Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 414/2021 vom 30.07.2021
Städteinitiative Tempo 30
Eine Initiative mehrerer Städte spricht sich für erweiterte Handlungsspielräume bei der Anordnung von Tempo 30 innerorts sowie für Modellversuche einer stadtweiten Einführung von Tempo 30 aus. Hierbei wird betont, dass auch weiterhin höhere Geschwindigkeiten auf ausgewählten Straßenabschnitten gelten sollen. Die Initiative greift damit auch Forderungen der drei kommunalen Spitzenverbände im Rahmen des Bündnisses für moderne Mobilität auf. Dort fordert der DStGB zwar keine Regelumkehr, jedoch mehr kommunale Gestaltungsmöglichkeiten für reduzierte Geschwindigkeit innerorts sowie außerorts, um die Verkehrssicherheit und den Klimaschutz zu stärken und auch zur Reduzierung des Schilderwalds beizutragen.
Die Kernforderung der neuen Städteinitiative, welche bislang die Städte Aachen, Augsburg, Freiburg, Hannover, Leipzig, Münster, Ulm, Bonn und Karlsruhe umfasst, ist „ein neuer straßenverkehrsrechtlicher Rahmen, der es ihnen ermöglicht, Tempo 30 als verkehrlich, sozial, ökologisch und baukulturell angemessene Höchstgeschwindigkeit dort anzuordnen, wo sie es für sinnvoll erachten – auch für ganze Straßenzüge im Hauptverkehrsstraßennetz und ggf. auch stadtweit als neue Regelhöchstgeschwindigkeit“.
Die an der Initiative beteiligten Städte erklärten im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung der Städte mit Agora Verkehrswende und dem Deutschen Städtetag:
- Wir bekennen uns zur Notwendigkeit der Mobilitäts- und Verkehrswende mit dem Ziel, die Lebensqualität in unseren Städten zu erhöhen.
- Wir sehen Tempo 30 für den Kraftfahrzeugverkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen als integrierten Bestandteil eines nachhaltigen gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts und einer Strategie zur Aufwertung der öffentlichen Räume.
- Wir fordern den Bund auf, umgehend die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Kommunen im Sinne der Resolution des Deutschen Bundestags vom 17.01.2020 ohne weitere Einschränkungen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts dort anordnen können, wo sie es für notwendig halten.
- Wir begrüßen ein vom Bund gefördertes begleitendes Modellvorhaben, das wichtige Einzelaspekte im Zusammenhang mit dieser Neureglung vertieft untersuchen soll (u. a. zu den Auswirkungen auf den ÖPNV, zur Radverkehrssicherheit und zu den Auswirkungen auf das nachgeordnete Netz), um ggf. bei den Regelungen bzw. deren Anwendung nachsteuern zu können.
Der Deutsche Bundestag hat am 17.01.2020 in seiner mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommenen Entschließung „Sicherer Radverkehr für Vision Zero im Straßenverkehr“ einen Auftrag an den Bund formuliert, den Kommunen die Möglichkeit zu eröffnen, von der innerörtlichen Regelhöchstgeschwindigkeit von 50 km/h nach eigenem Ermessen auch auf Hauptverkehrsstraßen abzuweichen, wenn es den stadtpolitischen Zielen dient. So wird in der Entschließung u. a. gefordert, „es Kommunen durch eine Veränderung der gesetzlichen Vorgaben zu erleichtern, innerorts die Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 km/h für ganze Straßen unabhängig von besonderen Gefahrensituationen anzuordnen“.
Im Rahmen einer weiteren Entschließung „Vision Zero – Unser Leitbild für die Verkehrssicherheit“ wurde die Bundesregierung u. a. aufgefordert „es Kommunen durch eine Veränderung der gesetzlichen Vorgaben zu erleichtern, innerorts die Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 km/h für einzelne Straßen unabhängig von besonderen Gefahrensituationen anzuordnen, ohne dass es dabei zu flächendeckenden Tempo-30-km/h-Gebieten kommt“.
Die Verkehrsministerkonferenz der Länder (VMK) hat am 16.04.2021 zum Tagesordnungspunkt „Sicherheit und Attraktivität des Fußverkehrs“ den Bund einstimmig aufgefordert, die in einer Ad-Hoc-AG der VMK erarbeiteten Vorschläge „im Rahmen einer zeitnahen Novellierung des Rechtsrahmens, insbesondere von StVO, der VwV-StVO und Straßenverkehrsgesetz, in Abstimmung mit den Ländern ggf. zu berücksichtigen“. Zu diesen Vorschlägen gehört u. a. eine Ergänzung des § 39 StVO („Innerhalb geschlossener Ortschaften ist auch auf Vorfahrtsstraßen (Zeichen 306) mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von weniger als 50 km/h zu rechnen“) und ein Modellversuch zur Umkehrung der Regelgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h auf 30 km/h.
Eine intensive Diskussion zu erweiterten Handlungsmöglichkeiten für niedrigere Geschwindigkeiten wird auch im Rahmen des Bündnisses für moderne Mobilität zwischen Bund, Ländern und Kommunen geführt. Hierzu zählen insbesondere die Veränderung der gesetzlichen Vorgaben zur erleichterten Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 km/h für einzelne Straßen innerorts, unabhängig von besonderen Gefahrensituationen. Teile der Länder sehen jedoch bislang keinen Handlungsbedarf für die von den kommunalen Spitzenverbänden vorgeschlagene Erweiterung der kommunalen Handlungsspielräume bei der Anordnung von Geschwindigkeitsbegrenzungen. Sie verweisen darauf, dass abseits von Hauptverkehrsstraßen Geschwindigkeitsbeschränkungen schon nach geltendem Recht ohne den Nachweis einer besonderen Gefahrenlage nach § 45 Abs. 9 StVO angeordnet werden können (Tempo 30-Zonen, Fahrradzonen, Fahrradstraßen, verkehrsberuhigte Bereiche usw.). Zudem ist es möglich, Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Lärmschutzgründen oder Tempo 30 im Nahbereich sozialer Einrichtungen anzuordnen – beides ebenfalls unabhängig vom Unfallgeschehen, bezogen auf konkrete Abschnitte von Straßen, in denen die Voraussetzungen vorliegen. Vor dem Hintergrund der Stärkung der Verkehrssicherheit und des Klimaschutzes hat sich der Bund jedoch offen gezeigt, Handlungsoptionen zu prüfen.
Weitere Informationen können unter folgenden Links abgerufen werden:
Positionspapier der Städteinitiative: https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2021/T30/Positionspapier__Staedteinitiative_Tempo30_050721_oU.pdf
Bericht des Bündnisses für moderne Mobilität auf der Webseite des DStGB: https://www.dstgb.de/themen/mobilitaet/aktuelles/high-level-meeting-des-buendnisses-fuer-moderne-mobilitaet/
Az.: 33.0-003/002