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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 384/2017 vom 02.05.2017
StGB NRW-Stellungnahme zum Verpackungsgesetz
Mit Datum vom 11.04.2017 hat der Städte- und Gemeindebund NRW die Landesregierung (Staatskanzlei, Ministerium für Umwelt und Kommunes sowie das Umweltministerium NRW) angeschrieben und eine Änderung des Verpackungsgesetzes im Bundesratsverfahren eingefordert. Der Bundestag hatte am 30.03.2017 einen Gesetzentwurf zu einem Verpackungsgesetz beschlossen, welcher den Interessen der Städte und Gemeinden nach Auffassung des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz des StGB NRW nicht ausreichend Rechnung trägt.
Dieser hatte in seiner 128. Sitzung am 05.04.2017 einstimmig beschlossen, dass der Entwurf zu einem Verpackungsgesetz abgelehnt wird, weil er insbesondere nicht geeignet ist, die Mehrwegquote zu stabilisieren bzw. wieder zu erhöhen und die Einwegflaschenflut nicht nachhaltig eindämmen wird und auch die Rechtsstellung der Städte und Gemeinden nicht entsprechend dem Beschluss des Bundesrates vom 29.01.2016 praxisgerecht verbessert wird.
Vor diesem Hintergrund hat der StGB NRW mit Schreiben vom 11.04.2017 den Minister des Umweltministeriums NRW, Johannes Remmel, den Innenminister des Landes NRW, Ralf Jäger sowie Minister Franz-Josef Lersch-Mense (Staatskanzlei) angeschrieben. Das Anschreiben hat folgenden Wortlaut:
„Sehr geehrte Herren Minister, der Deutsche Bundestag hat am 30. März 2017 das „Gesetz zur Fortentwicklung der haushaltsnahen Getrennterfassung von wertstoffhaltigen Abfällen“ — im Folgenden Verpackungsgesetz — beschlossen. Nunmehr ist der Bundesrat aufgerufen, sich abschließend zu diesem Gesetz zu positionieren. Der vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf stellt keine nachhaltige Verbesserung der Rechtsstellung der Städte, Gemeinden und Kreise als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger dar. Er ist nicht geeignet, die Mehrwegquote zu stabilisieren bzw. wieder zu erhöhen und die Einwegflaschenflut nachhaltig einzudämmen. Dieses ist auch mit Blick auf die Vielzahl der Arbeitsplätze, die mit dem Mehrwegsystemen im Zusammenhang stehen, nicht akzeptabel.
Insbesondere ist das privatwirtschaftliche „Duale System“ zur Erfassung und Verwertung von gebrauchten Einweg-Verkaufsverpackungen (Verpackungsverordnung 1991) nach 25 Jahren als gescheitert anzusehen, wenn im Jahr 2014 rund 44,1 % der Einweg-Verpackungen aus der gelben Tonne bzw. dem gelben Sack durch die privaten Systembetreiber in Müllverbrennungsanlagen entsorgt worden sind.
In Anbetracht dessen ist eine grundlegende Kurskorrektur geboten. Insbesondere wegen der zunehmenden Einwegflaschen-Flut wäre eine gesetzliche Regelung erforderlich, die eine verbindliche Abfüllquote für Getränke in Mehrwegflaschen vorgibt und nicht nur eine schlichte Kennzeichnung von Einweg- und Mehrwegflaschen im Verkaufsgeschäft regelt. Eine solche Regelung wird den deutlichen Trend zur Abfüllung in Einwegflaschen nicht stoppen und im Zweifelsfall gibt allein der Produktpreis für den Konsumenten den Ausschlag dafür, ob er dieses kauft.
Das vom Bundestag beschlossene Verpackungsgesetz wird damit nur den Effekt bewirken, dass die Bürokratiekosten für das privatwirtschaftliche System weiter ansteigen werden. Dieses gilt auch mit Blick auf die geplante Zentrale Stelle, die nicht nur die Komplexität des Gesamtsystems weiter zunehmen lassen wird, sondern auch einen höchst problematischen Trend zur Privatisierung von Vollzugs- und Überwachungsaufgaben verstärkt.
