalkulieren.

Az.: II/3 811-00/1

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