Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 303/2020 vom 20.04.2020

EuGH zu unerlaubtem Nachunternehmereinsatz und Bieterausschluss

Das EuGH hat mit Urteil vom 03.10.2019 – Rs. C-267/18 – eine auch für Städte und Gemeinden relevante Frage entschieden:

  1. Führt ein unerlaubter Nachunternehmereinsatz zur vorzeitigen Beendigung eines früheren öffentlichen Auftrags, kann hierin ein erheblicher oder dauerhafter Mangel bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung liegen.
  2. Der Wirtschaftsteilnehmer erhält die Möglichkeit, die Abhilfemaßnahmen zu benennen, die er infolge der vorzeitigen Auftragsbeendigung ergriffen hat.
  3. Hält der Auftraggeber hiernach das Vertrauensverhältnis zum Wirtschaftsteilnehmer für zerstört, nachdem er dessen Integrität und Zuverlässigkeit bewertet hat, darf er ihn von seinem Vergabeverfahren ausschließen.

Sachverhalt

Die Vergabestelle (VSt), eine rumänische Gemeinde, vergab einen Bauauftrag an eine Bietergemeinschaft, die von D angeführt wurde. Sie beendete diesen Auftrag wegen unerlaubter Nachunternehmereinsätze vorzeitig und veröffentlichte eine Feststellung auf der Onlineplattform. Die rumänische Straßenbauverwaltung CNAIR eröffnete kurz darauf ein europaweites Vergabeverfahren zur Erweiterung einer Nationalstraße. D gab in Bietergemeinschaft ein Angebot ab. Die CNAIR stieß auf die Online-Feststellung der Gemeinde. Sie erbat von dieser und D Erläuterungen. D widersprach wiederholten und schwerwiegenden Vertrags-verletzungen und verwies auf zwei anhängige Klagen.

Die Gemeinde erklärte, die Bietergemeinschaft habe unerlaubt wesentliche Teile der Arbeiten an Unterauftragnehmer vergeben. Die CNAIR schloss darauf die Bietergemeinschaft aus. D legte Beschwerde beim Nationalrat ein. Dieser erklärte sich zur Beurteilung eines etwaigen Fehlverhaltens der D beim ersten Auftrag für unzuständig. D ging hiergegen in Berufung. Das Berufungsgericht setzte das Verfahren aus. Es legt dem EuGH - verkürzt - die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Art. 57 Abs. 4 g der Richtlinie 2014/24/EU dahin auszulegen ist, dass die vorzeitige Beendigung eines öffentlichen Auftrags aufgrund eines unerlaubten Nachunternehmereinsatzes einen erheblichen oder dauerhaften Mangel bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung eines früheren Auftrags darstellt, der zum Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers führt.

Entscheidung

Der EuGH differenziert: Aus einem früheren unerlaubten Nachunternehmereinsatz lässt sich nicht generell ableiten, dass der Zuschlagsempfänger erhebliche oder dauerhafte Mängel bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung hat erkennen lassen. Vielmehr müssen öffentliche Auftraggeber selbst unter Beachtung aller relevanten Umstände und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sorgfältig und unparteiisch prüfen, ob dies der Fall ist und ihr Vertrauensverhältnis zu diesem Wirtschaftsteilnehmer zerstören kann. Prüfungsaspekte sind ein Selbstausführungsgebot und die Zustimmungspflicht für Nachunternehmereinsätze. Ein Auftraggeber muss auch prüfen, ob im Nachunternehmereinsatz eine wesentliche Angebotsänderung lag. (Quelle: IBR Online 2020, 199)

Anmerkung

Die Entscheidung beinhaltet eine zu begrüßende Klarstellung. Der EuGH stellt fest, dass ein unerlaubter Nachunternehmereinsatz, selbst wenn er bei einem anderen Auftraggeber vorgekommen ist, grundsätzlich für den aktuell ausschreibenden Auftraggeber eine Schlechtleistung in einem früheren Auftrag darstellen kann. Konkret fraglich ist aber stets, was die sorgfältige und unparteiische Prüfung früherer Schlechtleistungen bei anderen Auftraggebern erfordert. Dafür sollte eine begründete Ausübung des Ermessensspielraums der Ausschlussnorm genügen, wobei auf das Vertrauensverhältnis abgestellt werden darf. Der EuGH verlangt insoweit weder ein Rechtsgutachten noch eine Akteneinsicht.

Az.: 21.1.1.3-003/010 we

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