Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 85/2022 vom 14.02.2022

RWE/E.ON-Deal: BGH hält Rechtsbeschwerde gegen BKartA-Entscheidung für unbegründet

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte mit einem nicht veröffentlichtem Beschluss vom 21.09.2021 (Az.: KZV 87/20) eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in einem Verfahren zurückgewiesen, in dem er darüber entschieden hatte, ob die Freigabe des Erwerbs einer Minderheitsbeteiligung von 16,67 Prozent an der E.ON SE durch die RWE AG durch das Bundeskartellamt (BKartA) rechtmäßig war. Mit Beschluss vom 11.01.2022 (Az.: KZV 87/20) hat der BGH nun auch die zulässige Anhörungsrüge gegen diese Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei nicht verletzt worden. Die Beschwerdeführer haben jetzt noch die Möglichkeit, eine Urteilsverfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht zu erheben.

Der BGH führt in seiner Entscheidung aus, dass die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens garantiert, sich vor Erlass einer Entscheidung zu dem Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern. Gewährleistet müsse weiter sein, dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht. Damit sei jedoch kein Anspruch verbunden, dass jedes Argument ausdrücklich beschieden wird. Vielmehr sei grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Parteivorbringen in Erwägung gezogen hat, auch wenn es die von einer Partei gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen nicht teilt.

Soweit die Beschwerdeführerin mit der Anhörungsrüge geltend mache, es liege ein zulassungsrelevanter Subsumtionsfehler des Beschwerdegerichts vor, lasse sich diesem Vortrag keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör entnehmen. Das Verfahren der Anhörungsrüge diene nicht dazu, die Senatsentscheidung nochmals inhaltlich zur Überprüfung zu stellen oder einer Partei die Möglichkeit zu eröffnen, mit dem Senat nach dessen Entscheidung ihren gegenteiligen Rechtsstandpunkt zu diskutieren.

Hintergrund

Das OLG Düsseldorf hatte mit Beschluss vom 04.11.2020 (Az.: 2 Kart 1/20 (V)) eine Beschwerde gegen die Freigabe des BKartA als unzulässig verworfen.

Die Beschwerdeführer hatten geltend gemacht, das Bundeskartellamt sei bereits vor der Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens in ein gesetzlich nicht vorgesehenes faktisches oder „wildes“ Hauptprüfverfahren oder „Prä-Hauptprüfverfahren“ eingetreten, das es am 26.02.2019 abgeschlossen habe. Bei diesem Abschluss habe es sich in der Sache um eine Verfahrensbeendigung nach § 40 Abs. 2 GWB gehandelt. Das Bundeskartellamt habe durch diese Verfahrensgestaltung das Verfahren der Zusammenschlusskontrolle nach § 40 GWB eigenmächtig umgestaltet, den von dem Zusammenschlussvorhaben Betroffenen damit jegliche Anhörungs- und Rechtsschutzmöglichkeiten genommen und dadurch gegen Art. 20 Abs. 3 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen. Die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Bundeskartellamts folge gemäß § 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG auch daraus, dass das Zusammenschlussvorhaben vollständig von der Europäischen Kommission habe geprüft werden müssen. Ziel ihrer Beschwerde sei es, dass die Entscheidung vom 26.02.2019 aufgehoben und ein ordnungsgemäßes Hauptprüfverfahren durchgeführt werde.

Das OLG hatte zunächst darauf verwiesen, dass gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 GWB die Beschwerde nur gegen Verfügungen der Kartellbehörde zulässig sei. Durch Verfügung entscheide das Bundeskartellamt im Verfahren der Zusammenschlusskontrolle gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 GWB im Hauptprüfverfahren. Für das Vorprüfverfahren, womit die Tätigkeit des Bundeskartellamts bis zu einer etwaigen Mitteilung des Eintritts in das Hauptprüfverfahren bzw. bis zum Ablauf der Monatsfrist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GWB beschrieben werde, seien in § 40 GWB keine Verfügungen des Bundeskartellamts geregelt. Die Mitteilung des BKartA, nicht in ein Hauptprüfungsverfahren einzutreten, sei damit für Dritte nicht anfechtbar. Dagegen sprächen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil das Verfahren der Fusionskontrolle nur objektiven Zwecken diene und die Grundrechte, von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen, keinen Schutz vor privater Konkurrenz böten. Eine Anfechtung könne auch das Rechtsschutzziel der Beschwerdeführer nicht mehr erreichen, da gem. § 40 Abs. 1 S. 1 GWB das Vorhaben nicht mehr untersagt werden könne.

Die Entscheidung des BKartA war neben den Entscheidungen der EU-Kommission eine der kartellrechtlich notwendigen Freigaben, um die Transaktion E.ON/RWE/Innogy zu ermöglichen. Gegen die Entscheidungen der EU-Kommission sind vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) Klagen anhängig.

Weitere Informationen:

Der Beschluss des BGH ist zu finden unter: https://juris.bundesgerichtshof.de

Der Beschluss des OLG Düsseldorf ist zu finden unter: www.justiz.nrw.de

Az.: 28.6.1-002/016 we

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