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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 93/2003 vom 20.01.2003
Reform der Gemeindefinanzen
In einem Ministergespräch zur Reform der Gemeindefinanzen ist eine weitgehende Übereinstimmung hinsichtlich wesentlicher Positionen erzielt worden. Dies betrifft zum einen die Modernisierung der Gewerbesteuer und zum anderen die Frage der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einem eigenständigen neuen Leistungsrecht in der Finanzverantwortung des Bundes.
Am 16.01.2003 fand ein Gespräch von Vertretern der kommunalen Spitzenverbände in Nordrhein-Westfalen mit dem Innenminister, Herrn Dr. Behrens, dem Wirtschaftsminister, Herrn Schartau, und dem Finanzminister, Herrn Dieckmann, zum Thema Gemeindefinanzreform statt. Die Minister Behrens und Schartau sind Mitglieder in der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen unter Vorsitz von Bundesfinanzminister Eichel und stellten anlässlich des Gesprächs die Eckpunkte ihrer Reformvorstellungen vor. Ziel des Gespräches war, Gemeinsamkeiten auszuloten und nach Möglichkeit ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen.
- Modernisierung der Gewerbesteuer:
In den wesentlichen Eckpunkten der Reformvorstellungen war dabei Übereinstimmung mit der kommunalen Seite und insbesondere den Positionen des Städte- und Gemeindebundes NRW (vgl. Thesenpapier des StGB NRW vom 02.10.2002, Intranet-Fundstelle: Angebot "Fachinformation und Service", "Fachgebiete", Finanzen und Kommunalwirtschaft", "Gemeindefinanzreform", "Reform der Gewerbesteuer" unter der Überschrift "Positionspapier zur Gemeindefinanzreform vom 02.10.2002 ") festzustellen. Dabei waren sich die Teilnehmer darin einig, dass die Modernisierung der Gewerbesteuer ohne gleichwertige Alternative bleibt. Das Modell einer modernisierten Gewerbesteuer muss an deren derzeitigen Schwächen ansetzen. Die Verbesserung und Verstetigung der Einnahmen verlangt sowohl eine Erweiterung des Kreises der Steuerpflichtigen (durch die Einbeziehung aller Selbständigen) als auch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage (Hinzurechnung aller Zinsen zum Gewerbeertrag, Hinzurechnung des Finanzierungsanteils aller Mieten, Pachten und Leasingraten, Hinzurechnung von Veräußerungsgewinnen zum Gewerbeertrag auch bei Personenunternehmen, Abschaffung des Staffeltarifs, Modifizierung der gewerbesteuerlichen Organschaft).
Im Bewusstsein der Widerstände vor allem aus der Wirtschaft haben sich sowohl die Ländervertreter als auch die kommunalen Vertreter auf NRW-Ebene darauf verständigt, das Ziel einer modernisierten Gewerbesteuer gemeinsam zu vertreten und gegenüber dem BDI/VCI-Modell (Abschaffung der Gewerbesteuer und Ausgleich über einen höheren Anteil an Einkommen- und Körperschaftsteuer) durchzusetzen.
- Abschaffung/Modifizierung der gewerbesteuerlichen Organschaft:
Die Thematik der gewerbesteuerlichen Organschaft ist derzeit von besonderer Aktualität, da der Gesetzentwurf der Fraktion von SPD und Bündnis 90/Die Grünen für ein Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz, Bundestagesdrucksache 15/119) in Art. 5 Nr. 2 eine die Organschaft betreffende Änderung des Gewerbesteuergesetzes 2002 vorsieht. Danach soll § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes mit Wirkung vom Erhebungszeitraum 2003 an wie folgt gefasst werden:
"Die §§ 14, 15, 17 oder 18 des Körperschaftsteuergesetzes sind nicht anzuwenden; eine Organgesellschaft unterliegt mit ihrem Gewerbebetrieb selbst der Gewerbesteuer."
Mit dieser Regelung wäre eine gewerbesteuerliche Organschaft vom Erhebungszeitraum 2003 an nicht mehr möglich.
Nach den Berechnungen des BMF würde dieser Schritt gewerbesteuerliche Mehreinnahmen der Städte und Gemeinden in Höhe von 214 Mio. € im Jahr 2003 (mit deutlichem Anstieg in den Folgejahren) mit sich bringen. Wegen der damit verbundenen Belastung der Wirtschaft sollen sich die Bundesminister Hans Eichel und Wolfgang Clement Presseberichten zufolge nach Vorlage des Gesetzentwurfs darauf verständigt haben, die Vorschrift zur Abschaffung der Organschaft aus dem Entwurf des Steuervergünstigungsabbaugesetzes herauszunehmen und das Thema in die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen zu verlagern.
