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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 191/2007 vom 08.02.2007
Umsetzung des Bundesumgebungslärmgesetzes
Das Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW – ehemals Landesumweltamt NRW) wird einen Informationsbrief zum Stand der Umsetzung des Bundesumgebungslärmgesetzes verschicken. Hierin wird noch einmal die vom Land geplante Verfahrensweise bei der Erarbeitung der bis zum 30.06.2007 aufzustellenden Lärmkarten erläutert werden. Das Land hatte sich im vergangenen Jahr bereit erklärt, die Lärmkartierung außerhalb der Ballungsräume in der bis zum 30.06.2007 abzuarbeitenden ersten Tranche zu übernehmen. Gleichwohl geht das Land immer noch davon aus, dass die Zuständigkeit für die Erarbeitung der Lärmkarten und Lärmaktionspläne grundsätzlich bei den Gemeinden liegt. Der Informationsbrief wird an verschiedenen Stellen auch hierauf Bezug nehmen. Der Städte und Gemeindebund hat in allen Diskussionen mit dem Land immer die Rechtsauffassung vertreten, dass eine Zuständigkeit der Gemeinden bislang nicht rechtswirksam festgelegt worden ist. Ungeachtet der Zuständigkeitsfrage halten wir jedoch das vom Land vorgesehene Verfahren für die Lärmkartierung außerhalb der Ballungsräume und im Umfeld der Großflughäfen für einen sinnvollen Weg zur Umsetzung der durch das Bundesimmissionsschutzgesetz vorgegebenen Aufgabe. Ein reibungsloser Ablauf dieser Verfahrensweise setzt jedoch an einigen Punkten die Mitwirkung der Gemeinden voraus. Auch wenn es sich bei dieser Mitwirkung aufgrund der fehlenden Zuständigkeit der Gemeinden um eine freiwillige Leistung zugunsten des Landes handelt, empfehlen wir, das Land bei der Erfüllung dieser Aufgabe zu unterstützen, soweit dies mit vertretbarem Arbeitsaufwand möglich ist. Die im Ergebnis den Gemeinden zur Verfügung gestellten Lärmkarten können für die künftige Entscheidungsfindung vor Ort eine wertvolle Hilfe sein. Im Einzelnen:
1. Zuständigkeit (§ 47 e BImSchG)
Durch Bundesrecht ist nicht abschließend geklärt, wer zukünftig für die Aufstellung von Lärmkarten und nachfolgend für die Erarbeitung von Lärmaktionsplänen zuständig ist. Das Bundesimmissionsschutzgesetz sieht in § 47 e eine alternative Zuständigkeit der Gemeinden oder der nach Landesrecht zuständigen Behörden vor. Damit bedarf es zwingend einer konstitutiv wirkenden Zuständigkeitsregelung durch das Land. Eine unmittelbare Zuweisung der Zuständigkeit durch das Bundesimmissionsschutzgesetz wäre verfassungsrechtlich auch gar nicht möglich. Eine solche Aufgabenzuweisung ist seit dem Inkrafttreten der Föderalismusreform am 01.09.2006 durch den neuen Art. 84 Abs. 1 Satz 7 Grundgesetz ausdrücklich ausgeschlossen. Das Bundesimmissionsschutzgesetz ist zwar vor dem Inkrafttreten der Föderalismusreform verabschiedet worden. Gleichwohl hätte eine solche Aufgabenzuweisung auch auf der Basis der zuvor geltenden Verfassungsrechtslage nicht erfolgen dürfen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu Art. 84 Abs. 1 GG a.F. belegt aus unserer Sicht eindeutig, dass der Bundesgesetzgeber eine solche Aufgabenzuweisung auch vor der Föderalismusreform nicht vornehmen durfte.
Die Frage der Regelung der Zuständigkeit ist nicht lediglich eine reine Rechtsfrage. Von der Frage, durch wen die Zuständigkeit festgelegt wird (Bundesgesetzgeber oder Landesgesetzgeber) hängt letztlich auch die Anwendung des Konnexitätsprinzips und damit der wirkungsvolle Schutz der Gemeinden vor einer Aufgabenübertragung ohne den entsprechenden Finanzausgleich ab. Wir halten es deshalb aus grundsätzlichen Erwägungen für geboten, auch weiterhin auf die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch das Land hinzuwirken.
2. Erstellung der Lärmkarten (§ 47 c BImSchG) – 1. Tranche
Lärmkarten müssen zunächst für Ballungsräume erstellt werden. Als Ballungsräume sind durch das Land NRW zurzeit nur die Städte Aachen, Bielefeld, Bochum, Bonn, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Köln, Mönchengladbach, Wuppertal an die EU-Kommission gemeldet worden. Hintergrund hierfür ist, dass nach § 47 c Abs. 1 Satz 1 nur für solche Ballungsräume in einer 1. Tranche eine Lärmkarte bis zum 30.6.2007 aufzustellen ist, in welchen mehr als 250.000 Einwohner leben. Die benannten Städte werden Lärmkarten erstellen, wobei das Land Hilfestellung mit Lärmdaten über Industrie- und Gewerbebetriebe leisten wird. Lärmkarten müssen auch für Haupteisenbahnstrecken erstellt werden. Hierfür ist das Eisenbahn-Bundesamt zuständig (§ 47 e Abs. 3 BImSchG).
