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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 377/2009 vom 22.06.2009
Stellungnahme zur EU-Wasserrahmenrichtlinie II
Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände in NRW hat zu dem Entwurf eines Bewirtschaftungsplanes/Maßnahmenprogrammes mit Datum vom 17.6.2009 gegenüber dem Umweltministerium NRW zu den Themen-Bereichen „Kommunale Abwasserbeseitigung sowie Maßnahmen an der Gewässerstruktur“, wie folgt Stellung genommen:
„1. Kommunale Abwasserbeseitigung
1.1 Fremdwasser-Problematik
Im Entwurf des Bewirtschaftungsplanes ist als eine Maßnahme zur Verbesserung der Gewässergüte auch die Herausnahme von Fremdwasser (Grund- und Drenagewasser) aus dem öffentlichen Schmutz- bzw. Mischwasserkanalnetz als ein Baustein zur Verbesserung der Gewässergüte dargestellt. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Fremdwasser-Problematik eine vielschichtige Gemengelage darstellt. Die Herausnahme von Fremdwasser aus einem Schmutzwasserkanalnetz oder einem Mischwasserkanalnetz ist regelmäßig mit erheblichen Kosten für die Grundstückseigentümer verbunden, wenn diese z. B. das gesamte Entwässerungssystem auf ihrem Privatgrundstück umstellen müssen. Dieses Erfordernis ergibt sich z. B. dann, wenn neben dem vorhandenen Mischwasser-Kanalsystem ein neuer Schmutzwasserkanal gebaut wird und zukünftig das Niederschlagswasser und das Grund- und Drainagewasser nur noch über den alten Misch-Kanal abgeleitet wird, der dann lediglich noch als Regenwasserkanal weiter genutzt wird. In derartigen Fällen können auf den privaten Grundstückseigentümer Kosten von ca. 3.000 bis 8.000 € zukommen, wenn er sein Schmutzwasser an den neuen Schmutzwasserkanal in der öffentlichen Straße anschließen muss. Insoweit kann eine Förderung über das Investitionsprogramm Abwasser (Förderbaustein 6.3) zwar eine Milderung der finanziellen Belastung bewirken. Die maximale Förderquote beträgt jedoch lediglich 30 %, so dass nach wie vor 70 % der Kosten durch den privaten Grundstückseigentümer aufzubringen sind. Eine Lösung dieser Gesamtproblematik ist deshalb nicht ohne Weiteres möglich. Die Erfahrungssätze aus Pilotprojekten zeigen, dass eine intensive und konstruktive Auseinandersetzung mit den Grundstückseigentümern unerlässlich ist. Hinzu kommt, dass sich Fremdwasser-Zuflüsse in das öffentliche Kanalnetz gerade in Berg- und Talregionen nicht komplett abstellen lassen, deshalb kann auch hier nur die Anwendung einer Art „Trittstein-Methode“ geboten sein, d. h. Fremdwasserprobleme werden dort abgestellt, wo sie nachweisbar am größten sind.
1.2 Niederschlagswasser-Vorbehandlung
Weiterhin wird in dem Entwurf zum Bewirtschaftungsplan darauf hingewiesen, dass bei der Frage der Niederschlagswasser-Behandlung noch grundsätzlich Klärungsbedarf besteht. Diese Einschätzung wird von den kommunalen Spitzenverbänden unterstützt, zumal zunächst abgeklärt werden muss, ob und inwieweit eine Verbesserung der Gewässergüte durch Maßnahmen der Niederschlagswasser-Vorbehandlung vor Einleitung in ein Gewässer dazu beitragen kann, die Gewässergüte überhaupt maßgeblich zu verbessern (Monitoring). Auch hier reicht es nicht aus, nur auf die Niederschlagswasser-Einleitungen aus der öffentlichen Abwasseranlage über Regenwasserkanäle in Gewässer abzustellen: Eine ganzheitliche Verbesserung der Gewässergüte kann nur dann erreicht werden, wenn auch die anderen Direkteinleiter wie z. B. Gewerbebetriebe oder Straßenbaulastträger mit in die Pflicht genommen werden, Beiträge zur Verbesserung der Gewässergüte durch die Vorbehandlung von Niederschlagswasser zu leisten, wenn dies erforderlich ist.
