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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 593/2009 vom 27.10.2009
Tarif- und Sondervertragskunden bei Gas-Konzessionsabgaben
In einem jüngst veröffentlichten Urteil vom 24.6.2009 - VI-2 U 14/08 - nimmt das Oberlandesgericht Düsseldorf zur Abgrenzung von Tarif- und Sondervertragskunden auch vor dem Hintergrund der in den Jahren 1998 und 2005 erfolgten Novellierungen des Energiewirtschaftsgesetzes Stellung. Dabei tendiert das Gericht zu einer weiten Auslegung des Begriffs Sonderkunde, mit der Folge, dass Sonderkundenverträge nicht allein auf Kunden beschränkt werden können, mit denen individuell die Bedingungen und/oder Preise ausgehandelt worden sind. Die Argumentation des Gerichts bezieht sich dabei explizit auf den Gasbereich. Die Entscheidung kann Auswirkungen auf das gemeindliche Konzessionsabgabeaufkommen im Gasbereich haben. Die dahinter stehende Rechtsfrage liegt dem BGH derzeit bereits zur Entscheidung vor. Den Gemeinden steht bekanntlich eine wesentlich höhere Konzessionsabgabe für Tariflieferungen als für Sonderkundenlieferungen zu.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf kommt in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass zwischen den Parteien ein Sonderkundenverhältnis besteht. Dieser rechtlichen Einordnung liegen folgende Überlegungen zugrunde:
Weder das hier aus zeitlichen Gründen anwendbare ENWG 1998 noch das ENWG 2005 enthielten Definitionen des Tarifkunden oder des Sondervertragskunden. Im Ansatz bestehe zwar Einigung darin, dass es sich um einen Tarifkunden handele, wenn der Vertrag im Rahmen der Grundversorgung abgeschlossen sei, während Sondervertragskunden zu anderen, im allgemeinen günstigeren Bedingungen versorgt würden. Die genaue Abgrenzung zwischen ihnen sei jedoch streitig. Insbesondere dann, wenn der Kunde zu allgemeinen Tarifen, die gegenüber dem Grundtarif Vergünstigungen, insbesondere Mengenrabatte, enthielten, beliefert werde.
Der Begriff „Sonderkunde“ könne ebenso wenig auf Kunden beschränkt werden, mit denen individuell die Bedingungen und / oder Preise ausgehandelt wurden seien. Dieser Auffassung sei mit dem Willen des Gesetzgebers nicht zu vereinbaren. Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht auf der Grundlage auf Grund einer historischen und systematischen Auslegung: Aus der Entwurfsbegründung zum EWNG 1998, dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sowie dem § 115 EWNG 2005 Abs. 2 und 3 folge im Ergebnis, dass der Gesetzgeber davon ausgehe, dass jedenfalls im Gasbereich zunehmend Sonderverträge — und zwar typischerweise zu standardisierten Verträge — auch mit Verbrauchern abgeschlossen werden. Deshalb kommt das Gericht zu dem Schluss, dass eine objektive, willkürfreie Abgrenzung nur dahingehend möglich sei, dass alle über den Grundtarif hinausgehenden Tarife als Sondertarife anzusehen sind.
Die Rechtsauffassung des OLG Düsseldorfs hat zur Konsequenz, dass alle über den Grundtarif hinausgehenden Tarife als Sonderkundentarife einzuordnen sind. Die Grundversorgung soll dagegen nur auf einen einzigen allgemeinen Preis beschränkt sein. Damit werden die Voraussetzungen für die Zahlung der erheblich höheren Tarifkundenkonzessionsabgabe im Gasbereich sehr weitgehend eingeschränkt. Dies hat Auswirkungen auf das gemeindliche Konzessionsabgabenaufkommen. Bei seiner Auslegung hat das Gericht außer Acht gelassen, dass der Gesetzgeber im Zusammenhang mit den Novellierungen von Energiewirtschaftsgesetz und Konzessionsabgabenverordnung betont hat, dass es sein Wille ist, das gemeindliche Konzessionsabgabenaufkommen zu erhalten. Dies darf eine vermittelst einer Auslegung vorgenommene Bestimmung dessen, was ein Sonderkunde und was ein Tarifkunde im Gasbereich ist, nicht völlig ausblenden. Die hier maßgebliche Frage der Abgrenzung der Tarif- und Sondervertragskunden liegt dem BGH nach unseren Informationen bereits zur Entscheidung vor (KG, Urteil vom 28.10.2008 - 21 U 160/06). Es bleibt abzuwarten, welcher Rechtsauffassung der Bundesgerichtshof in dieser Sache folgt.
Az.: II/3 811-00/1