Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 60/2010 vom 19.01.2010

Stellungnahme zum Abfallwirtschaftsplan II

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat mit Datum vom 9.1.2010 gegenüber dem Landtag zu dem Entwurf eines landeseinheitlichen Abfallwirtschaftsplan im Hinblick auf die vergaberechtlichen Gesichtspunkte und das im Jahr 2010 anlaufende Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) wie folgt Stellung genommen:

 

1. Vergaberechte Gefährdung des Prinzips der Autarkie und der Nähe

 

Der Entwurf stellt heraus, dass die Einhaltung der auch in der novellierten Abfallrahmenrichtlinie festgeschriebenen Prinzipien der Entsorgungsautarkie und der Nähe dadurch sichergestellt werden soll, dass im Rahmen der Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen in den Leistungsbeschreibungen durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Vorgabe gemacht wird, dass nur solche Anbieter nachgefragt werden, die eine Entsorgung in NRW und in der Nähe des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gewährleisten können. Hierdurch wird den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern ein nicht zu unterschätzendes vergaberechtliches Risiko bei der Ausschreibung von Entsorgungsdienstleistungen aufgebürdet. Sollte dieses Risiko in vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren und Gerichtsverfahren zum Tragen kommen, so wäre nicht nur dem Prinzip der Entsorgungsautarkie, sondern auch dem Prinzip der Entsorgungsnähe und damit dem Klimaschutz ein erheblicher Schaden zugefügt. In diesem Zusammenhang wird selbst im Entwurf (S. 22) eingeräumt, dass die Vorgabe an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, bei einer öffentlichen Ausschreibung die Grundsätze der Entsorgungsautarkie, Entsorgungssicherheit und Entsorgungsnähe bei der Leistungsbeschreibung einzubinden, potentiell im Widerspruch zu dem in Art. 2 der EU-Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge niedergelegten Grundsatz der Gleichbehandlung aller Wirtschaftsteilnehmer steht, der auch im deutschen Vergaberecht (§ 97 Abs. 1 GWB) seine Ausprägung erfahren hat. Leider enthält der AWP keinen Hinweis darauf, wie dieses Risiko vermieden werden könnte.

 

Darüber hinaus stellen die entsprechenden Regelungen des Abfallwirtschaftsplanes auch ungeachtet dieses Problems noch keinesfalls die Sicherstellung der Einhaltung insbesondere des Prinzips der Entsorgungsnähe dar; sie beschränken sich auf unbestimmte Umschreibungen, die letztlich dazu führen, dass im Zweifelsfall der Preis und nicht die Nähe entscheidendes Kriterium sein wird. Das Prinzip der Nähe wird mit dem Abfallwirtschaftsplan somit nicht umgesetzt, sondern lediglich erwähnt. Dies dürfte keine ausreichende Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie und insofern einen Verstoß gegen Europarecht darstellen.

 

2. Anpassung des § 29 KrW-/AbfG an die EU-Abfallrahmenrichtlinie

 

Das Gesetzgebungsverfahren zur Anpassung des KrW-/AbfG an die EU-Abfallrahmenrichtlinie wird im Jahr 2010 durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang wird auch eine Neufassung des § 29 KrW-/AbfG zur Abfallwirtschaftsplanung in Deutschland stehen, wodurch sich auch Auswirkungen auf die Abfallwirtschaftsplanung in Nordrhein-Westfalen ergeben werden. In Anbetracht der Tatsache, dass zurzeit in Nordrhein-Westfalen eine funktionierende Struktur der Entsorgung von Siedlungsabfällen besteht, die den Grundsätzen der Entsorgungsautarkie, Entsorgungssicherheit und Entsorgungsnähe auch im Hinblick auf den Klimaschutz in vollem Umfang gerecht wird, bedarf es keiner „übereilten“ inhaltlichen Fortschreibung der Abfallwirtschaftsplanung. Unabhängig davon besteht zurzeit noch keine Klarheit darüber, wie sich die zukünftige fünfstufige Abfallhierachie (Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, stoffliche Verwertung, energetische Verwertung, Beseitigung) auf die Abfallströme und Entsorgungswege auswirken wird. Hierbei ist insbesondere noch nicht geklärt, in welcher Art und Weise zukünftig im deutschen Recht die stoffliche Verwertung von der energetischen Verwertung abgegrenzt wird bzw. welche Angrenzung zwischen „Abfälle zur Beseitigung“ einerseits und „Abfällen zur energetischen Verwertung“ andererseits gelten wird. Auch hierdurch können sich maßgebliche Änderungen im Hinblick auf die Abfallströme und die zu entsorgenden Abfallmengen ergeben.

 

Insgesamt ist es daher im Hinblick auf den Planungshorizont 2010/2020 angezeigt, dass zunächst das Änderungsverfahren zum KrW-/AbfG abgewartet wird und zeitlich danach im Lichte der Erkenntnisse der neuen Gesetzeslage eine Fortschreibung erfolgt. Vor diesem Hintergrund wird diesseits nochmals unterstrichen, dass es geboten ist, zunächst die bestehenden Abfallwirtschaftspläne in einen landeseinheitlichen Abfallwirtschaftsplan zu überführen.

Az.: II/2 31-20 qu/qu

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