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StGB NRW-Mitteilung 290/2017 vom 25.04.2017
Studie zu Reform der Grundsicherung für Arbeitsuchende
Der Deutsche Sozialstaat sollte sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben, sondern Mittel, Ressourcen und Potentiale für strukturelle Veränderungen nutzen. Dies gelte insbesondere für die Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II — Harz IV): Das größte Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit liege bei den Ungelernten. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, das die Friedrich-Naumann-Stiftung in Auftrag gegeben hat. Gutachter und ehemaliger Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, sieht im System der Grundsicherung einen erheblichen Nachbesserungsbedarf. Vor allem müsse stärker präventiv gegen zukünftige Langzeitarbeitslosigkeit investiert werden. Die Maßnahmen sollten individuell auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Betroffen aufbauen.
Zusammenfassend kommt Heinrich Alt in seinem Gutachten zu folgenden Ergebnissen: „Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich seit den Reformen der Agenda 2010 insgesamt sehr positiv entwickelt. Die Zahl der Beschäftigten ist auf einem Rekordhoch, die der Arbeitslosen hat sich fast halbiert, die Langzeitarbeitslosigkeit geht zurück. Trotz dieser ansehnlichen Bilanz besteht erheblicher Nachbesserungsbedarf im System der so genannten Grundsicherung. Zu viel Bürokratie, zu viel passive Leistungen, zu wenig dauerhafte Integrationen — so lassen sich die Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre zusammenfassen. Zusätzlich stellen Digitalisierung, demografische Entwicklung, Fachkräftemangel und Integration von Flüchtlingen den Arbeitsmarkt vor neue Heraus-forderungen, die eine zeitgemäße Antwort erfordern.
Der deutsche Sozialstaat bleibt immer noch unter seinen Möglichkeiten. Sozialpolitik, die ihren Namen verdient, darf sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben. Armutsbekämpfung und soziale Absicherung funktionieren im geltenden System, wirken aber viel zu oft status-konservierend als in der Eröffnung neuer Erwerbsperspektiven. Gefordert ist ein sozialinvestiver Wohlfahrtsstaat, der Mittel, Ressourcen und Potenziale für strukturelle Veränderungen nutzt — nicht vorrangig für Transferleistungen. Ziel einer Reform sollte sein, im jetzigen organisatorischen Rahmen mehr Menschen zu einem selbstbestimmten Leben zu verhelfen, sprich, das Leistungsvermögen der Jobcenter wesentlich zu erhöhen. Denn keine Verbesserung oder Veränderung im Leistungsrecht löst dauerhaft ein Problem.
Der einzige Lösungsweg, auf den sich alle Energie von Mensch und Behörde konzentrieren sollten, kann nur die Integration in Ausbildung und Beschäftigung sein. Reformbedarf besteht insbesondere in folgenden Feldern:
- Leistungen der Grundsicherung stark vereinfachen, entbürokratisieren und durchgängig leistungsanreizend ausgestalten,
- Vorzugsweise Langzeitarbeitslosen, Alleinerziehenden und Ungelernten attraktive und zielgenaue Maßnahmen anbieten,
- Das System der Arbeitslosenversicherung reorganisieren und die vorhandenen Ressourcen effizienter nutzen, damit die Grundsicherung zur Ausnahme wird,
- Jobcenter organisatorisch und infrastrukturell stärken sowie
- Bildung und Teilhabe zukünftig in Verantwortung der Jugendämter geben.“
Dass die Verantwortung für Bildung und Teilhabe zur Zuständigkeit der Jugendämter gehören soll, muss aus Sicht der Geschäftsstelle kritisch hinterfragt werden. Das Gutachten kann unter: https://shop.freiheit.org/#!/Publikation/665 kostenfrei heruntergeladen werden. (Quelle: DStGB Aktuell)
Az.: 37.0.5.1-003/002