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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 238/1999 vom 05.04.1999
Regenwasserversickerung in Neukirchen-Vluyn
Ein erster Zwischenbericht über das Pilotprojekt "Möllenbruckshof" in der Stadt Neukirchen-Vluyn ist jetzt fertiggestellt. Es handelt sich dabei um ein Pilotprojekt der Abwasserberatung NRW. Gegenstand des Pilotprojektes ist der Rückgriff auf eine ortsnahe Niederschlagswasserbeseitigung auf den Grundstücken in einem bestehenden Baugebiet, um das vorhandene Kanalisationsnetz mengenmäßig zu entlasten und gleichzeitig hierdurch die Kosten einer Kanalsanierung zu vermindern. Dabei ist eine mindestens 50 %ige Abkopplung und Versickerung von Regenwasser auf den Grundstücken vorgesehen. Es handelt sich um eine Fallgestaltung, die den sog. Altfällen zuzurechnen ist und deshalb wegen der Stichtagsregelung in § 51 a LWG NW (Stichtag: 01.01.1996) grundsätzlich von der Regelungsvorgabe zur ortsnahen Niederschlagswasserbeseitigung in § 51 a LWG NW nicht erfaßt wird. Eine ausführliche Darstellung des Pilotprojektes "Möllenbruckshof" in der Stadt Neukirchen-Vluyn findet sich in der Zeitschrift Abwasser-Report der Abwasserberatung NRW, Ausgabe 1/1999.
Ergänzend weist die Geschäftsstelle auf folgendes hin: Die Grundpflicht zur ortsnahen Niederschlagswasserbeseitigung gilt nach der Stichtagsregelung in § 51 a Abs. 1 LWG NW nur für Grundstücke, die nach dem 01.01.1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die gemeindliche Kanalisation angeschlossen werden. Hieraus folgt, daß bei sog. Altfällen, d.h. bei Grundstücken, die bereits vor dem Stichtag, also vor dem 01.01.1996, mit dem Niederschlagswasser an die gemeindliche Kanalisation angeschlossen waren, keine gesetzliche Pflicht zur ortsnahen Niederschlagswasserbeseitigung besteht. Vielmehr soll hier grundsätzlich alles "beim Alten" bleiben, weil anderenfalls eine Refinanzierung der durch die Städte und Gemeinden getätigten Investitionen in die Niederschlagswasserbeseitigung (Mischwasserkanäle, Regenwasserkanäle) nicht sichergestellt wäre und auch eine verträgliche Entwicklung der Abwassergebühren gefährdet wäre. Denn nimmt die Anzahl der Anschlußnehmer am vorhandenen Kanalnetz ab, so steigen die Abwassergebühren an, weil die Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung auf weniger Schultern verteilt werden müssen.
Wenngleich es danach jeder Stadt/Gemeinde unbenommen bleibt, auch bei den sog. Altfällen eine Umstellung auf eine ortsnahe Niederschlagswasserbeseitigung im Einzelfall zuzulassen, empfiehlt es sich, wie die Stadt Neukirchen-Vluyn vorzugehen, und dies nur in denjenigen Fällen in Betracht zu ziehen, wo ein sachlicher Grund dafür besteht, im Altbestandbereich eine Umstellung auf eine ortsnahe Niederschlagswasserbeseitigung durchzuführen. Dabei ist auch zu bedenken, daß zugelassene Ausnahmen vom Anschluß an die gemeindliche Niederschlagswasserbeseitigung unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz sachlich Bestand haben müssen. Es können daher im Zweifelsfall nicht für einige Grundstückseigentümer Ausnahmen im Sinne einer Abkopplung des Regenwassers von einem vorhandenem gemeindlichen Misch- oder Regenwasserkanal zugelassen werden und für andere bei gleichen Ausgangsbedingungen nicht, nur weil ab einem bestimmten Zeitpunkt die Schnittstelle erreicht ist, an dem die Gewährleistung einer wünschenswerten verträglichen Abwassergebührenentwicklung zu kippen droht. Es gilt auch hier, daß die Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz nur dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie durch einen sachlich nachvollziehbaren Grund gerechtfertigt werden kann.
Es empfiehlt sich daher, die sog. "Altfälle", d.h. Anschlüsse zur Ableitung von Regenwasser an das Kanalisationsnetz der Gemeinde, die vor dem 01.01.1996 hergestellt worden sind, grundsätzlich "unangetastet" bestehen zu lassen, es sei denn, die Abkopplung hat für die gemeindliche Abwasseranlage einen Vorteil. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die Abkopplung zu einer Entlastung eines überlasteten Mischwasserkanals oder einer überlasteten Kläranlage führt. Bei der Stadt Neukirchen-Vluyn führt die Umstellung auf eine ortsnahe Niederschlagswasserbeseitigung auch dazu, daß erhebliche Kanalsanierungskosten eingespart werden können. Auch dies ist ein sachlicher Grund, weshalb lediglich in der betroffenen Siedlung "Möllenbruckshof" eine Umstellung auf eine ortsnahe Niederschlagswasserbeseitigung erfolgt, nicht aber in den übrigen Altbeständen des Stadtgebietes, in denen bereits vor dem 01.01.1996 die Grundstücke und das auf diesen Grundstücken anfallende Regenwasser in die gemeindliche Abwasseranlage eingeleitet worden ist.
Az.: II/2 24-18