Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 361/2024 vom 23.05.2024

Referenten-Entwurf zur Änderung der Gewerbeabfall-Verordnung

Das Bundesumweltministerium hat dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) einen Referenten-Entwurf zur Änderung der Gewerbeabfall-Verordnung (Stand: 30.04.2024) mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zugeleitet. Zu dem Referentenentwurf hat der StGB NRW dem DStGB Folgendes mitgeteilt:  

„Der Bundesverordnungsgeber hatte bereits im Rahmen der Neufassung der Gewerbeabfallverordnung im Jahr 2017 an die Bundesregierung die Pflicht gerichtet, die Recyclingquote für Vorbehandlungsanlagen bis zum 31.12.2020 zu evaluieren (§ 6 Abs. 5 Satz 2 Gewerbeabfallverordnung). Des Weiteren war die Bundesregierung aufgefordert, die Ziele und Wirkung der gesamten Gewerbeabfallverordnung bis zum 31.12.2023 zu evaluieren (vgl. Bundestags-Drs. 18/10345, S. 66). Diese Evaluierungsaufträge hat die Bundesregierung durch das breit angelegte Forschungsvorhaben „Erarbeitung von Grundlagen für die Evaluierung der Gewerbeabfallverordnung (UBA-Texte 47/2023)“ vorbereitet und die Ergebnisse im Anschluss mit den Ländern und den betroffenen Wirtschaftsakteuren erörtert. Es verwundert nicht, dass sich dabei herausgestellt hat, dass die Gewerbeabfallverordnung 2017 die gesteckten Ziele nicht erreicht hat. Das Ergebnis ist eigentlich ein Desaster, weil offensichtlich der Weg in die energetische Verwertung (4. Stufe der fünfstufigen Abfallhierarchie) nach wie vor in der Praxis oftmals beschritten wird und die stoffliche Verwertung (3. Stufe der fünfstufigen Abfallhierarchie) auf der Strecke bleibt. Diese Erkenntnis deckt sich mit den Erkenntnissen aus den abfallentsorgungspflichtigen Städten, Gemeinden und Kreisen. Es wird zwar zwischenzeitlich eine Pflicht-Restmülltonne des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in Benutzung genommen, weil auch das Bundesverfassungsgericht dieses als verfassungskonform angesehen hat (so: BVerfG, Beschluss vom 19.7.2007 – Az.: 1 BvR 1290/05 - ).

Gleichwohl haben die sog. Pflichtrestmülltonnen im Regelfall ein sehr geringes Fassungsvolumen (60 l bis 120 l), während die „Mischcontainer“ mit so genannten „Abfällen zur Verwertung“ weitaus größere Fassungsvolumina aufweisen. Teilweise sind dort 20 m3 Presscontainer im Einsatz. Der sog. noch verwertbare „Output“ aus diesen „Mischcontainern“ aus „Abfällen zur Verwertung“ ist aber mehr als gering, weil mit der Vermischung auch eine nicht unerhebliche Verschmutzung der Abfälle untereinander einhergeht, wodurch im Gegensatz zu einer von vorherein getrennten Sammlung stofflich verwertbare Abfälle für die stoffliche Verwertung unbrauchbar werden. Deshalb sind private Haushaltungen gehalten, verwertbare Abfälle wie z. B. Altpapier, Bioabfälle und Einwegverpackungen aus Kunststoff, Metall und Verbundstoffen getrennt zu sammeln. Insoweit ist es nicht verwunderlich, dass mit der Gewerbeabfallverordnung 2017 die dort eingeführte Recyclingquote von 30 % für Vorbehandlungsanlagen in fast allen Anlagen verfehlt worden ist.  Dabei ist es zutreffend, dass der wichtigste Grund für die Quotenverfehlung ist, dass wertstoffhaltige Abfallgemische nur vorsortiert werden und dann mit anderen Abfällen der energetischen Verwertung zugeführt werden. Der daraus gezogene Rückschluss, dass dies vor allem an der fehlenden Kontrolle im Rahmen der Kaskaden-Vorbehandlung sowie daran liegt, dass die Anlagen zur energetischen Verwertung bislang nicht in die Pflichten der Gewerbeabfallverordnung einbezogen worden sind, mag sicherlich ein Grund sein.

Der Hauptgrund besteht aber darin, dass in der Gewerbeabfallverordnung die Pflichten für die strikte Getrennthaltung von gewerblichen Abfällen in § 3 der GewAbfV durch ein unnötiges „Ausnahme-Kaskaden-System“ so verwässert wird, dass gewerbliche Siedlungsabfälle regelmäßig als „Abfall zur Verwertung“ und insoweit als „Misch-Abfallfraktion“ entsorgt werden können. Hier könnte nur helfen, dass in der Gewerbeabfallverordnung ausdrücklich klargestellt wird, dass ein gewerblicher Abfallbesitzer/-erzeuger die Abfälle definitiv und genauso trennen muss wie private Haushaltungen. In diesem Zusammenhang ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb in einer Ferienwohnung eine Abfalltrennung wie bei regulär benutzten Grundstücken für private Haushalte möglich ist, währenddessen dieses in einem Hotel und dort in den Hotelzimmern nicht möglich sein soll. Gleiches gilt für Schnellrestaurants, bei denen im Regelfall eine Trennung von Speiseresten und Einwegverpackungen selten festzustellen ist. Insgesamt wird daher vorgeschlagen:

