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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 351/2004 vom 22.04.2004
Straßenreinigungsgebühr bei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken
Mit Urteil vom 26.02.2003 hat das OVG Münster entschieden, dass rein landwirtschaftlich genutzte Grundstücke durch gereinigte Straßen nicht erschlossen sind, weil es ihnen an einer für geschlossene Ortslagen üblichen und sinnvollen Nutzungsmöglichkeit fehlt. Einem rein landwirtschaftlich genutzten Grundstück fehle es an einem speziellen Vorteil des Eigentümers durch die Straßenreinigung, der sich gerade auf das geordnete Zusammenleben der örtlichen Gemeinschaft auswirkt. Ein derartiger spezieller Vorteil könne z.B. in der Förderung des gemeindlichen Wirtschaftslebens und der Bequemlichkeit und Sicherheit des Bürgers liegen.
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Die Geschäftsstelle hatte durch Mitteilung vom 07.08.2003 lfd. Nummer 680/2003 ausführlich darüber berichtet. Dennoch sind zum Anfang des Jahres zahlreiche Gebührenbescheide erlassen worden und in Widerspruch gegangen. Aufgrund der zahlreichen Anfragen hat die Geschäftsstelle im Folgenden die wichtigsten Problembereiche rechtlich bewertet. Grundlage hierfür war das besagte Urteil. Über die Entwicklung in der Rechtsprechung wird die Geschäftsstelle berichten.
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- Nicht straßenreinigungspflichtig ist nach Auffassung der Geschäftsstelle, diejenige rein landwirtschaftliche Nutzung, wie sie üblicherweise dem Außenbereich zuzuordnen ist, und die auf gereinigte und geräumte bzw. gestreute Straßen nicht angewiesen ist. Hierunter fallen im wesentlichen Ackerbau und Viehzucht, die üblicherweise unter Einsatz landwirtschaftlicher Gerätschaften erfolgen. Darüber hinausgehende wirtschaftliche Aktivitäten, insbesondere wenn sie Außenkontakte zur öffentlichen Gemeinschaft voraussetzen, zählen nicht mehr zur rein landwirtschaftlichen Nutzung und rechtfertigen eine Gebührenerhebung.
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- Hinsichtlich der Hofstelle eines landwirtschaftlich genutzten Grundstückes hat das OVG im oben benannten Urteil ausdrücklich festgestellt, dass dieses eine innerhalb geschlossener Ortslagen übliche und sinnvolle wirtschaftliche Nutzung darstellt.
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Nutzt der Eigentümer ein landwirtschaftliches Grundstück durch Verkaufsstellen für die landwirtschaftliche Produktion, wie z.B. ein Hofladen, Verkauf von Spargel auf dem Feld oder etwa Plantagen zur Eigenernte, liegt keine rein landwirtschaftliche Nutzung vor. Diese wirtschaftliche Betätigung bedingt den Kontakt zu Kunden. Hier sind die typischen Belange des Zusammenlebens der örtlichen Gemeinschaft betroffen, die das OVG als Voraussetzung für eine Gebührenerhebung ansieht. Gleichermaßen verhält es sich bei landwirtschaftlichen Grundstücken, die touristisch genutzt werden, etwa durch Besucher und Gäste. Durch die von der Gemeinde durchgeführte Straßenreinigung und den Winterdienst erwachsen dem Eigentümer spezielle Vorteile, welche die Bewirtschaftungsmöglichkeit des Grundstückes verbessern und das gemeindliche Wirtschaftsleben fördern.
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Liegen Handelsgärtnereien innerhalb geschlossener Ortslagen, so ist für diese eine Gebührenerhebung gerechtfertigt. Für Gartenland hat das OVG Münster mehrfach entschieden, dass es sich hierbei um eine innerhalb geschlossener Ortslagen übliche wirtschaftliche Grundstücksnutzung handelt.
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- Unter den Erschließungsbegriff des Straßenreinigungsgesetzes fallen auch landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, für die planungsrechtlich sei es wegen einer Festsetzung im B-Plan oder wegen ihrer Lage im Innenbereich - die Möglichkeit der Bebaubarkeit besteht.
