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StGB NRW-Mitteilung 719/2005 vom 22.09.2005
Umsetzung der EU-Agrarreform
Mit Schnellbrief Nr. 31 vom 8.3.2005 hatte die Geschäftsstelle über die Problemstände bei der Umsetzung der EU-Agrar-Reform ab dem 1.1.2005 berichtet. Es war darauf hingewiesen worden, dass die rechtliche Ausgangsposition für Städte und Gemeinden als Verpächter von landwirtschaftlichen Flächen im Hinblick auf eine Anpassung von Pachtverträgen grundsätzlich nicht als günstig anzusehen ist. Hintergrund ist insoweit, dass die aktiven Bewirtschafter (Pächter) von Flächen bis zum 15. Mai 2005 (Stichtag) Anträge auf die Zuteilung von Zahlungsansprüchen aus der neuen EU-Agrarförderung bei den Kreisstellen der Landwirtschaftkammer stellen konnten. Das neue EU-Förderrecht ist seit dem 1.1.2005 in Kraft getreten. Die Zahlungsansprüche (Prämien), die dem Bewirtschafter auf seinen Antrag hin zugeteilt werden, bleiben zukünftig beim Bewirtschafter (Pächter), denn mit der EU-Agrar-Reform wird das sog. Bewirtschafterprinzip umgesetzt. Dieses bedeutet: Die Zahlungsansprüche werden dem Bewirtschafter zugewiesen, sie sind ausdrücklich nicht an die Fläche gekoppelt, so dass bei Auslaufen eines Pachtvertrages die Zahlungsansprüche (Prämien) dem Pächter und nicht dem Verpächter (Gemeinde als Grundstückseigen-tümerin) gehören. Konkret bedeutet dieses: Ein Anspruch des Verpächters, dass der Pächter die Zahlungsansprüche nach Pachtende auf ihn oder einen Nachpächter überträgt, besteht nicht. Dieses muss deshalb im Zweifelsfall durch eine Vertragsanpassung geregelt werden, die zwischen den Pächter und dem Verpächter verhandelt werden muss. Eine Kündigung des Pachtvertrages, dessen Laufzeit über den 15. Mai 2005 hinausgeht, hat kaum Aussicht auf Bestand. So hat das AG Paderborn mit Urteil vom 9.12.2004 (Az.: 40 Lw 92/94) entschieden, dass die Kündigung eines Pachtvertrages unwirksam ist, wenn die Stadt als Verpächterin mit der Kündigung versucht, die Prämienberechtigung auf der Pachtfläche zu halten. Es empfiehlt sich deshalb, mit den Pächtern eine sachgerechte Lösung im Sinne einer Vertragsanpassung zu finden, die beiden Interessen Rechnung trägt und den Pachtfrieden bewahrt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Pachtvertrag auch nach dem 15.5.2005 noch abgeändert und ergänzt werden kann, wenn sich die Vertragsparteien hierauf verständigen und im Interesse des Pachtfriedens an einer einvernehmlichen Lösung gemeinsam arbeiten.
Der StGB NRW hatte zusätzlich ein Informations-Paket zusammengestellt, welches bei Interesse angefordert werden konnte. In diesem Informations-Paket sind auch Fachaufsätze von Mitarbeitern des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes und des Rheinischen Landwirtschaftsverbands enthalten, die für eine einvernehmliche Lösung Hilfestellung leisten können. Unabhängig davon wurde darauf aufmerksam gemacht, dass beim Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) unter der Internet-Adresse www.verbraucherministerium.de eine kostenlose Broschüre zur EU-Agrar-Reform (GAP-Reform) bestellt werden kann. Weiterhin war darauf hingewiesen worden, dass das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) der Auffassung ist, dass für einen Verpächter von Flächen nicht zwingend Rechtsnachteile eintreten müssen, weil nunmehr die Zahlungsansprüche dem Pächter als Bewirtschafter zugewiesen werden. Denn Zahlungsansprüche (Prämien) ohne dazugehörende Flächen können nach dem BMVEL nicht aktiviert werden. In Anbetracht der Tatsache, dass landwirtschaftliche Flächen auch zukünftig anderweitigen Nutzungen (z.B. als Bauland, Straßen) zugeführt werden, geht das BMVEL davon aus, dass aller Voraussicht nach in der Zukunft mehr Zahlungsansprüche als Flächen vorhanden sein werden. Deshalb sei zu erwarten, dass zukünftig auch Pachtflächen ohne Prämienrechte gesucht würden, weil Betriebsprämien nur mit dazu gehörenden Flächen aktiviert werden könnten. Insgesamt kann deshalb zurzeit nicht definitiv vorausgesagt werden, ob landwirtschaftliche Flächen ohne Prämienrechte in der Zukunft tatsächlich unter ungünstigeren Bedingungen verpachtet werden können.
