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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 811/2004 vom 21.10.2004
Schwellenwerte im neuen EU-Vergaberecht
Die neuen Vergaberichtlinien der Europäischen Union sind am 30. April 2004 im Amtsblatt der Europäischen Union, L 134, bekannt gemacht worden (Seiten 1 ff. und Seiten 114 ff.). Es handelt sich um folgende Richtlinien:
- Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (Amtsblatt L 134, Seiten 114 ff.).
- Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (Amtsblatt L 134, Seiten 1 ff.).
Damit ist ein jahrelanges Verfahren zur Änderung der EU-Richtlinien zum öffentlichen Auftragswesen abgeschlossen worden (sog. EU-Legislativpaket).
Die wichtigere der beiden Richtlinien ist die Richtlinie 2004/18/EG. Mit dieser Richtlinie werden künftig die drei bislang getrennten Richtlinien für die Vergabe öffentlicher Lieferaufträge, Dienstleistungsaufträge und Bauaufträge nun einheitlich in einer einzigen Richtlinie zusammengefasst. Die zweite Richtlinie mit der Nr. 2004/17/EG betrifft Aufträge von öffentlichen Auftraggebern aus den sog. Sektorenbereichen (Wasser, Energie, Verkehr, Postdienste); diese Richtlinie heißt deshalb Sektorenrichtlinie.
Die für die Praxis wichtigste Änderung ist die Heraufsetzung des sog. Schwellenwerts, ab dem europaweite Ausschreibungen notwendig sind. Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen wird der Schwellenwert von 200.000 Euro auf 249.000 Euro angehoben, bei öffentlichen Bauaufträgen von 5 Mio. Euro auf 6,242 Mio. Euro. Damit wird zum Teil, aber nicht im nötigen Umfang den dringenden Forderungen der kommunalen Spitzenverbände Rechnung getragen, die vor allem bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen (z.B. Kauf von beweglichen Sachen, Müllabfuhr) eine noch stärkere Erhöhung des Schwellenwerts gefordert haben. Diese Forderung beruht auf der Erfahrung, dass bei in Deutschland durchgeführten europaweiten Ausschreibungen nur in sehr geringem Umfang (nur wenige Prozent) außerdeutsche Firmen Angebote abgeben. Angesichts dieser Tatsachen stellt ein europaweites Ausschreibungsverfahren einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand dar.
Wichtig: Bis auf weiteres gelten weiterhin die bisher gültigen Schwellenwerte, die in § 2 der Vergabeverordnung aufgeführt sind. Wann und in welcher Höhe neue Schwellenwerte mit unmittelbarer Gültigkeit festgesetzt werden, ist zu Zeit noch offen. Einerseits hat die EU angekündigt, sie werde eine unmittelbar in den Mitgliedsstaaten geltende EU-Verordnung erlassen, allerdings mit einer etwas geringeren Erhöhung als in den genannten EU-Richtlinien. Andererseits hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit angekündigt, es werde in einer neuen Vergabeverordnung eigene deutsche Schwellenwerte festsetzen, die zwar etwas höher sind als bisher, aber niederer als die in den EU-Richtlinien genannten. Vollzogen wurden diese Ankündigungen bis jetzt noch nicht, so dass nach wie vor die bisher gültigen Schwellenwerte gelten.
Az.: II schw/g