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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 323/1998 vom 20.06.1998
Runderlaß zur Niederschlagswasserbeseitigung
Das nordrhein-westfälische Umweltministerium hat der Geschäftsstelle mit Schreiben vom 26. Mai 1998 mitgeteilt, daß nunmehr der Runderlaß zur Niederschlagswasserbeseitigung nach § 51 a LWG fertiggestellt und dem Innenministerium zur Veröffentlichung im Ministerialblatt zugeleitet worden ist. Gegenstand des Runderlasses ist der § 51 a Landeswassergesetz (LWG). Nach § 51 a Abs. 1 LWG NW ist Niederschlagswasser (Regenwasser) von Grundstücken, die nach dem 01. Januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden, vor Ort zu versickern, zu verrieseln oder ortsnah in ein Gewässer einzuleiten, sofern dies ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit möglich ist. Hiernach ist grundsätzlich der Grundstückseigentümer abwasserbeseitigungspflichtig für das Niederschlagswasser, soweit die Voraussetzungen des § 51 a Abs. 1 Satz 1 LWG vorliegen (§ 51 a Abs.2 LWG).
Eine Ausnahme hierzu regelt § 51 a Abs. 4 LWG. Nach dieser Vorschrift gilt § 51 a Abs.1 LWG nicht, wenn Niederschlagswasser, ohne Vermischung mit Schmutzwasser, in einen bereits vorhandenen Regenwasserkanal abgeleitet wird (§ 51 a Abs. 4 Satz 1 LWG). Durch die Worte "abgeleitet wird" in § 51 a Abs. 4 Satz 1 LWG wird dabei deutlich, daß diese Ausnahme nur für diejenigen Grundstücke erfüllt ist, die bereits vor dem 01.01.1996 an ein Regenwasserkanal tatsächlich angeschlossen waren. Etwas anderes gilt für den sog. Mischwasserkanal (§ 51 a Abs. 4 Satz 2 LWG). Hier ist bestimmt, daß unter den dort genannten Voraussetzungen auch nach dem 01.01.1996 Grundstücke im Hinblick auf die Beseitigung des Niederschlagswassers an einen Mischwasserkanal angeschlossen werden können. Diese unterschiedliche Regelung für den Regenwasser- und den Mischwasserkanal ist zwar nicht nachvollziehbar. Mangels einer Regelungslücke kann jedoch § 51 a Abs. 4 Satz 2 LWG nicht in entsprechender Anwendung auf den § 51 a Abs. 4 Satz 1 LWG übertragen werden, so daß in der Praxis im Zweifelsfall "situationsangepaßte Lösungen" ausfindig zu machen sind (vgl. hierzu auch Honert/Rüttgers/Sanden, Landeswassergesetz, Kommentar, § 51 a LWG NW, S. 165 f.).
Der Runderlaß stellt in Ziffer 3.1 zu § 51 a Abs.4 LWG nochmals ausdrücklich fest, daß die Ausnahmevorschrift des § 51 a Abs. 4 LWG den Anwendungsbereich des § 51 a Abs. 1 LWG einschränkt. Der Ausnahmetatbestand solle generell verhindern, daß durch die Aufgabe des Anschlusses des Niederschlagswassers an ein bestehendes Mischsystem bzw. zukünftiges Nichtanschließen an ein vorhandenes System erhebliche Gebührenverschiebungen eintreten oder Betriebszustände auftreten, die bei der zugrunde liegenden früheren Planung nicht berücksichtigt werden konnten. Unter Ziff. 3.3.2 wird hierzu weiter ausgeführt, daß im Einzelfall - neben den technischen Fragen - auch von Bedeutung sein kann, ob der wirtschaftliche Betrieb der Mischkanalisation als öffentliche Einrichtung - auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Gebührenerhebung - bei einer Umstellung auf ortsnahe Niederschlagsentwässerung beeinträchtigt wäre.
