Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 215/2018 vom 26.03.2018

Rückforderung von Zuwendungen bei Verstoß gegen Vergaberecht

In Deutschland besteht mit 126 Milliarden Euro ein großer Nachholbedarf beim Ausbau und der Verbesserung der kommunalen Infrastruktur. Marode Straßen, Brücken und Kanäle, aber auch die erforderliche Sanierung von Schulen und Kindergärten belegen dies eindringlich. Viele der nötigen Investitionen der Kommunen in ihre Infrastruktur sind nur mit öffentlichen Fördermitteln und damit Zuwendungen von Dritter Seite möglich. Diese Zuwendungen haben regelmäßig zur Auflage, dass das Vergaberecht (VOB/A etc.) angewandt wird. Bei Verstößen gegen Vergabevorschriften durch Kommunen kommt es in der Folge aber oft noch Jahre später zu einer (teilweisen) Rückforderung der gewährten Zuwendung.

Nunmehr hat das Verwaltungsgericht Schleswig in einem aktuellen Urteil vom 12.12.2017 (12/A 205/15) entschieden, dass bei Verstößen — auch von Kommunen — gegen Vergabevorschriften die jeweilige Bewilligungsbehörde das ihr zustehende Ermessen für einen Widerruf des Zuwendungsbescheides stets ordnungsgemäß auszuüben hat. Diese Entscheidung ist beispielhaft auch für andere Verfahren.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um die Errichtung einer Kindertagesstätte, für die die Trägerin eine Zuwendung mit der daran geknüpften Nebenbestimmung erhielt, dass bei der Durchführung von Vergabeverfahren unter anderem die Vorgaben der VOB/A zu beachten sind. Wegen angeblicher Nichteinhaltung der VOB/A widerrief die Bewilligungsbehörde in der Folge ihren Zuwendungsbescheid und forderte gewährte Zuwendungsmittel zurück.

Das VG Schleswig hielt die hiergegen gerichtete Klage der Zuwendungsempfängerin für zulässig und auch für begründet. Zwar habe die Klägerin durch die Anwendung der sogenannten Freihändigen Vergabe einen Vergabeverstoß begangen, weil die Voraussetzungen für diese Vergabeart nicht vorlagen. Dies rechtfertige grundsätzlich den Widerruf des Zuwendungsbescheids.

Im vorliegenden Fall seien der Zuwendungsbehörde aber „außergewöhnliche Umstände“ bekannt geworden, die einen rechtsfehlerhaften Gebrauch ihres Rückforderungsermessens begründen. So mussten die Bauarbeiten unter anderem während des laufenden Betriebs durchgeführt werden, so dass die Einhaltung der VOB schwierig war und insbesondere eine alternative Unterbringung der Kinder in Container während der weiteren Bauarbeiten mit zusätzlichen Kosten verbunden gewesen wäre. Insgesamt führe daher der nicht sachgerechte Gebrauch des Ermessens bei der Rückforderung durch die Zuwendungsbehörde dazu, dass die Rückforderung vorliegend nicht gerechtfertigt sei.

Anmerkung

Die Entscheidung des VG Schleswig ist zu begrüßen. Sie macht deutlich, dass die oftmals vorgenommene Gleichung „Vergabeverstoß begründet Rückforderung einer Zuwendung“ so nicht haltbar ist. Vielmehr müssen die Zuwendungsgeber jeweils im Einzelfall ihr Ermessen bei einer Rückforderung der Zuwendung selbst bei einem stattgefundenen Vergabeverstoß sachgerecht ausüben. Bei der Ausübung dieses pflichtgemäßen Ermessens ist stets auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten.

Nach Auffassung des StGB NRW sollten insbesondere rein formale Vergabeverstöße, die ohne Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind, und daher das alleinige Zuwendungsziel einer wirtschaftlichen und sparsamen Vergabe erreichen, keinen Widerruf einer Zuwendung begründen dürfen. Denn insoweit sind das Zuwendungsrecht einerseits und das Vergaberecht andererseits voneinander getrennte Rechtsgebiete. Mit anderen Worten kann es nicht Ziel des Zuwendungsrechts sein, jegliche Vergabeverstöße zu sanktionieren.

Etwaige Verstöße gegen das Vergaberecht müssen vielmehr von den Mitbewerbern und Mitanbietern, gegebenenfalls in vergaberechtlichen Verfahren, geltend gemacht werden. Demgegenüber ist Zweck einer öffentlichen Zuwendung die sparsame und wirtschaftliche Verwendung der gewährten Mittel. Im Einzelfall ist dieser Zweck aber auch trotz eines Vergabeverstoßes erreicht.

Zudem setzt sich der StGB NRW dafür ein, dass vergaberechtliche Hemmnisse bei der Inanspruchnahme von Fördermitteln durch das Land NRW jedenfalls in dem Umfang, der auf Landesebene möglich ist, abgebaut werden. Zu der Gesamtthematik kann außerdem der Beitrag „Rückforderung von Zuwendungen bei Vergaberechtsverstößen“ unter www.dstgb.de (Rubrik: Schwerpunkte / Vergaberecht) heruntergeladen werden.

Az.: 21.1.2.1-002/002

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