1. Zu § 3 Gewerbeabfallverordnung

Es ist als erforderlich anzusehen, dass in § 3 der Gewerbeabfall-Verordnung noch deutlicher textlich geregelt wird, dass der gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger genauso wie die privaten Haushaltungen verpflichtet ist, die verwertbaren Abfälle getrennt zu sammeln. Noch konsequenter wäre es, die Kaskaden-Ausnahmeregelungen für die Entsorgung von Misch-Abfallfraktionen für „Abfälle zur Verwertung“ ersatzlos aus der Verordnung zu streichen. Zumindest ist es ein richtiger Schritt - wie in § 9 a des Entwurfes vorgesehen - eine Kennzeichnungspflicht für die Abfallgefäße vorzusehen, d. h. in welche Abfallgefäße welche Abfälle einzuwerfen sind und welche Abfälle in bestimmten Abfallgefäßen nicht eingeworfen werden dürfen. Soweit das Ausnahme-Kaskaden-System von der strikten Getrennthaltungspflicht in § 3 Abs. 1 der Gewerbeabfallverordnung nicht aufgegeben wird, ist es unerlässlich, dass der gewerbliche Abfallbesitzer bei der Dokumentation der Verwertungswege nachweisen muss, in welcher konkreten Anlage eine Sortierung der gemischt angefallenen Abfälle zur Verwertung erfolgt und wo genau der Verwertungserfolg für die aussortierten Abfälle eintritt. Außerdem sollte geprüft werden, ob ein gewerblicher Abfallbesitzer/-erzeuger nicht dadurch „belohnt“ werden kann, dass die Dokumentationspflichten für die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung von Abfällen herabgesetzt sind, wenn er nachweisbar so trennt wie ein privater Haushalt. Diese wäre ein wesentlicher Beitrag zur Entbürokratisierung. So ist in der heutigen Gewerbeabfallverordnung bereits geregelt, dass nur der „Abnehmer“ der Abfälle bei einer getrennten Erfassung und Sammlung von verwertbaren Abfällen benannt werden muss (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 GewAbfV). Insoweit könnte dann auch die 90%-Grenze in § 3 Abs. 3 Satz 3 GewAbfV entfallen, wenn der gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger nachweisbar so trennt wie ein privater Haushalt.

2. Pflicht-Restmülltonne muss unverändert bestehen bleiben

Es ist richtig und zu begrüßen, dass der § 7 Gewerbeabfallverordnung zur so genannten Pflicht-Restmülltonne unverändert bleibt. Eine Pflicht zur Nutzung einer Pflicht-Restmülltonne besteht nur dann nicht, wenn der gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger nachweisen kann, dass bei ihm keine überlassungspflichtigen Abfälle zur Beseitigung anfallen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.7.2007 – Az.: 1 BvR 1290/05; BVerwG, Urteil vom 17.2.2005 - Az.: 7 C 25.03 - und BVerwG, Urteil vom 1.12.2005 - Az.: 10 C 4.04 - ; OVG NRW, Beschluss vom 16.04.2009 – Az.: 14 A 3731/06 – OVG NRW, Beschluss vom 04.07.2007 – Az.: 14 A 2682/04 - ; VG Trier, Urteil vom 22.09.2022 – 9 K 641/22.TR – Darlegungs- und Beweislast des gewerblichen Abfallerzeugers/-besitzers). Dieser Nachweis des Nichtanfalls kann in der Praxis regelmäßig nicht geführt werden, weil stets Abfälle anfallen, die einer Verwertung nicht zugeführt werden können (z. B. gebrauchtes Hygienepapier (siehe § 3 Abs. 1 GewAvfV), benutzte Damenbinden/Tampons, Papiertaschentücher/Papier- Küchentücher, Kugelschreiber, Textmarker, Putzlappen, Schwämme/Schwammtücher, Zigarettenkippen, Kehricht, Toilettenbürste, zerbrochenes Porzellan usw. (vgl. LAGA M 34, S. 42 f. ff. ; OVG Saarland, Beschluss vom 07.04.2017 – Az.: 2 A 126/16, AbfallR 2017, S. 239; VG Leipzig, Urteil vom 20.05.2020 – Az.: 1 K 359/19 - ; VG Köln, Urteil vom 18.11.2014 – Az.: 14 K 6786/12 – Rz. 53 ff. - ,wonach eine Vermischung von Restmüll mit anderen energetisch verwertbaren Abfällen nach der GewAbfV 2003 unzulässig ist und OVG NRW, Beschluss vom 16.04.2009 – Az.: 14 A 3731/06 – abrufbar: www.justiz.nrw.de – sog. Huckepackverfahren unzulässig, d. h. angefallener Restmüll darf nicht nachträglich mit verwertbaren Abfällen vermischt werden). Die Pflicht-Restmülltonne steht außerdem sicher, dass insbesondere die erheblichen Deponie-Nachsorgekosten nicht allein von den privaten Haushaltungen finanziert werden müssen, denn in der Vergangenheit sind auch gewerbliche Abfälle auf solchen Abfalldeponien abgelagert worden.

3. Ausweitung der abfallrechtlichen Überwachung

Es ist fraglich, ob die vorgesehene Ausweitung der abfallrechtlichen Überwachung die stoffliche Verwertung von gewerblichen Siedlungsabfällen befördern kann, denn die Vielzahl von Gewerbebetrieben erfordert auch eine Vielzahl von Personal in den zuständigen Abfallwirtschaftsbehörden, um die Kontrollen durchführen zu können. Gleichwohl stellt die zusätzliche Einschaltung von Sachverständigen sicher, dass sich der gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger damit auseinandersetzen muss, was mit seinen Abfällen geschieht und nicht nur die Frage des Entsorgungspreises im Vordergrund steht, wenn gleich zu erwarten ist, dass gegen eine entsprechende Anordnung der zuständigen Abfallwirtschaftsbehörde durch alle Gerichtsinstanzen wiederum vorgegangen wird.

Az.: 25.0.2.1 qu

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