Mitteilungen - Jugend, Soziales, Gesundheit

StGB NRW-Mitteilung 93/2001 vom 05.02.2001

Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen

Das Bundeskabinett hat am 17.01.2001 den Entwurf eines Sozialgesetzbuches - Neuntes Buch - (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen verabschiedet. Es ist vorgesehen, dass die Träger der Sozial- und Jugendhilfe gleichberechtigt und gleichverpflichtet in den Kreis der Rehabilitationsträger einbezogen werden.

Die Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten, die trägerübergreifende Festlegung von Standards von den Sozialversicherungsträgern bzw. ersatzweise den Erlass von Verordnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung werden nach Auffassung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zu einer Aushöhlung und teilweisen Aufgabe der Grundprinzipien der Sozial- sowie der Kinder- und Jugendhilfe führen und die kommunalen Haushalte in Milliardenhöhe belasten. Aus kommunaler Sicht sind folgende Neuregelungen von besonderem Interesse:

    • Durch die Zusammenfassung der Rechtsvorschriften zur Rehabilitation und Eingliederung behinderter Menschen, die für mehrere Sozialleistungsbereiche einheitlich gelten, sowie des Schwerbehindertenrechts entsprechend den Ordnungsprinzipien des Sozialgesetzbuches wird das Neunte Buch des Sozialgesetzbuches in ähnlicher Weise bereichsübergreifend wirksam wie bereits bisher die Regelungen des Ersten, des Vierten und des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches. § 7 des vorliegenden Gesetzentwurfs sieht vor, dass der generelle Vorrang dieser besonderen Rechtsvorschriften weiterhin hinsichtlich der Zuständigkeit und der Leistungsvoraussetzungen gilt, da sich diese bei Beibehaltung des gegliederten Systems und der "Einbindung" der Leistungen zur Rehabilitation und Eingliederung behinderter Menschen in das Leistungsrecht und die Leistungspraxis der einzelnen Rehabilitationsträger nicht einheitlich regeln lassen. Im Übrigen stellt § 7 klar, dass die Vorschriften des Neunten Buches unmittelbar und originär für die Rehabilitationsträger Anwendung finden, soweit nicht in den jeweils geltenden Leistungsgesetzen Abweichendes bestimmt ist.
    • Insbesondere die Einbeziehung der Träger der Sozialhilfe und öffentlichen Jugendhilfe in den Kreis der Rehabilitationsträger und in die für alle Rehabilitationsträger geltenden Verfahrens- und Abstimmungsvorschriften soll eine enge Zusammenarbeit im Interesse der behinderten Menschen ermöglichen, die zu ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft Leistungen und sonstige Hilfen mehrerer Träger benötigen. Als "soziale" Leistungen werden in das Neunte Buch Sozialgesetzbuch Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft aufgenommen, für die die Träger der Sozialhilfe zuständig bleiben, soweit keine Zuständigkeit der Träger der Unfallversicherung, Kriegsopferfürsorge oder Jugendhilfe gegeben ist. Bei Leistungen der Sozialhilfeträger zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben einschließlich der Leistungen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten für behinderte Menschen entfällt die Bedürftigkeitsprüfung.

 

    • Alle Rehabilitationsträger werden verpflichtet, auf Kreisebene gemeinsame Servicestellen einzurichten, die den behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen als Anlaufstelle dienen sollen.

 

    • Die notwendigen Rehabilitationsdienste und -einrichtungen sowie die Verwaltungsgebäude der Rehabilitationsträger müssen barrierefrei zugänglich sein.

Der von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf wird zunächst dem Bundesrat zugeleitet. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist für 01.07.2001 vorgesehen.

Der DStGB ist nach wie vor der Auffassung, dass die Eingliederungshilfeleistungen der Sozial-, Kinder- und Jungendhilfe von ihrer Systematik und Grundstruktur her nicht mit den Rehabilitationsleistungen der herkömmlichen Rehabilitationsträger vergleichbar sind und mit diesen nicht in einem SGB IX zusammengefasst werden können. Für die herkömmlichen Rehabilitations-träger gelten unterschiedliche Zugangs- und Leistungsvoraussetzungen, die mit den Nachrangs- und Bedarfsdeckungsprinzipien der Sozialhilfe und der Kinder- und Jungendhilfe nicht kompatibel sind. Dies gilt insbesondere für die Leistungsvoraussetzungen im Rahmen der Sozialversicherungsverhältnisse, die in der Hauptsache auf Beitragszahlung, Vorversicherungszeiten und zeitliche Leistungsbeschränkungen abstellen. Für die meist lebenslange Eingliederungshilfe im Rahmen der Sozialhilfe, die sich grundlegend von den Rehabilitationsleistungen der anderen Rehabilitationsträger unterscheidet, muss ein faktisch voraussetzungsfreier Zugang ohne jegliche Bedürftigkeitsprüfung strikt abgelehnt werden, da sonst die Eingliederungshilfe ihren Charakter als Fürsorgeleistung verlöre und in eine lebenslange Versorgungsleistung umgewandelt würde, mit kaum übersehbaren rechtlichen und finanziellen Folgen für die Kommunen.

Der Gesetzentwurf eines Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) -Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen ( 279 Seiten!) kann auf der Homepage des DStGB unter www.dstgb.de abgerufen werden.

Az.: III 810 – 9

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