Der 9. Senat des OVG geht ausweislich seiner Urteile vom 26.0.2.2003 und 28.09.1989 davon aus, dass der für die Gebührenpflichtigkeit maßgebliche Erschließungsbegriff des § 3 Abs.1 StrReinG weiter ist als der der Bestimmungen der § 131 (und § 133) BauGB. Er umfasse den Erschließungsbegriff im Sinne der letztgenannten Vorschriften, setze indessen weniger voraus. Ferner sieht das OVG ein Grundstück im straßenreinigungsrechtlichen Sinne als erschlossen an, wenn es von der Straße
eine Zugangsmöglichkeit hat und dadurch schlechthin eine innerhalb geschlossener Ortslagen übliche und sinnvolle wirtschaftliche Nutzung des Grundstückes ermöglicht wird. Wird demnach eine bauliche Nutzung ermöglicht, so ist dies für eine Gebührenerhebung maßgebend, nicht hingegen, ob der Eigentümer die einräumten Nutzungsmöglichkeiten auch realisiert. Landwirtschaftlich genutzte Grundstücke und brachliegende Grundstücke mit baulicher Nutzbarkeit sind damit nach Ansicht der Geschäftsstelle zur Gebührenerhebung heranzuziehen. Für die Erhebung der Straßenreinigungsgebühr gilt das in Artikel 3 GG niedergelegte Gleichbehandlungsprinzip. Den anderen Gebührenzahlern gegenüber wäre es nicht zu rechtfertigen, wenn es im Belieben eines Eigentümers stehen könnte, seine Gebührenpflicht auszulösen oder zu vereiteln
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- Wird ein Grundstück als rein landwirtschaftlich genutztes Grundstück eingestuft, so bedeutet dies allerdings nicht, dass davon ausgehende Straßenverschmutzungen von der Allgemeinheit oder den anderen Anliegern zu finanzieren wären. Vielmehr sieht § 17, 1.Hs. StrWG NRW vor, dass eine Straße von dem Verursacher einer Verschmutzung zu reinigen ist, wenn die Verschmutzung über das übliche Maß hinausgeht. Nimmt der Verursacher der Verschmutzung die Reinigung nicht selbst vor, so ist die Gemeinde berechtigt dem Verursacher die Kosten gem. § 17, 2.Hs. StrWG NRW aufzuerlegen.
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Die Verschmutzung einer Straße über das übliche Maß hinaus kann nach Ansicht der einschlägigen Rechtsliteratur nicht allgemein und nicht für alle Straßengattungen gleichmäßig beurteilt werden. Die Überschreitung des üblichen Maßes misst sich an der jeweiligen Gemeinverträglichkeit und hängt von der Art der Benutzung und der Verkehrsbedeutung der Straße ab.
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Aus Sicht der Geschäftsstelle folgt aus dem Urteil vom 26.02.2003, dass eine Verschmutzung, die mit rein landwirtschaftlicher Grundstücksnutzung einhergeht, innerhalb geschlossener Ortslagen regelmäßig das übliche Maß übersteigt. Als übliche Nutzung ist hier die Nutzung zu Wohn- und Gewerbezwecken anzusehen. Beispielsweise fallen damit Verunreinigungen von landwirtschaftlichen Geräten, etwa von Traktorreifen oder von der Nutztierhaltung, Kot von Nutztieren grundsätzlich in den Bereich des § 17 StrWG NRW.
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- Eine Übertragung der tatsächlichen Straßenreinigung und Winterwartung im Sinne des § 4 StrReinG ist nicht möglich. Hierzu wäre es erforderlich, dass der Erschließungsbegriff des § 3 StrReinG ein anderer ist, als derjenige des § 4 StrReinG. Nach einer vereinzelten Ansicht in der Rechtsliteratur fordere der in § 3 Abs.1 Satz. 1 StrReinG für die Gebührenerhebung relevante Erschließungsbegriff eine übliche und sinnvolle wirtschaftliche Grundstücksnutzung, um den für die Gebührenheranziehung entscheidenden wirtschaftlichen Wert zu begründen. Bei der Auferlegung der Reinigungspflicht seien jedoch keine wirtschaftlichen Aspekte entscheidend, vielmehr solle durch sie sichergestellt werden, dass der Eigentümer des mit der Straße in einer räumlichen Nähe stehenden Gründstückes reinige.
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Diese Rechtsauffassung verkennt, dass die zur Gewährleistung insbesondere einer schnelleren und effizienten Winterwartung geforderte Nähebeziehung zwischen Grundstück und Straße bereits durch das gesetzliche Merkmal des Angrenzens verwirklicht wird, das ausdrücklich zum Erschlossensein hinzukommen muss.
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Der Erschließungsbegriff ist somit in beiden genannten Vorschriften des Straßenreinigungsgesetzes identisch (OVG Münster, Urt. V. 18.11.1996, 9A 5984/94, Thomas, in: Thomas u.a., KAG, § 6 Rdnr. 269). Wenn die Rechtsprechung ganz allgemein von einem eigenständigen straßenrechtlichen Erschließungsbegriff spricht, so wird dieser jedenfalls ein einheitlicher sein, der dem ganzen Straßenreinigungsgesetz zugrunde liegt.
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Az.: III/1 642 - 33/