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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 636/2019 vom 12.11.2019
Verbot von Silvesterfeuerwerken
Die Deutsche Umwelthilfe hat an zahlreiche Städte und Gemeinden „Anträge auf Durchführung planunabhängiger Maßnahmen zur Reduktion der Feinstaubbelastung durch Silvesterfeuerwerke“ mitsamt einem Rechtsgutachten versandt. Dazu hat der DStGB in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wie folgt Stellung genommen:
Verbote allein helfen nicht weiter
Bereits heute beschränken viele Kommunen das Abbrennen privater Böller. So ist schon heute das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände nach § 23 Abs. 1 der SprengstoffV in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altenheimen sowie Reet- und Fachwerkhäusern verboten. Daher ist speziell in Innenstädten mit alter Bausubstanz und Fachwerkhäusern schon wegen des Brandschutzes ein komplettes Feuerwerksverbot sachgerecht. Dies sollte auch für größere Menschenansammlungen auf Straßen und Plätzen gelten, zumal heute oftmals Verbundfeuerwerkskörper mit einem erheblichen Mehr an Licht- und Knall- sowie Lärmeffekten gezündet werden.
Richtig ist auch, dass saubere Luft in Städten und Gemeinden ein Mehr an Lebensqualität und Gesundheitsschutz für Bürgerinnen und Bürger bedeutet. Hier kommt aber neben einem Verbot des ja grundsätzlich nur in der Nacht von 31. Dezember auf den 1. Januar (Silvester) erlaubtem Feuerwerk sehr viel mehr einer umfassenden Verkehrswende, die die Emissionen insbesondere auch von Stickstoffoxid reduziert, eine viel größere Bedeutung zu. Nötig sind daher schnelle Investitionen in den massiven Ausbau des ÖPNV, in eine umfassende Fahrradinfrastruktur sowie in die Digitalisierung der Verkehrssysteme. Auch hier kurieren Fahrverbote nur an Symptomen. Stattdessen müssen die Schadstoffe an der Quelle bekämpft werden.
Im Hinblick auf Silvesterfeuerwerke etc. kommt es darauf an, die Bevölkerung zu überzeugen und für einen verantwortungsvollen Umgang mit Feuerwerkskörpern zu werben. Hierzu können gerade Städte und Gemeinden beitragen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund spricht sich im Übrigen gegen ein pauschales Verbot für Silvesterfeuerwerke aus. Ein Neujahrsfeuerwerk ist Ausdruck von Lebensfreude und sollte daher nicht pauschal untersagt werden. Zudem machen Verbote ohne Kontrolle und Sanktionen wenig Sinn. Die Durchsetzung von Böllerverboten etwa durch die Polizei und die Ordnungsdienste ist aber nicht zuletzt wegen der begrenzten Personalkapazitäten gerade in einer einsatzintensiven Nacht wie Silvester kaum möglich.
Rechtliche Möglichkeiten
Das als Anlage zum Schreiben der DUH an die adressierten Städte und Gemeinden versandte „Rechtsgutachten" einer Berliner Anwaltskanzlei zeigt in seinen grundlegenden Zügen bestehende und im Sprengstoffgesetz, der Sprengstoffverordnung, dem Bundesimmissionsschutzrecht sowie dem Ordnungsrecht geregelte Möglichkeiten zu Verboten auf.
Danach können auch kommunale Ordnungsbehörden nach dem jeweiligen Ordnungsbehördengesetz der Länder und aufgrund ihres Ermessens ergänzende Anordnungen zur Abwehr von konkreten Gefahren für die Unversehrtheit von Leben und Gesundheit von Personen erlassen. Der Schutz der menschlichen Gesundheit vor Luftverunreinigungen wird demgegenüber umfassend und abschließend durch das Bundesimmissionsschutzgesetz des Bundes (BImSchG) sowie die danach erlassenen Verordnungen geregelt.
Bezogen auf die Luftreinhaltung ist konkret in § 47 BImSchG die gerichtlich einklagbare Verpflichtung der zuständigen Behörden geregelt, im Falle der Überschreitung der europarechtlich vorgegebenen Grenzwerte bzw. der zulässigen Anzahl von Tagesüberschreitungen pro Jahr an einzelnen Messstationen einen sog. „Luftreinhaltungsplan" für die jeweilige Stadt oder Gemeinde zu erlassen, in dem geeignete Maßnahmen zur Behebung dieses Problems vorgesehen werden. In der Vergangenheit ist von dieser Möglichkeit unabhängig von Silvesterfeuerwerken auch Gebrauch gemacht und es sind Luftreinhaltepläne erlassen worden. Diese Pläne sind durch die zuständige Behörde regelmäßig anhand der ständig überprüften Messwerte fortzuschreiben.
Die Berliner Anwaltskanzlei behauptet in dem Schreiben der Deutschen Umwelthilfe beigefügten Gutachten, es würden über die spezialrechtlichen Zuständigkeiten im Sprengstoffrecht und insbesondere im Bundesimmissionsschutzrecht noch weitergehende Ermessensspielräume der Kommunen für ergänzende Maßnahmen nach dem allgemeinen Ordnungsrecht zur Verhinderung von Luftverunreinigungen bestehen. Diese Auffassung halten wir für zweifelhaft.
Denn es ist gerade die Intention des § 47 BImSchG, den Schutz der Bevölkerung vor einer übermäßigen Luftverunreinigung umfassend und abschließend zu regeln. Auch die von der DUH angeführten (unverbindlichen) Empfehlungen der WHO können die verbindlichen Regelungen des EU- und Bundesrechts nicht aushebeln oder erweitern.
Weiterer Hintergrund und Entwicklungen
Hinzuweisen ist auch darauf, dass in vielen Städten und Gemeinden die Feinstaubwerte und damit die Tageshöchstzahl für ein Einschreiten gegen Feinstaubbelastungen selten überschritten werden. Das Feinstaubproblem ist auch aufgrund fortschrittlicher Technologie zuletzt rückläufig, was nicht bedeutet, dass weitere Maßnahmen notwendig sind.
Aktuell begegnet jedenfalls ein umfassendes Feuerwerkverbot zu Silvester rechtlichen Schranken. Dennoch sind auch die Kommunen offen für eine Prüfung zur Erweiterung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, etwa durch Ergänzung des Bundesimmissionsschutzgesetzes, des Sprengstoffgesetzes oder der Sprengstoffverordnung. Zur Änderung der Sprengstoffverordnung hat der Berliner Senat am 22. Oktober beschlossen, im Bundesrat einen Antrag einzubringen. Ziel der Initiative Berlins ist es, die „Gefahren durch das Abbrennen von Pyrotechnik zu minimieren und gleichzeitig die Feinstaubbelastung der Luft zu senken, den Tierschutz zu fördern und Abfälle zu reduzieren“.
Az.: 27.2.2-001 gr