Mit Blick auf § 51a Abs. 1 LWG NW wird im Runderlaß unter Ziff. 2.2.3 deutlich gemacht, daß die dort genannten Alternativen der Niederschlagswasserbeseitigung "Versickern, Verrieseln oder ortsnahe Einleitung" grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinanderstehen und deshalb im Einzelfall situationsangepaßte Lösungen entsprechend der gesetzlichen Zielsetzung ermöglicht werden sollen. Von zentraler Bedeutung ist dabei allerdings, daß bei der Festlegung der jeweiligen Alternative "Versickern, Verrieseln, oder ortsnahe Einleitung" das Wohl der Allgemeinheit im jeweiligen Einzelfall nicht beeinträchtigt werden darf. Zu diesem Vorbehalt der Gemeinwohlverträglichkeit führt der Runderlaß in Ziff. 2.2.4 aus, daß mit dem Begriff des "Wohls der Allgemeinheit" u.a. alle wasserwirtschaftlichen Fragestellungen (u.a. Grundwasserschutz-/Hochwasserschutzbelange) und alle anderen Gesichtspunkte des öffentlichen Wohls, insbesondere Natur- und Landschaftsschutz und die Gesundheit der Bevölkerung abzudecken und ggf. gegeneinander abzuwägen sind. Dabei haben sich Beurteilungen nicht nur am Einzelgrundstück zu orientieren, sondern diese sind auf den gesamten Entsorgungsbereich auszurichten. Im Einzelfall kann es nach dem Runderlaß z.B. nicht gemeinwohlverträglich sein, punktuelle Versickerungen vorzusehen, wenn eine Gemeinde den Maßgaben des § 51 a LWG NW auch durch geeignete Beseitigungsverfahren, die den Belangen des Grundwasserschutzes stärker Rechnung tragen, nachkommen kann (z.B. gemeindliche betriebene Mulden-Rigolensysteme oder ortsnahe Einleitung mittels eines Regenwasserkanals).
Der Runderlaß trifft weiterhin unter Ziffer 8 auch Aussagen über die sog. Ermittlungspflichten, d.h darüber, wer zu ermitteln hat, ob eine Versickerung, Verrieselung oder ortsnahe Einleitung des Niederschlagswassers ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit möglich ist. Bei der Aufstellung von Bauleitplänen hat nach dem Runderlaß die Gemeinde als Trägerin der Bauleitplanung die notwendigen Grundlagen für die Niederschlagswasserbeseitigung nach § 51 a Abs. 1 LWG zu ermitteln. Bestehen rechtskräftige Bebauungspläne, für deren Geltungsbereich noch keine genehmigte Kanalisationsnetzplanung vorliegt, besteht ebenfalls die Ermittlungspflicht der Gemeinde. Gleiches gilt, wenn eine Niederschlagswasserbeseitigungssatzung nach § 51 Abs. 3 Satz 1 LWG erlassen werden soll. Hat hingegen die Gemeinde in Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht bereits eine kanalmäßige Erschließung eines Grundstückes sichergestellt, obliegt die Ermittlung der Versickungsfähigkeit des Grundstückes dem Nutzungsberechtigten (z.B. dem Grundstückseigentümer), wenn das Grundstück auf dessen Betreiben hin nicht angeschlossen bzw. bei vorhandenem Anschluß auf ortsnahe Niederschlagswasserbeseitigung umgestellt werden soll. Sofern allerdings auf Betreiben der Gemeinde das Grundstück nicht angeschlossen werden soll, hat die Gemeinde nach Ziff. 8.2 des Runderlasses wiederum die Ermittlungspflicht.
Der Runderlaß stellt unter Ziffer 5 und 6 außerdem klar, daß die Gemeinde Regelungen zur Niederschlagswasserbeseitigung grundsätzlich im Bebauungsplan oder in einer Niederschlagswasserbeseitigungssatzung treffen kann (§ 51 Abs. 3 LWG NW). Dabei bedürfen sowohl die Festsetzungen in einem Bebauungsplan als auch die Festsetzungen in einer Niederschlagswasserbeseitigungssatzung nach § 51 a Abs. 3 Satz 4 LWG der Zustimmung des zuständigen staatlichen Umweltamtes (Nr. 23.1.59 des Verzeichnisses in der Anlage zur Zuständigkeitsverordnung technischer Umweltschutz - ZustVOtU, GV NW 1995, 436).
Az.: II/2 24-18 qu/g