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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 616/2023 vom 07.09.2023
Studie zu Investitionsbedarfen im Verkehrssystem
Eine mit Unterstützung der kommunalen Spitzenverbände erstellte Studie zeigt den Zustand und den massiven Investitionsbedarf von Straßen und ÖPNV-Netzen in den Städten und Gemeinden auf. Dieser wird bis zum Jahr 2030 auf 372 Mrd. Euro geschätzt, was die dramatische Unterfinanzierung der Infrastruktur verdeutlicht. Gleichzeitig stellen Klimaschutz, Klimaanpassung und Mobilitätswende neue Anforderungen an die Kommunen. Klar ist, es bedarf eines Kraftaktes von Bund und Ländern, um die Kommunen zu unterstützen.
Kommunale Verkehrsnetze sind die Lebensadern unserer Gesellschaft – sie sorgen dafür, dass Menschen vor Ort mobil sind, Unternehmen gut zu erreichen sind und lokales Wachstum des Verkehrs im Einklang mit Klimaschutzzielen realisiert werden kann. Der Neu- und Ausbau sowie der Erhalt und die Modernisierung stellen die Kommunen jedoch vor eine doppelte Herausforderung, die ohne weitere finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern nicht zu schultern ist: Um Treibhausgasemissionen substanziell zu senken, muss eine Transformation zu einem nachhaltigen Verkehrssystem vollzogen werden.
Gleichzeitig gilt es, ein funktionierendes und leistungsfähiges Straßen- und Schienennetz vorzuhalten. Für den passgenauen Einsatz künftiger Investitionen ist es unerlässlich, detaillierte Kenntnisse über Umfang und Zustand der Netze zu haben.
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und der ADAC e.V. haben daher gemeinsam das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) beauftragt, erstmals den Umfang des kommunalen Verkehrsnetzes (Straße und ÖPNV) in ganz Deutschland sowie dessen baulichen Zustand vollumfänglich zu erheben. Der DStGB hatte die Studie begleitet und um eine breite Mitwirkung unter den Kommunen geworben.
Auf Basis von Datenauswertungen und einer Kommunalbefragung wurden im Rahmen der Studie die notwendigen Bedarfe für Nachhol- und Ersatzinvestitionen ermittelt sowie der zusätzliche Investitionsbedarf in kommunalen Verkehrsnetzen bis 2030 für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor abgeschätzt.
- Der Investitionsbedarf für Erhalt und Erweiterung von Schienennetzen und Straßen in Städten, Landkreisen und Gemeinden bis 2030 beträgt insgesamt rund 372 Mrd. Euro.
- Die Straßen weisen insgesamt eine Länge von knapp 714.000 km aus.
- Die Länge der Straßenbrücken in Kommunen beträgt rund 3.600 km und die der kommunalen Straßentunnel knapp 1.400 km.
- Die Länge der U-Bahn-Gleise beträgt rund 900 km und die der Straßenbahnen 6.320 km, davon verlaufen 451 km Gleise unterirdisch.
- Ein Drittel der Kommunen bewertet den Zustand ihrer bestehenden Streckennetze für alle Verkehrsträger mindestens mit „gut“.
- Ein Drittel der Straßen weist größere Mängel auf.
- Fast jede zweite Straßenbrücke in den Kommunen ist in keinem guten Zustand, ebenso wie die ÖPNV-Netze.
- Die ÖPNV-Brücken und -Tunnel sind im Vergleich besser erhalten: Etwa zwei Drittel davon sind neuwertig oder in einem guten Zustand.
- Mit rund 283 Mrd. Euro entfällt der deutlich größte Teil auf den Nachhol- und Ersatzbedarf bei der Straßenverkehrsinfrastruktur der Kommunen.
- Bei der ÖPNV-Infrastruktur lässt sich der Nachhol- und Ersatzbedarf bis zum Jahr 2030 auf 64 Mrd. Euro beziffern.
- Der größte Teil der voraussichtlich erforderlichen Investitionen im ÖPNV entfällt auf U-Bahnsowie Stadt-/Straßenbahnstrecken in Tunnellage
Anmerkung des DStGB und StGB NRW
Der Bau und Erhalt der Verkehrsinfrastruktur ist für die Kommunen kosten- und zeitintensiv und insbesondere vor dem Hintergrund massiv steigender Baupreise eine enorme Herausforderung. Neben den vorhandenen Nachhol- und Ersatzbedarfen besteht zudem ein erheblicher Aus- bzw. Umbaubedarf mit Blick auf die politisch angestrebte Verkehrswende. Die Bundesregierung hat als Klimaschutzziel für den Verkehrssektor eine Senkung der CO2-Emissionen um 40 Prozent bis 2030 gesetzt. Dieses ambitionierte Ziel bedarf zur Erreichung auch eines umfangreichen Umbaus der Verkehrsinfrastruktur. Mit Planungsentscheidungen von heute werden aufgrund der langen Abschreibungsdauern entsprechender Infrastrukturen und Technologien Entscheidungen gefällt, die weit in die Zukunft hinein Folgewirkungen entfalten werden. Vor diesem Hintergrund war Ziel der vom DStGB unterstützten Untersuchung den Umfang des – schwerpunktmäßig kommunalen – Verkehrsnetzes und dessen baulichen Zustand vertieft und valide zu eruieren.
Eine funktionierende kommunale Verkehrsinfrastruktur ist die Voraussetzung für die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für eine erfolgreiche Entwicklung der Wirtschaft in Deutschland. Doch eine ausreichende Finanzierungsgrundlage für den Erhalt und Umbau der Verkehrsinfrastruktur ist nicht gegeben. Die Infrastruktur wurde in den vergangenen Jahren auf Verschleiß gefahren. Die Bundesregierung ist gefordert, die mittel- und langfristigen Voraussetzungen für eine dauerhafte und auskömmliche Verkehrsinfrastrukturfinanzierung in den Kommunen zu schaffen.
Hierzu ist ein gezielter Kraftakt für die Infrastruktur erforderlich. Denn aus eigenen Mitteln schaffen die Kommunen es nicht, den errechneten Investitionsbedarf von geschätzten 372 Mrd. Euro auch nur annähernd aufzubringen. Im ersten Halbjahr 2023 beträgt das kommunale Defizit über 6 Mrd. und Besserung ist nicht in Sicht. Nötig ist ein langfristiger Investitionsfonds, den Bund und Ländern auflegen sollten, auch um Planungssicherheit zu schaffen. Das wäre zugleich ein Konjunkturprogramm, da 1 Euro öffentliche Investition mindestens 3 Euro private Investition schafft. Nur damit können die Lebensbedingungen vor Ort und die Lage der Wirtschaft verbessert werden.
Als weiteres Finanzierungsinstrument ist eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Kommunalstraßen erforderlich und es bedarf einer stärkeren Beteiligung kommunaler Straßenbaulastträger bei vorhandenen und zusätzlichen Instrumenten der Infrastrukturfinanzierung.
Die vollständige Studie ist abrufbar unter www.bauindustrie.de.
Az.: 33.0-003/002