Im Übrigen weisen wir darauf hin, dass in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Niederschlagswasserbehandlung im Februar 2009 durch die kommunalen Spitzenverbände auf der Bundesebene gemeinsam mit den Ländern Rheinland-Pfalz und Bayern klar die Auffassung vertreten worden ist, dass Problemstellungen im wasserrechtlichen Einzelvollzug abgearbeitet werden sollten und deshalb auch ein weiterer bzw. neuer Anhang zur Abwasserverordnung des Bundes im Hinblick auf die Niederschlagswasserbehandlung nicht erforderlich ist. Deshalb wird nunmehr zunächst ausgiebig geprüft werden müssen, welche kostengünstigen Maßnahmen der Vorbehandlung des Regenwassers es gibt. Hierzu können z. B. Kanalschächte mit Filter-Reinigungsfunktionen oder Granulat-Kästen als Ersatz für große Regenklärbecken gehören: Die Kommunen haben ein nachhaltiges Interesse daran, dass im Hinblick auf die Regenwassergebühr keine neuen Gebührensteigerungen notwendig werden. Deshalb ist es - mehr denn je - erforderlich,, kostengünstige Maßnahmen der Niederschlagswasservorbehandlung herauszuarbeiten, um auch eine verträgliche Entwicklung bei den Regenwassergebühren sicher stellen zu können, die nunmehr flächendeckend in Nordrhein-Westfalen zu erheben sind. Auch muss im Einzelfall stets geprüft werden, welche Maßnahme welches Maßnahmenträgers für die Gewässergüte den größten Effekt bringt (Verursacher- und Maßnahmen-Analyse). Dabei sind alle Regenwasser-Einleiter zu betrachten, z. B. auch der Gewerbebetrieb oder der Straßenbaullastträger als Direkteinleiter in einen Fluss oder Bach als Gewässer (s. o.).
2. Maßnahmen an der Gewässerstruktur
Nach den Ergebnissen der Bestandsaufnahme sind in Nordrhein-Westfalen Maßnahmen an der Gewässerstruktur (wie z. B. Fischausstiege, Links-Rechts–Schleifen in Gewässer) von Bedeutung, da sich in begradigten Gewässern keine vernünftige Entwicklung der Gewässergüte ergeben kann. Maßnahmen an der Gewässerstruktur dienen zudem dem wichtigen Thema Hochwasserschutz, weil z. B. eine Gewässerrenaturierung mit Links-Rechts-Schleifen den Wasserabfluss verlangsamen und die Gewässergüte verbessern kann. Im Hinblick auf Gewässerausbaumaßnahmen ist es deshalb unerlässlich, dass das Land seine Zusage einhält, Gewässerausbau-Maßnahmen mit bis zu 80 % zu fördern. Der verbleibende Eigenanteil der Gewässerausbau-/-unterhaltungspflichtigen sollte dabei nach Möglichkeit dadurch erbracht werden können, dass der naturschutzrechtliche Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft in Gewässer-Verbesserungsmaßnahmen eingebunden und hierdurch der Eigenanteil von 20 % finanziert wird. Kann der Eigenanteil nicht anderweitig aufgebracht werden, müsste dieser ansonsten über allgemeine Haushaltsmittel finanziert werden, zumal sich in den vergangenen 10 Jahren gezeigt hat, dass die Regelungen zur Umlegung der Gewässerausbaukosten (§ 89 LWG NRW), zur Umlage der Gewässerunterhaltungskosten (§§ 90 ff., 92 LWG NRW) und zum Deichbau und zur Deichunterhaltung (§§ 107, 108, 103 LWG NRW) keine gerichtsfeste Grundlage für entsprechende Satzungen darstellen, sondern mit vielfältigen Prozessrisiken belegt sind.
Insgesamt sollte daher nicht nur der Vergleich von Kosten und Nutzen, sondern auch die Belastbarkeit der Maßnahmenträger im Vordergrund stehen: Zwar stehen zur Unterstützung bei der Finanzierung der Maßnahmen zahlreiche Fördermöglichkeiten zur Verfügung, jedoch sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass der – wenn auch reduzierte – Eigenanteil beim jeweiligen Maßnahmenträger von erheblicher Bedeutung sein kann. Dies sollte bei der Priorisierung der Maßnahmen mit berücksichtigt werden. Der Hinweis auf eine Refinanzierung über Gebühren und Beiträge hilft den Kommunen wenig. Die zukünftigen Förderrichtlinien müssen daher im Hinblick auf die Rangfolge von Maßnahmen durchlässig gestaltet werden. Wir gehen außerdem davon aus, dass bekannt ist, dass etwa 1/3 der nordrhein-westfälischen kreisfreien Städte und Kreise der Haushaltssicherung unterliegen. Für diese wären entweder nur 100 %-Förderungen oder die naturschutzrechtliche Ausgleichslösung als Eigenanteil denkbar. Deshalb ist es bedauerlich, dass das „Konzept zur naturnahen Entwicklung von Fließgewässern (KNEF)“ auf damit verbundene Fragen nicht eingeht. In diesem Zusammenhang weisen wir auch nochmals darauf hin, dass der so genannte KNEF-Erlass vom 04.03.2009 einer konstruktiven Anwendung bedarf. Dieses gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass Gewässerausbaumaßnahmen wie z. B. der Wiedereinbau von Links-Rechts-Schleifen in ehemals begradigten Gewässern auch den positiven Effekt haben können, dass Regenrückhaltebecken kleiner oder überhaupt nicht mehr gebaut werden müssen“.
Die gesamte Stellungnahme kann im Intranet des StGB NRW unter der Rubrik „Umwelt“ abgerufen werden.
Az.: II/2 24-30 qu-qu