In Anbetracht dieser Ausgangslage hat der StGB NRW am 12.9.2005 die Sach- und Rechtslage mit den Landwirtschaftsverbänden in NRW nochmals erörtert. Aus dem Gesprächsergebnis ist ein Baustein für eine Vertragsergänzung entwickelt worden, der von den Städten und Gemeinden verwendet werden kann. Dieser Baustein hat insbesondere das Ziel den Pachtfrieden zu bewahren. Der Baustein für eine Vertragsergänzung geht von der Grundbedingung aus, dass laufende Pachtverträge um 9 Jahre bis zum Jahr 2013 verlängert werden, weil bis zum Jahr 2013 die betriebsbezogenen Prämien (betriebsindividuellen Prämien sog. TOP-UP-Prämien für Tierhaltung und Milch) ersatzlos wegfallen und es dann nur noch Flächenprämien geben wird. Bei einer Verlängerung des Pachtvertrages braucht deshalb nur noch eine Übertragung von sog. Flächenprämien geregelt werden und es muss kein Wertausgleich mehr durch die Gemeinde an den Pächter für die betriebsbezogenen Prämien gezahlt werden. Außerdem wird neben der TOP-UP-Prämie auch die OGS-Genehmigung (Obst-Gemüse-Speisekartoffel-Genehmigung) ausgeklammert. Die OGS-Genehmigung hat zum Gegenstand, dass die OGS-Flächen auf den Stand des Jahres 2002 limitiert und genehmigt werden. Baut ein Landwirt mehr Obst, Gemüse, Speisekartoffeln auf weiteren Flächen an, so bekommt er hierfür keine zusätzliche EU-Förderung. Gefördert wird mithin nur der Stand des Jahres 2002. Der Baustein zur Vertragsergänzung beinhaltet im Übrigen drei Fallgruppen:
1. Fallgruppe: ordentliche Beendigung eines Pachtvertrages
In diesem Fall verpflichtet sich der Pächter unentgeltlich, die Flächenprämien auf den Verpächter oder den Nachpächter zu übertragen (einschließlich der anteiligen Stillegungs-Zahlungsansprüche aber ohne TOP-UP und OGS-Genehmigung). Die anteiligen Stillegungsansprüche werden mit übertragen, weil der Pächter anderenfalls bei seinen verbleibenden Bewirtschaftungsflächen weniger bewirtschaften könnte, was sich negativ auf seine Existenz auswirken kann. Die TOP-UP-Prämienrechte sind betriebsindividuelle Prämien, die mit der Vertragsverlängerung bis zum Jahr 2013 gerade ausgeklammert werden sollen. Hierdurch wird ein zu zahlender Wertausgleich für betriebsindividuelle Prämien vom Verpächter an den Pächter entbehrlich. Aus den gleichen Erwägungen wird die OGS-Genehmigung ausgeklammert.
2. Fallgruppe: Pachtland wird zu Bauland
In dem Fall, dass eine landwirtschaftliche Pachtfläche durch die Gemeinde als Verpächterin zu Bauland gemacht wird, bedarf es keiner Übertragung von Flächenprämien auf den Verpächter oder einen Nachpächter, weil die Fläche zukünftig als Bauland genutzt wird und deshalb der landwirtschaftlichen Nutzung zukünftig komplett entzogen wird. Gleiches gilt grundsätzlich für den Fall des Verkaufes (der Veräußerung) der landwirtschaftlichen Fläche durch die Gemeinde als Verpächterin.
3. Fallgruppe: Kündigung des Pachtvertrages durch den Pächter
Es wird der Fall geregelt, dass der Pächter den Pachtvertrag vorzeitig kündigt. In diesem Fall ist der Pächter verpflichtet, die Zahlungsansprüche (ohne TOP-UP und OGS-Genehmigung), jedoch einschließlich anteiliger Stilllegungszahlungsansprüche an den Verpächter oder nach dessen Weisung an den Nachfolge-Bewirtschafter unentgeltlich zu übertragen.
Der Baustein für eine Vertragsergänzung kann bei der Geschäftsstelle angefordert werden. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass letzten Endes die Gemeinde vor Ort prüfen und entscheiden muss, ob sie eine Vertragsergänzung vornehmen möchte oder bestehende Landpachtverträge unverändert bleiben sollen.
Az.: II/2 87-00 qu/g