Entscheidender Hintergrund für die Verschiebung dürfte das Fehlen qualifizierter Berechnungen der Auswirkungen der Abschaffung der Organschaft auf einzelne Länder sein. So ist zwar nachvollziehbar, dass sich das Gewerbesteueraufkommen durch eine Abschaffung der Organschaft für die deutschen Städte und Gemeinden insgesamt erhöhen würde; unklar ist jedoch, wie diese Wirkung über die Ländergrenzen hinweg streuen würde. So gibt es Hinweise darauf, dass bei einer Abschaffung der Organschaft insbesondere Holdingstandorte und die Städte und Gemeinden in den neuen Bundesländern negativ betroffen wären. Berechnungen, die diese Annahme stützen, konnten wir trotz umfangreicher Bemühungen bisher weder vom Bund noch von den Ländern erhalten.
Am 15.01.2003 fand eine Sachverständigenanhörung im Finanzausschuss des Bundestages statt, in der der DStGB eine Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf, insbesondere zu der Frage der gewerbesteuerlichen Organschaft und der Verschiebung der Behandlung dieses Themas auf die Gemeindefinanzreform abgegeben hat. Im Vorfeld der Anhörung hatte der DStGB die Mitgliedsverbände zu einer Stellungnahme aufgefordert.
Die Geschäftsstelle des StGB NRW hatte sich in der Stellungnahme klar für eine Abschaffung der Organschaft ausgesprochen und zur Begründung darauf hingewiesen, dass dies eine spürbare Anhebung des Gesamtaufkommens aus der Gewerbesteuer zur Folge hat. Über die Systeme des Finanzausgleichs werden letztlich alle Städte und Gemeinden in Deutschland von dem insgesamt gehobenen Gesamtaufkommen profitieren. Fragen der Verteilung der Mittel aus der Gewerbesteuer und die daraus resultierenden Probleme und negativen Auswirkungen auf einzelne Kommunen sind demgegenüber u.E. Folgeprobleme. Eine Verschiebung des Themas aus dem Gesetzentwurf in die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen ist daher u.E. nicht wünschenswert.
In der Anhörung vom 15.01. hat sich der DStGB der Auffassung des Städte- und Gemeindebundes NRW zu der Thematik angeschlossen und sich für die Abschaffung der gewerbesteuerlichen Organschaft ausgesprochen (vgl. Intranet-Angebot "Fachinformation und Service", "Fachgebiete", Finanzen und Kommunalwirtschaft", "Gemeindefinanzreform", "Reform der Gewerbesteuer" unter der Überschrift "Stellungnahme DStGB zum Steuervergünstigungsabbaugesetz").
- Arbeitslosen und Sozialhilfe:
Minister Schartau berichtete über die jüngste Sitzung der Arbeitsgruppe "Arbeitslosen- und Sozialhilfe" der Gemeindefinanzreformkommission vom 15.01.2003. Er unterstrich dabei das Ziel, die Kosten der Arbeitslosigkeit nachhaltig zu senken und so auch die Kommunen zu entlasten. Hierzu sollen im Rahmen der so genannten Arbeitslosenhilfe II die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer einheitlichen, neuartigen und bedürftigkeitsabhängigen Leistung umgesetzt werden. In der Frage der Zuständigkeit für das neue Leistungsrecht hat sich die Arbeitsgruppe "Arbeitslosen- und Sozialhilfe" in der letzten Sitzung der Auffassung des DStGB sowie des Deutschen Städtetages angeschlossen. Hiernach soll das einheitliche Leistungsrecht für alle erwerbsfähigen Arbeitslosen in der Zuständigkeit der Bundesanstalt für Arbeit liegen und vom Bund auch finanziert werden. Diese Entwicklung ist sehr erfreulich, denn nur mit einer Zusammenführung der beiden Leistungssysteme in der Verantwortung des Bundes kann eine nachhaltige Entlastung der Städte und Gemeinden erfolgen, die unter besonderen Strukturschwächen leiden.
Die Arbeitsgruppe hat sich auch auf eine Abgrenzungsdefinition für den dem Leistungsrecht unterliegenden Personenkreis verständigt. Die Abgrenzungsmerkmale sollen auf Vorschlag der gemeindlichen Spitzenverbände dieselben sein wie beim Grundsicherungsgesetz. Auch die Zustimmung der Bundes- und Ländervertreter zu dieser Definition der Empfänger der Arbeitslosenhilfe II ist ein großer Erfolg der kommunalen Seite, da finanzträchtige Manipulationsmöglichkeiten des Bundes zu Lasten der kommunalen Ebene weitgehend verhindert werden. Die Definition des Begriffs entscheidet über die Zahl der Menschen, die trotz des neuen Leistungsrechts in der Sozialhilfe verbleiben.
Hinsichtlich des zeitlichen Ziels wird daran festgehalten, bis zur Sommerpause 2003 die Arbeit der Kommission abzuschließen und sodann noch im Jahr 2003 das Gesetzgebungsverfahren durchzuführen, um Verbesserungen für die Kommunen mit Geltung ab 01.01.2004 zu erreichen.
Über weitere Entwicklungen bei der Gemeindefinanzreform werden wir Sie laufend unterrichten.
Az.: IV/1 902-01/1