Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 283/1999 vom 05.05.1999

Steuerliche Behandlung von Familien

Das BVerfG hatte in seinen Beschlüssen vom 10. November 1998 zu den Kinderfreibeträgen gefordert, dass bei der Besteuerung der Familien ein verfassungsrechtlich gebotenes Existenzminimum für Kinder von der Besteuerung freigestellt sein muß. Zur Umsetzung des Urteils befaßt sich das BMF zur Zeit mit einer grundlegenden Neuregelung der Familienbesteuerung. Außerdem erarbeitet das BMF zur rückwirkenden Umsetzung des BVerfG-Beschlusses im Hinblick auf die Kinderfreibeträge derzeit eine Verwaltungsanweisung. Da die Überlegungen noch nicht ausreichend konkret sind, können Größenordnungen für die damit verbundenen steuerlichen Mindereinnahmen noch nicht genannt werden. Pressemitteilungen zufolge werden die Mindereinnahmen infolge eines neugeregelten Familienleistungsausgleichs unter den zunächst bezifferten Steuerausfällen in Höhe von 22,5 Mrd. DM liegen. Zu den finanziellen Auswirkungen auf die Städte und Gemeinden können derzeit noch keine konkreten Angaben gemacht werden.

Für die Umsetzung des o.g. BVerfG-Urteils sind vor allem zwei Fragen von Bedeutung:

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1. Wie soll in Zukunft die steuerliche Behandlung von Familien aussehen?

2. Sind die Entscheidungen des BVerfG auch rückwirkend anzuwenden?

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1. Künftige steuerliche Behandlung von Familien

Mit der ersten Frage befaßt sich die Bundesregierung derzeit im Zusammenhang mit Überlegungen zur Neugestaltung des Familienleistungsausgleichs. Ein Referentenentwurf eines Familienentlastungsgesetzes soll in Kürze vorgelegt werden. Es ist beabsichtigt, das Familienentlastungsgesetz Anfang Juni im Bundestag einzubringen und es Anfang November im Bundesrat endgültig zu verabschieden.

Diskutiert werden im BMF zur Zeit zwei Grundmodelle zur steuerlichen Behandlung von Familien: Das erste Modell sieht die Einführung eines Kindergrundfreibetrages vor. In diesem Modell würden Steuerpflichtige mit hohem und niedrigem Einkommen in gleicher Höhe entlastet werden. Die Steuerpflicht setzt in Abhängigkeit von der Anzahl der Kinder erst bei einem höheren Einkommen – und damit auch bei einem höheren Eingangssteuersatz – ein. Hinsichtlich der (von der Anzahl der Kinder abhängigen) unterschiedlich hohen Eingangsbesteuerung werden verfassungsrechtliche Bedenken gesehen.

Im zweiten Modell des BMF wird eine Erhöhung der jetzigen Kinderfreibeträge in Erwägung gezogen. Mit diesem Modell würden Steuerpflichtige mit hohem und niedrigem Einkommen entsprechend der individuellen Steuersätze in unterschiedlicher Höhe entlastet.

In beiden Modellen ist eine Kindergelderhöhung sowie eine wahlweise Inanspruchnahme von Kindergeld oder Kinder(grund)freibetrag vorgesehen. Konkrete Angaben zur steuerlichen Gestaltung sowie zur Höhe der Mindereinnahmen für die öffentliche Hand sind seitens des BMF derzeit noch nicht zu erhalten. Ebenso ist die Finanzierung der Mindereinnahmen noch unklar. Diskutiert wird eine Einschränkung des Ehegattensplittings sowie die Abschaffung des Erziehungsgeldes. Außerdem bestehen Überlegungen, die Mehrwertsteuer anzuheben.

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2. Rückwirkende Umsetzung der BVerfG-Beschlüsse zu den Kinderfreibeträgen

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Hierzu bereitet das BMF derzeit eine Verwaltungsanweisung vor, die noch mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmt werden muß. Es ist vorgesehen, bei den Steuerpflichtigen, die von der Verfassungswidrigkeit der Freibetragsregelung betroffen sind, die Kinderfreibeträge nachträglich zu erhöhen. Voraussetzung dafür ist, dass die Einkommensteuerfestsetzungen noch nicht bestandskräftig sind. In die "Nachbesserung" einbezogen werden somit Steuerfestsetzungen, die hinsichtlich der "Höhe der Kinderfreibeträge" für vorläufig erklärt worden sind, sowie Steuerfestsetzungen, die nicht vorläufig sind, aber mit einem Rechtsbehelf angefochten worden sind, über den bisher nicht unanfechtbar entschieden ist.

Die "Nachbesserungen" sollen nicht auf die vom BVerfG genannten Familienkonstellationen und entschiedenen Jahre 1985, 1987 und 1988 beschränkt werden. Nach Berechnungen des BMF gibt es einen Nachbesserungsbedarf für die Jahre 1985 bis 1991 und 1993 bis 1995. Die Verwaltungsanweisung soll sich dementsprechend auf diese Jahre beziehen.

Für welche Einkommensteuerfestsetzungen im Einzelfall ein Nachbesserungsbedarf besteht, kann nur individuell anhand des zu versteuernden Einkommens und der damit zur Anwendung kommenden Grenzsteuersätze sowie der Anzahl der Kinder und des Familienstandes beurteilt werden. Da derzeit noch nicht eingeschätzt werden kann, in welchem Ausmaß die noch nicht bestandskräftigen Festsetzungen geändert werden, können allgemeine Aussagen über Entlastungswirkungen der Steuerpflichtigen nicht getroffen werden. Unbekannt ist daher auch, in welcher Höhe sich Mindereinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden ergeben.

3. Fahrplan für ein Familienentlastungsgesetz

Nach Informationen aus dem Bundesfinanzministerium sieht der Fahrplan wie folgt aus:

Regierungsentwurf

 
   

Referentenentwurf

12.05.1999

Anhörung Referentenentwurf

01.06.1999

Zuleitung an das Kabinett

15.06.1999

Beschluß Kabinett

23.06.1999

Zuleitung an BR

13.08.1999

1. Beratung Finanzausschuß BR

09.09.1999

1. Beratung BR

24.09.1999

Gegenäußerung an Kabinett

27.09.1999

Beschluß über Gegenäußerung

29.09.1999

Zuleitung des Entwurfs mit BR-Stellungnahme und Gegenäußerung BReg an BT

29.09.1999

1. Lesung BT (ohne Debatte)

01.10.1999

Ausschußberatungen BT

04./05.10.1999

Abschluß Ausschußberatungen BT

05.10.1999*

2./3. Lesung BT

07.10.1999

2. Beratung Finanzausschuß BR

21.10.1999

2. Beratung BR

05.11.1999

Verkündung

Ende Nov. 1999

   

Koalitionsentwurf

 
   

Beschluß der Koalitionsfraktionen über Gesetzentwurf

22.06.1999

Einbringung in BT (1. Lesung)

25.06.1999

Beginn Ausschußberatung BT

30.06.1999

Anhörungen Sachverständige

06./07.09.1999

Ausschußberatungen BT

06.09.-05.10.1999

Abschluß Ausschußberatungen

05.10.1999*

2./3. Lesung BT

07.10.1999

Beratung Finanzausschuß BR

21.10.1999

Verkündung

Ende Nov. 1999

   

*Sondersitzung erforderlich

 

Az.: IV-971-10

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