Für die Städte und Gemeinden im kreisangehörigen Raum verbleiben dann noch die Lärmkarten für Hauptverkehrsstraßen (Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen) mit mehr als 6 Millionen Kfz pro Jahr (§ 47 c Abs. 1 BImSchG). Hier wird nach Mitteilung des Umweltministeriums NRW das Land NRW zunächst auf seine Kosten die Lärmkarten erarbeiten. Die Städte und Gemeinden müssen keine Lärmkarten in Auftrag geben.
Das Land NRW stellt hierfür in den Jahren 2006 und 2007 jeweils 1,72 Mio. € an Haushaltmitteln bereit, damit die Lärmkarten durch das Land erstellt werden können. Es ist jedoch zu beachten, dass das Land zurzeit nur die Kosten für die Erstellung der Lärmkarten der 1. Tranche übernimmt (§ 47 c Abs. 1 Satz 1 BImSchG). Lärmkarten müssen schließlich auch für Großflughäfen erstellt werden. Als Großflughäfen sind für NRW die Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf an die EU-Kommission gemeldet worden. Auch für diese Flughäfen wird das Land NRW die Lärmkarten einheitlich erarbeiten, so dass betroffene Städte und Gemeinden keine Lärmkarten erstellen müssen. Vor dem Hintergrund dieser Verfahrensweise müssen die Städte und Gemeinden außerhalb der o.g. Ballungsräume derzeit keine eigenen Aktivitäten oder Beauftragungen zur Erstellung von Lärmkarten durchführen. Das vom Land nunmehr eingeschlagene Verfahren halten wir grundsätzlich für sinnvoll, um die vom Bundesimmissionsschutzgesetz gestellte Aufgabe der Lärmkartierung effizient abzuarbeiten. Diese Verfahrensweise setzt jedoch an einigen wenigen Stellen die Mitwirkung der Gemeinden voraus. Ungeachtet der fehlenden Zuständigkeit der Gemeinden für diese Aufgabe empfehlen wir unseren Mitgliedskommunen, an der Erstellung der Lärmkarten durch das Land mitzuwirken, soweit ihre Mithilfe im Rahmen der Kartierung erforderlich sein sollte und mit einem vertretbaren Arbeitsaufwand verbunden ist. Eine solche Mitwirkung wird voraussichtlich zum Einen in der Benennung eines Ansprechpartners und zum Anderen in der Weitergabe von Daten bestehen, die das Land für die Ermittlung der Anzahl der von bestimmten Lärmquellen betroffenen Anwohner benötigt.
3. Erstellung von Lärmaktionsplänen und Lärmkarten - 2. Tranche
Nach § 47 c Abs. 1 Satz 2 BImSchG sind Lärmkarten in einer 2. Tranche bis zum 30.6.2012 (und danach alle fünf Jahre) für sämtliche Ballungsräume sowie für sämtliche Hauptverkehrsstraßen und Haupteisenbahnstrecken aufzustellen. Unter einer Hauptverkehrsstraße ist nach § 47 b Nr. 3 BImSchG eine Bundesfernstraße, Landesstraße oder auch sonstige grenzüberschreitende Straße, jeweils mit einem Verkehrsaufkommen von über 3 Millionen Kfz pro Jahr zu verstehen. Unter einem Ballungsraum ist in der zweiten Tranche ein Gebiet mit einer Einwohnerzahl von über 100.000 und einer Bevölkerungsdichte von mehr als 1000 Einwohnern pro Quadratkilometer zu verstehen (§ 47 b Nr. 2 BImSchG). Darüber hinaus sind im Anschluss an die Lärmkartierung der 1. Tranche bereits bis zum 18.07.2008 die dazugehörigen Lärmaktionspläne aufzustellen.
Vor diesem Hintergrund wird die Frage der Zuständigkeit in naher Zukunft erneut an Bedeutung gewinnen, weil dann vom Land über die o.g. Hilfestellung hinaus ein eigenes Tätigwerden der Kommunen verlangt werden könnte. Hierfür gibt es aus den genannten Gründen bislang keine rechtliche Grundlage. Wir werden versuchen, diese Problematik im weiteren Kontakt mit der Landesregierung einer Lösung zuzuführen. Unseres Erachtens könnte das Land im Rahmen der Gesetzgebung zur Verwaltungsstrukturreform für die notwendige Rechtsgrundlage sorgen. Über den Stand der Diskussion werden wir Sie fortlaufend unterrichten.
Az.: II72 70-31 qu/ko