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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 609/2014 vom 09.10.2014
Umsatzsteuer auf Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit
Das Urteil des EuGH (StGB NRW-Schnellbrief Nr. 193 v. 04.11.2013; Urteil vom 24.10.2013 - C-440/12 -; UR 2013, 866) hat die Vereinbarkeit der in Deutschland praktizierten Besteuerung des Betriebs von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit mittels erhobener Vergnügungs- und Umsatzsteuer mit Unionsrecht bestätigt. Der EuGH hat festgestellt, dass die Spielapparatesteuer neben der Umsatzsteuer erhoben werden kann und dass die Tatsache, dass die Umsatzsteuer auf die von Spielbanken zu zahlende Spielbankenabgabe angerechnet wird, der Erhebung der Spielapparatesteuer nicht entgegen steht (Rn. 29 f. des Urteils).
Das Finanzgericht (FG) Hamburg erkennt in dem Urteil vom 15.07.2014 (3 K 207/13) auf Grundlage der eingeholten Vorabentscheidung des EuGH — entsprechend unserer bereits zuvor vertretenen Rechtsauffassung — an, dass die Besteuerung des Betriebs von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit mit Vergnügungs- und Umsatzsteuer unionsrechtskonform und verfassungsgemäß ist.
Im Einzelnen führt das FG dazu aus, dass Vergnügungssteuersätze weder den Grundsatz der Proportionalität noch den Grundsatz der Abwälzbarkeit der Umsatzsteuer verletzen. Die Proportionalität der Mehrwertsteuer zu den Preisen der betreffenden Dienstleistungen oder Gegenstände stelle zwar eines der wesentlichen Merkmale der harmonisierten Mehrwertsteuer dar, sei aber keine zwingende Voraussetzung in jedem Einzelfall.
Der Grundsatz der Proportionalität beziehe sich nur auf die Bemessungsgrundlage, die sich wiederum gem. des Wortlauts des Art. 73 Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) danach richte, was der Steuerpflichtige tatsächlich erhalte, und nicht danach, was ein bestimmter Adressat in einem konkreten Fall zahle. Die Regelungen der MwStSystRL forderten somit keine Proportionalität zwischen der geschuldeten Mehrwertsteuer und den isoliert betrachteten Einsätzen der einzelnen Spieler.
Ferner würde durch festgelegte Gewinn- und Verlustbegrenzungen innerhalb der Spieleverordnungen die Abwälzbarkeit der Steuer nicht berührt. Die Gewinn- und Verlustbegrenzungen würden zwar den dem Betreiber zur Verfügung stehenden Betrag verringern, doch sei die geschuldete Umsatzsteuer auch weiterhin in den geminderten Kasseneinnahmen enthalten und damit auf die Spieler abwälzbar.
Ferner führt das FG aus, dass der umsatzsteuerliche Neutralitätsgrundsatz gewahrt ist. Das gelte auch vor dem Hintergrund, dass bei entsprechenden Umsätzen öffentlich zugelassener Spielbanken ebenfalls die Kasseneinnahmen als Bemessungsgrundlage angesetzt werden, obwohl die Beschränkungen der SpielV auf sie nicht anwendbar sind. Im Verhältnis zu den steuerbefreiten Glückspielen (insbesondere durch den Erwerb von Bingo- und Rubellosen) sei eine Gleichbehandlung nicht geboten, weil sich diese Glückspiele aus Sicht des Verbrauchers wesentlich von dem Automatenspiel unterscheiden würden.
Schließlich sei die Frage, welche Bemessungsgrundlage der Besteuerung der Geldspielumsätze an Automaten zugrunde zu legen ist, unionsrechtlich geklärt und in verfassungsrechtlich hinreichender Weise bestimmt. Ob die Kasseneinnahmen nach dem auf den Kontrollausdrucken der Geldspielgeräte ausgewiesenen „Saldo 1“ oder „Saldo 2“ zu ermitteln sind, konnte im Streitfall offen bleiben. Bei der gebotenen jeweils kontinuierlichen Anwendung führten beide Berechnungen auf längere Sicht zum selben Ergebnis.
Az.: IV/1 933-00