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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 265/2013 vom 22.04.2013
Trilogverfahren zur EU-Konzessionsrichtlinie
In einem gemeinsamen Schreiben vom 15. April 2013 haben sich die kommunalen Spitzenverbände mit dem VKU im Rahmen des jetzt laufenden Trilogverfahrens zur EU-Konzessionsrichtlinie erneut an Herrn Kommissar Barnier gewandt. Insbesondere sind in dem Schreiben, das im Folgenden wiedergegeben wird, nochmals konkrete Änderungen im Richtlinienentwurf einschließlich der Herausnahme der Wasserwirtschaft aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie eingefordert worden:
„Sehr geehrter Herr Kommissar, werter Herr Barnier,
für die in unserem Gespräch am 29. November 2012 in Berlin von Ihnen getroffene Zusage, die Gestaltungsfreiheit der Kommunen bei der Organisation der Wasserwirtschaft in Deutschland wahren und die seit langem bestehenden, erfolgreichen Strukturen durch die Konzessionsrichtlinie nicht beschränken zu wollen, danken wir Ihnen auch bei dieser Gelegenheit noch einmal. Um die in diesem Zusammenhang relevanten und teilweise komplexen Einzelfragen, die aufgrund des bei der Wasserver- und Abwasserentsorgung vor Ort jeweils unterschiedlich gewählten kommunalwirtschaftlichen Modells entstehen, besser darlegen zu können, waren die auf der Fachebene in den folgenden Wochen geführten Gespräche sehr hilfreich. Danken möchten wir Ihnen darüber hinaus dafür, dass Sie sich im Nachgang zu diesen Gesprächen bereits für konkrete Nachbesserungen am Richtlinientext, insbesondere zugunsten von Mehrspartenstadtwerken eingesetzt haben.
Auch weiterhin besteht zwischen uns ein gemeinsames Verständnis bei Ihrem Ziel, für die Mitgliedstaaten der EU, in denen bisher keinerlei Regelungen oder Traditionen bestehen, einen Mindeststandard und Transparenz zu schaffen, um insbesondere der Korruption entgegenzuwirken. Allerdings bedeuten die Beschlüsse des Binnenmarktausschusses vom 24. Januar 2013 einen deutlichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Kommunen und würden eine weitgehende Umorganisation der kommunalen Wasserwirtschaft in Deutschland zur Folge haben.
Die zwischenzeitlich von Ihnen vorgeschlagenen Formulierungen für die Richtlinie, wonach ein Unternehmen vollständig von der entsprechenden Gebietskörperschaft kontrolliert werden und 80 % des Umsatzes aus dem Wasserbereich des Unternehmens für diese Gebietskörperschaft erbringen müsste, wären gegenüber der beschlossenen Richtlinienfassung ein Fortschritt. Allerdings wäre das Unternehmen weiterhin gezwungen, sich umzuorganisieren oder eine buchhalterische Trennung vorzunehmen, um vom Anwendungsbereich der Richtlinie nicht erfasst zu werden.
Mit Blick auf die Ende April im Trilog anstehenden Beratungen zu den für die kommunale Wasserwirtschaft in Deutschland entscheidenden Regelungen möchten wir Ihnen daher nochmals darlegen, welche Punkte gewährleistet sein müssen, um durch die Konzessionsrichtlinie tatsächlich die bestehenden Strukturen der kommunalen Wasserwirtschaft in Deutschland nicht zu beschränken:
Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Organisationsmodelle der Kommunen lokal oder regional sichert nur eine generelle Ausnahme der Wasserwirtschaft aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie die bestehenden Strukturen und die Organisationsfreiheit der Kommunen umfänglich ab. Auch bietet diese Forderung in der noch anstehenden Kompromisssuche im Trilog nach unserer Auffassung die eindeutigste und am klarsten zu vertretende Position.
Daneben muss bei der Inhouse-Vergabe für das Kontrollkriterium eine Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand ausreichend sein, solange die Kontrolle auf anderem Wege sichergestellt ist. Die Rechtsform des jeweiligen Unternehmens muss dabei im Hinblick auf die kommunale Organisationsfreiheit unberücksichtigt bleiben. Hinsichtlich des Wesentlichkeitskriteriums ist bei Mehrspartenunternehmen eine auf die jeweilige Sparte bezogene Umsatzbetrachtung notwendig. Dabei muss das 80:20 Kriterium zumindest dann unberücksichtigt bleiben, wenn es sich um eine interkommunale Zusammenarbeit in der Region handelt. Die Spartenbetrachtung darf keinen weiteren Bedingungen unterliegen.
Sichergestellt werden muss außerdem, dass die Beteiligung Privater an Wasser- und Zweckverbänden nach den Regeln des jeweiligen Nationalrechts und damit auch des deutschen Wasserverbandsgesetzes bzw. der Ländergesetze über die kommunale Zusammenarbeit weder einer Inhouse-Vergabe noch einer vergaberechtsfreien - horizontalen - interkommunalen Zusammenarbeit entgegenstehen.
Bei der interkommunalen Zusammenarbeit darf es darüber hinaus nicht darauf ankommen, in welcher Rechtsform eine solche Zusammenarbeit stattfindet. Eine Kooperation muss sowohl auf vertraglicher Grundlage als auch in einer institutionalisierten Rechtsform in umfassendem Sinne ohne Ausschreibungspflicht möglich sein. Außerdem muss auf die Forderung nach einer „echten“ Zusammenarbeit und damit auf das Vorliegen wechselseitiger Rechte und Pflichten der Kooperierenden verzichtet werden. Dies bestätigt zudem die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Azienda Sanitaria Locale di Lecce (C-159/11), die eine solche Voraussetzung für diese Form der Zusammenarbeit ausdrücklich nicht vorsieht.
Wir bitten Sie, im laufenden Trilogverfahren diese Änderungen am Richtlinienentwurf zu unterstützen.“
Az.: II/3 815-00