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StGB NRW-Mitteilung 79/2012 vom 16.12.2011
Studie über Investitionsbedarf zur energetischen Gebäudesanierung
Unter dem Titel „Nachhaltige Wärmeerzeugung für Wohngebäude — Fakten, Trends und Perspektiven“ haben das Energieunternehmen Shell und das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut HWWI vier Szenarien zur energetischen Sanierung der Wohngebäude mit unterschiedlichen Sanierungsraten und Sanierungstiefen im Hinblick auf Effektivität und Kosteneffizienz untersucht.
Ergebnisse der Studie:
Die rund 40 Millionen Privathaushalte mit einer Fläche von insgesamt 3,4 Milliarden Quadratmetern verursachen laut der Shell-Hauswärme-studie 28,5 % des Endenergieverbrauchs in Deutschland. Auf die rund 18 Millionen Feuerungsanlagen entfielen im Jahr 2010 14,2 % der direkten energiebedingten Treibhausgasemissionen in Deutschland. Die Studie geht davon aus, dass bis 2030 die Wohnfläche trotz sinkender Einwohnerzahlen gegenüber 2008 um gut 10 % anwächst. Das zukünftige wärmetechnische Rückgrat sieht die Studie in optimierten Gas- oder Ölheizungen, die jedoch durch Beimischungen von Biotreibstoffen, ergänzende Energiequellen wie Holz und Solarthermie sowie die Speicherung von Wärmeenergie ergänzt werden.
Im Rahmen des Szenarios, das die derzeitige jährliche Sanierungsrate von 1 % der Wohnfläche fortschreibt, sinken der Energieverbrauch um 26,2 % und die Treibhausgasemissionen um 27 %. Die damit verbundenen Investitionskosten werden auf 386 Milliarden Euro beziffert. Bei einer Verdoppelung der Sanierungsrate auf 2 % würden sich die Investitionskosten auf 744 Milliarden Euro annähernd verdoppeln. Der Energieverbrauch würde um 36,7 %, die Treibhausgasemissionen um 39,2 % reduziert.
Weiterhin wurde im Rahmen der Studie untersucht, ob sich — bei gegebenen Kosten von 744 Milliarden Euro — mit schnellen und günstigen Teilsanierungen mehr Energie und Treibhausgase einsparen lassen als bei einer Vollsanierung. Im Vergleich der beiden Szenarien hat sich die Vollsanierung mit einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 43,8 % gegenüber der Teilsanierung (39 %) als die kosteneffizientere Option herausgestellt.
Bewertung:
Der DStGB betont seit jeher das Kriterium der Kosteneffizienz für die Priorisierung von Klimaschutzmaßnahmen. Die vorliegende Studie ist ein wertvoller Beitrag zur Verdeutlichung der Grenzkostenproblematik
im Rahmen der andauernden Debatte um die Schwerpunkte der Klimaschutz- und Energiepolitik. So zeigt sich, dass bei einer Verdoppelung der Sanierungsquote die Kosten proportional, die Wirkungen jedoch nur unterproportional steigen.
Weiterhin bestätigt die Studie die Einschätzung des DStGB, dass die derzeit für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm bereitgestellten Mittel in Höhe von 1,5 Milliarden Euro pro Jahr nicht annähernd ausreichen werden, um die von der Bundesregierung angestrebte Sanierungsrate von 2 % zu erreichen. Zudem kann die erhöhte KfW-Kredit-finanzierung im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogramms die direkten Zuschüsse der Städtebauförderung nicht ersetzen. Die Mittel für die bewährte Städtebauförderung, die private und weitere öffentliche Investitionen in achtfacher Höhe auslöst, sind zuletzt auf 455 Mio. Euro für das Jahr 2012 reduziert worden.
Die vorliegende Untersuchung der Grenzkosten der Gebäudesanierung bestätigt nicht zuletzt die vom DStGB, aber auch vom Deutschen Bundesrat vorgetragene Kritik an den Plänen der EU-Kommission, den Mitgliedstaaten eine Sanierungsquote von 3 % des Gebäudebestands pro Jahr vorzuschreiben. Insoweit ist, abweichend vom Kommissionsentwurf für eine Energieeffizienzrichtlinie, inzwischen auch auf EU-Ebene eine Präferenz für den Ansatz erkennbar, den Mitgliedstaaten ein Energieeffizienzziel vorzugeben und ihnen die Wahl der Mittel zur Erreichung dieses Ziels unter Berücksichtigung der Kosteneffizienz zu überlassen.
Az.: II gr-ko