Ihre Wirksamkeit ist dann gefährdet, wenn — wie hier - die Verpackungsindustrie über die Gremien der Zentralen Stelle die Einhaltung der eigenen Rechtspflichten kontrollieren soll. In unserer Kritik an der Konzeption der Zentralen Stelle wissen wir uns einig mit dem Bundeskartellamt und den Umweltverbänden. Vor diesem Hintergrund bitten wir auch das Land Nordrhein-Westfalen darum, von Vorstellungen Abstand zu nehmen, namentlich in § 18 VerpackG — Systemgenehmigung — der Zentralen Stelle weitere Vollzugsaufgaben zu übertragen.
Das Hauptdefizit des Verpackungsgesetzes besteht aber darin, dass das Petitum des Bundesrates für ein effizientes, ökologisches, verbraucherfreundliches und bürgernahes Wertstoffgesetz leider ungehört geblieben ist.“
Zwar hat der Bundestag mit seinem Beschluss vom 30. März 2017 einige Detailänderungen im Interesse der Kommunen vorgenommen. Auch diese Änderungen bleiben jedoch hinter den Forderungen zurück, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 10.02.2017 (Drs. 797/16) zu Recht erhoben hatte:
- Die Kommunen können weder die Einführung der gelben Tonne anstelle des gelben Sackes oder einen 14täglichen Abfuhrturnus von den privaten Systembetreibern als sog. Rahmenvorgabe verlangen, wenn diese den Einwand der technischen Unmöglichkeit und der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit geltend machen. Es ist aber nicht nachvollziehbar, warum kommunale Entsorgungsstandards wie z.B. die Erfassung in Abfallgefäßen anstelle in Säcken oder ein bürgerfreundlicher Abfuhrturnus nicht erfüllbar sein sollen;
- Die Rahmenvorgaben gelten weiterhin nur für die Leichtverpackungen, nicht hingegen für Glas. Damit wird es den Kommunen weiterhin nicht möglich sein, die vielfach nachgefragten, platzsparenden und barrierefreien Unterflursysteme für sämtliche Abfallfraktionen vorzugeben. Es ist nicht nachvollziehbar, die kommunalen Gestaltungsrechte von der Materialbeschaffenheit der Verpackungen abhängig zu machen;
- Auch bei der Kostenbeteiligung der Systeme an der Erfassung von Verpackungen auf den kommunalen Wertstoffhöfen fehlt weiterhin die Glasfraktion, obwohl der Bundesrat die Einbeziehung von Glas in diesen Erstattungsanspruch explizit angemahnt hatte.
- Es wird ein Herausgabeanspruch der Systembetreiber auf Anteile des von den Kommunen gesammelten Altpapiers (§ 22 Abs. 4 Sätze 7 und 8 VerpackG-E) geregelt, was eine einseitige Privilegierung der Interessen der privaten Systembetreiber darstellt; es werden Rechtsansprüche neu begründet, die der Bundesgerichtshof (Urteil vom 16.10.2015 - Az.: V ZR 240/14) ausdrücklich abgelehnt hat.
Sehr geehrte Herren Minister, wir würden uns sehr freuen, wenn Sie die Möglichkeiten des Bundesrates im weiteren Gesetzgebungsverfahren nutzen würden, um die Verabschiedung eines Verpackungsgesetzes zu verhindern, das weder ökologische Fortschritte anstrebt noch wirksame kommunale Gestaltungsrechte schafft.“
Zwischenzeitlich ist bekannt geworden, dass das Land Nordrhein-Westfalen und das Land Berlin im Bundesrat am 12.05.2017 den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat anrufen wollen. Die StGB NRW-Geschäftsstelle wird über den weiteren Fortgang berichten.
Az.: 25.0.8 qu