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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 665/1999 vom 05.10.1999
Streit um die Stromdurchleitung
Im Zuge der Liberalisierung des Strommarktes wurde eine Vereinbarung über die Durchleitung von Strom durch fremde Netze geschlossen, die nunmehr überarbeitet wird. Die Novellierung soll bis Ende September abgeschlossen sein, denn zu diesem Datum läuft die jetzt gültige Regelung aus. An den Verhandlungen sind die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der VIK Verband für Industrielle Energie- und Kraftwirtschaft beteiligt.
Die Auffassung darüber, welchen Inhalt die neue Vereinbarung haben soll, gehen in zwei wesentlichen Punkten beträchtlich auseinander. Dies betrifft zum ersten die Konditionen, zu denen künftig Strom durch fremde Netze transportiert werden soll. Hier wiederum umstritten ist die Forderung der Verbundunternehmen, in den Durchleitungskosten nach wie vor eine entfernungsabhängige Komponente festzuschreiben. Diese war schon bisher umstritten, weil sich Anbieter vor allem im Ausland dadurch diskriminiert gefühlt haben.
Nach den Vorstellungen der Verbundunternehmen soll Deutschland in mindestens zwei Handelsgebiete aufgeteilt werden. Innerhalb des jeweiligen Handelsgebietes spielt die Entfernung bei der Berechnung der Durchleitungskosten keine Rolle. Überspringt man die Grenzen, wird eine zusätzliche Entfernungsgebühr erhoben. In Kreisen der Stromerzeuger sieht man hierin eine Handhabe, auch ausländischen Strom mit einer Entfernungsabgabe zu belegen. Dies wäre nach den EU-Regeln unmöglich, wenn nicht eine solche Abgabe auch im Inland erhoben würde. Bezeichnenderweise ist hier die Front der Versorger nicht geschlossen. Die Energieversorgung Baden-Württemberg (EnBW) votiert dagegen, weil man auf den Bezug billigen Stroms aus Frankreich setzt. Strikt gegen eine solche Regelung ist der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der die Stadtwerke innerhalb der VDEW vertritt. Auch die Industrie lehnt ein entfernungsabhängiges Entgelt ab.
Die Neuregelung sieht vor, das gesamte Land in acht Regelgebiete der großen Verbundunternehmen aufzuteilen. In jedem dieser Gebiete kann ein Stromkunde durch eine Netzanschlußgebühr sämtliche Netzkosten auf allen Ebenen abgelten. Dies würde ihn in die Lage versetzen, ohne weiteres den Lieferanten wechseln zu können, wo immer dieser auch sitzt. Während heute bei einer Durchleitung sog. Abnahmefahrpläne für jedes Gebiet der rd. 1000 Netzbetreiber erstellt werden müssen, wäre dies künftig nur noch für acht Gebiete erforderlich. Der zweite strittige Punkt betrifft die Forderung der Kommunen nach einem weitgehenden Schutz für ihre Kraftwerke. In diesem Zusammenhang hat sich der Streit an der Forderung der Verbundunternehmen entzündet, einen bestimmten Betrag für die von ihnen bereitgestellte Reserve in die Netzkosten einrechnen zu können. Der VKU lehnt dies entschieden ab. Die Verbundwirtschaft beruft sich jedoch darauf, daß die kommunalen Kraftwerke auf der unteren Spannungsebene bei den vorgelagerten Netzbetrieben eine Reservehaltung erwarten müssen, die bei Ausfällen zur Versorgungssicherheit bereitsteht. Wenn es zu keiner Vereinbarung kommt, rechnet man in der Branche, daß ein Regulator eingesetzt wird, der wie im Telekommunikationsbereich die Dinge regelt.
Az.: G/3 811-00