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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 352/2001 vom 05.06.2001
Stadt Münster zum PCB-Problem in Gebäuden
Nicht zuletzt aufgrund der Einführung der PCB-Richtlinie in Nordrhein-Westfalen Mitte 1996 (Ministerialblatt 1996, S. 1260 ff.) wurde in der Stadt Münster eine umfassende Untersuchung städtischer Gebäude auf PCB-haltige Baustoffe (offene Verwendung) eingeleitet. Von 370 untersuchten Gebäuden wurden in 85 Materialproben mit PCB-Werten über 50 mg/kg entnommen. Bei den mehrfach durchgeführten repräsentativen Raumluftmessungen in diesen 85 Gebäuden und nach Durchführung auswärtiger Erhebungen in diesen Gebäuden grenzte sich der weitere Handlungsbedarf auf insgesamt 19 Gebäude bzw. Gebäudeabschnitte ein. Bei den zwei Gebäuden, in denen einzelne Meßwerte der Raumluftmessungen den Interventionswert von 3.000 ng/m 3 überschritten, sind unverzüglich Sofortmaßnahmen (Freiziehen der betroffenen Räume bzw. Reduzierung der Belastungen durch Ausbau der Materialien) durchgeführt worden. Nach detaillierter Sanierungsplanung sind zwischenzeitlich umfassende Sanierungen erfolgt. Die Kosten für die Voruntersuchungen (Materialanalyse) beliefen sich auf rd. 170.000 DM für 370 Gebäude unterschiedlichster Nutzung und Größe. Die Kosten der Raumluftmessungen nach der Voruntersuchung beliefen sich auf rd. 50.000 DM für 320 Messungen in 85 Gebäuden. Die Erhebung einschließlich Raumluftkontrollmessungen und Erstellung von Schadstoffkatastern beliefen sich auf rd. 280.000 DM für Gebäude. Die Gesamtkosten des Sanierungsprogramms für die 19 betroffenen Gebäude - derzeit sind schon 5 Gebäude erfolgreich saniert - belaufen sich auf rd. 3,6 Mio. DM.
Die in der Stadt Münster für die städtischen Gebäude praktizierten Vorgehensweise, insbesondere auch der offene Umgang mit Informationen und die Einbeziehung der Gebäudenutzer, hat sich bewährt. Durch diese Vorgehensweise mit dem Problembaustoff PCB wurde und wird das Thema offenkundig aufgegriffen und im Interesse der Gebäudenutzer angegangen. Städte und Gemeinden, die sich über die Lösung der PCB-Problematik in der Stadt Münster unterrichten wollen, sollten sich mit der Stadt Münster in Verbindung setzen.
Ergänzend weist die Geschäftsstelle zur Anwendung der PCB-Richtlinie NRW auf folgendes hin: Sanierungsmaßnahmen sind nach Mitteilungen des Bauminsteriums NRW aus den Jahren 1997 und 1998 dann einzuleiten, wenn der Wert von 3.000 ng PCB pro m³ Luft überschritten wird. Dies ergibt sich im übrigen auch aus der PCB-Richtlinie unter Ziffer 3.1. Denn dort ist bestimmt, daß bei einer Raumluftkonzentration von oberhalb 3.000 ng PCB pro m³ Luft akute Gesundheitsgefahren nicht auszuschließen sind, so daß hierin ein Interventionswert für Sofortmaßnahmen zu sehen ist. Weiterhin ist unter Ziffer 3.1 der PCB-Richtlinie NRW (Ministerialblatt 1996, S. 1260 ff.) auch festgelegt, daß Raumluftkonzentration unter 300 ng PCB pro m³ Luft tolerabel sind. Dies bedeutet konkret: Erst wenn dieser tolerable Wert überschritten wird, besteht ein PCB-Problem. Vor diesem Hintergrund bleibt die entscheidende Frage, wie bei Raumluftkonzentrationen zwischen 300 und 3.000 ng PCB pro m³ Luft zu verfahren ist. Hier bestimmt die PCB-Richtlinie NRW unter Ziffer 3.1, daß die Quelle der Raumluftverunreinigung aufzuspüren und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit mittelfristig zu beseitigen ist. Unter dem Gesichtspunkt der gesundheitlichen Vorsorge kann zu den Werten zwischen 300 und 3.000 PCB pro m³ Luft nur empfohlen werden, zunächst auf jeden Fall die Quelle der Raumluftverunreinigung aufzuspüren. Mit dem Aufspüren besteht auch die Möglichkeit, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, welche Sanierungsmaßnahmen und Sanierungskosten entstehen können. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß PCB insbesondere enthalten sein kann in
<DIR>- dauerelastischen Fugendichtungsmassen als Gebäudetrennfugen, Bewegungsfugen zwischen Betonfertigteilelementen, Anschlußfugen (Fenster, Türzargen), Glasanschlußfugen an Fenstern, Fugen im Sanitärbereich (selten),
- Anstrichstoffen und Beschichtungen,
- Klebstoffen,
- Deckenplatten (als Weichmacher bzw. Flammschutzmittel),
- Kunststoffen,
</DIR>- Kabelummantelungen.
Die Formulierung in Ziffer 3.1 der PCB-Richtlinie NRW, wonach Raumluftkonzentrationen zwischen 300 und 3.000 ng PCB pro m³ Luft unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit mittelfristig zu beseitigen sind, kann daher unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Vorsorge so ausgelegt werden, daß eine Sanierung um so kurzfristiger eingeleitet werden sollte, je mehr die Raumluftkonzentration an den Wert von 3.000 ng PCB pro m³ Luft heranreicht. Denn ab 3.000 ng PCB pro m³ Luft ist der sogenannte Interventionswert für Sofortmaßnahmen erreicht. Werden hingegen Raumluftkonzentrationen festgestellt, die an den Wert in der Nähe von 300 ng PCB pro m³ Raumluftkonzentration heranreichen, so bedeutet mittelfristig nicht zeitlich gesehen kurzfristig, weil Raumluftkonzentrationen unterhalb 300 ng PCB pro m³ Luft als langfristig tolerabel angesehen werden. Vor diesem Hintergrund sollte im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der Raumluftkonzentrationen und der entstehenden Sanierungskosten sowie dem Gesichtspunkt der gesundheitlichen Vorsorge (Höhe der Raumluftkonzentrationen) entschieden werden, in welchem Zeitraum Sanierungsmaßnahmen bei Raumluftkonzentrationen zwischen 300 und 3.000 ng PCB pro m³ Luft eingeleitet werden können. Dabei kann aus dem Wort "mittelfristig" auch entnommen werden, daß PCB-Maßnahmen mit anderen Bau- und Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden verbunden werden können.
Az.: II/2 70-78