Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 659/2001 vom 05.11.2001
Steuerabzug bei Bauleistungen
In den Mitteilungen Nr. 622/2001 vom 05.10.2001 hatte die Geschäftsstelle ausführlich über die Inhalte des Gesetzes zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe berichtet.
Dieses zum 7. September 2001 in Kraft getretene Gesetz berührt kommunale Belange, in denen es eine "Bauabzugssteuer" vorsieht, die für die Städte und Gemeinden mit einem hohen Verwaltungsaufwand und unter gewissen Umständen auch mit Haftungsrisiken verbunden ist.
Eine Nachfrage der Geschäftsstelle beim Deutschen Städte- und Gemeindebund hat ergeben, daß die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene entgegen der in den Geschäftsordnungen der Bundesministerien festgelegten Regelungen am Gesetzgebungsverfahren nicht beteiligt wurden. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat unseren Hinweis zum Anlaß genommen, das nachfolgend wiedergegebene Schreiben an den Bundesminister der Finanzen zu richten:
"Sehr geehrter Herr Bundesminister Eichel,
der Deutsche Städte- und Gemeindebund ist an dem Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Eindämmung illegaler Betätigung im Baugewerbe, das am 7. September 2001 in Kraft getreten ist, nicht beteiligt worden.
Ein solches Vorgehen steht in Widerspruch zur Neufassung der gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, mit welcher die Bundesregierung zugesichert hat, bei allen kommunalrelevanten Gesetzesinitiativen die kommunalen Spitzenverbände rechtzeitig in etwaige Beratungen einzubeziehen. Das vorliegende Gesetz berührt dadurch kommunale Belange, dass es eine "Bauabzugsteuer" vorsieht, die den Städten und Gemeinden einen hohen Verwaltungsaufwand und zusätzliche Haftungsrisiken verschafft.
- Das Gesetz erhöht den Verwaltungsaufwand in den Städten und Gemeinden
Nach dem 1. Januar 2002 sind alle kommunalen Auftraggeber von Bauleistungen verpflichtet, auf die Masse größerer Baurechnungen einen Quellensteuerabzug in Höhe von 15% vorzunehmen, soweit keine Freistellungsbescheinigung (§ 48 b EStG) vom jeweiligen Unternehmer bzw. Auftraggeber vorgelegt wird. Hierdurch wird auf Seiten der kommunalen Auftraggeber ein erhöhter Verwaltungsaufwand erzeugt, der insbesondere aus dem Kontrollaufwand für Freistellungsbescheinigungen resultiert. Wie das umfangreiche Merkblatt des BMF hierzu zeigt (sieben Seiten plus mehrseitige Anlage), müssen sich die kommunalen Beschäftigten in einen umfangreichen Aufgabenkomplex einarbeiten und die neue Aufgabe dann in der Praxis präzise bewältigen, um den zusätzlich vorgesehenen Haftungsrisiken zu entgehen. Dabei müssen auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe wie "Bauleistungen" und "Bauwerke" beherrscht werden, was das Studium von Teilen der umfangreichen Baubetriebe-Verordnung voraussetzt und die Umsetzung des im Merkblatt angegebenen BAG-Urteils vom 21.01.1976 -4 AZR 71/; AP Nr. 27 zum Begriff des "Bauwerks". Ferner muss eine lückenlose Vorlage von gültigen Freistellungsbescheinigungen praktisch fehlerfrei garantieren werden, um finanzielle Nachteile von der Kommune abzuwenden. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung müssen die Kommunalbediensteten den Abzugsbetrag in Höhe von 15% der Bruttovergütung einbehalten, innerhalb von 10 Tagen nach Erbringen der Gegenleistung an das für den Leistenden zuständige Finanzamt abführen und eine Steueranmeldung auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck abgeben. Sie betätigen sich somit wie Mitarbeiter der Finanzverwaltung für die Belange der Landesfinanzverwaltung. Schließlich ist der kommunale Auftraggeber verpflichtet, mit dem Auftragnehmer über den Steuerabzug abzurechnen.
- Das Gesetz führt zu zusätzlichen Haftungsrisiken für Städte und Gemeinden
Durch die Bauabzugsbesteuerung wird auf Seiten der kommunalen Auftraggeber auch ein erhöhtes Haftungsrisiko erzeugt. Kommt ein Auftraggeber seiner Abzugspflicht nicht nach, haftet er gemäß § 48 a Abs. 3 EStG für den unterlassenen Steuerabzug, d.h. er muss den Abzugsbetrag in Höhe von 15% der Gegenleistung - zusätzlich zu der in voller Höhe an den Auftragnehmer ausgezahlten Vergütung - an das Finanzamt entrichten. Hierzu kann es schnell kommen, ohne dass dem Auftraggeber ein grobes Verschulden vorzuwerfen wäre. So kann bei einer Leistung unter der Freigrenze von 5000 EUR zunächst davon ausgegangen werden, dass den kommunalen Auftraggeber keine Abzugspflicht trifft. Wird dieser Betrag aber noch im selben Jahr durch einen weiteren Bauleistungsvertrag mit demselben Leistenden überschritten, sieht das Gesetz auch für den ersten Vertrag eine Pflicht zur Abführung von 15 % vor, weil sich die Freigrenze auf die Summe der Vertragswerte mit einem Leistenden in dem selben Jahr bezieht.
- Das Gesetz verteuert Bauvorhaben und kann im Einzelfall ihren Verzicht bewirken
Die Zuwächse an Verwaltungsaufwand und Haftungsrisiken stellen schließlich auch Faktoren dar, die bei jeder Entscheidung über Bauvorhaben zu berücksichtigen sind. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass künftig aufgrund dieses Gesetzes manches Vorhaben unterbleiben muss oder sich zumindest verteuert.
Vor diesem Hintergrund verbinden wir unsere Kritik an diesem Gesetz mit der klaren Forderung, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände künftig bei allen kommunalrelevanten Gesetzesinitiativen rechtzeitig einzubeziehen. Da der Bundesinnenminister für die Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände gemäß der gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien zuständig ist, wenden wir uns in einem parallelen Schreiben auch an ihn."
Die Geschäftsstelle wird über die weitere Entwicklung berichten.
Az.: IV/1 921-00