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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 345/1998 vom 05.07.1998
Verfassungsbeschwerde gegen Stromeinspeisungsgesetz erhoben
Das Energieversorgungsunternehmen PreussenElektra hat am 27.05.1998 beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde gegen das Stromeinspeisungsgesetz eingelegt. Das Unternehmen wendet sich damit gegen die nach seiner Ansicht unkontrollierte Förderung von Windkraftanlagen durch eine gesetzliche Abnahme- und Vergütungspflicht zu überhöhten Preisen.
Die Beschwerde stützt sich in ihrer Begründung auf die Verletzung der Berufs- und Eigentumsfreiheit sowie des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Nach Auffassung von PreussenElektra sind die durch das Stromeinspeisungsgesetz herbeigeführten Beeinträchtigungen dieser Grundrechtsfreiheiten nicht gerechtfertigt. Der Staat habe zur Erfüllung eines von ihm selbst definierten Gemeinwohlzieles willkürlich nur einige wenige Unternehmen in die Pflicht genommen, anstatt die Lasten auf die Allgemeinheit zu verteilen. Die derzeitige Regelung treffe PreussenElektra wie eine verfassungswidrige Sonderabgabe.
Des weiteren wendet sich das Unternehmen gegen die Nichtbeachtung des Europäischen Rechts. Das bestehende Stromeinspeisungsgesetz habe bereits der Prüfung durch die Europäische Kommission unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten unterlegen. Mit der Gesetzesnovelle seien neue Beihilfetatbestände geschaffen und bestehende Beihilfen umgestaltet worden. Solche Regelungen unterlägen einer europarechtlichen Vollzugssperre, solange sie nicht bei der Europäischen Kommission notifiziert und von dieser genehmigt worden sind. Die Bundesregierung habe von einer Notifizierung abgesehen, weil sie angesichts von Äußerungen der Europäischen Kommission im Vorfeld mit der Genehmigungsverweigerung rechnen mußte. Die Europäische Kommission habe deutlich gemacht, daß die aus der fehlenden Notifizierung erwachsenden Konsequenzen zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland gingen.
Das Unternehmen weist darauf hin, daß 70 Prozent der gesamten bundesdeutschen Windenergieeinspeisung in Norddeutschland stattfindet. Allein auf Schleswig-Holstein entfielen 35 Prozent, die das regionale Energieversorgungsunternehmen SCHLESWAG abnehmen und vergüten müsse. Die Mehrbelastungen der norddeutschen Versorgungsunternehmen liege mittlerweile in einer Größenordnung von 400 Millionen DM. Obwohl die Bundesregierung in einem Erfahrungsbericht aus dem Jahr 1995 auf die wettbewerbsverzerrende Entwicklung des Stromeinspeisungsgesetzes hingewiesen habe, stehe die Gesetzesnovelle im Widerspruch zum Liberalisierungsgedanken. Ebensowenig habe der Gesetzgeber das norddeutsche Sonderlastenproblem beseitigt. Vielmehr werde PreussenElektra als Vorlieferant noch stärker in die Pflicht genommen. Gemäß der im Gesetz neu eingeführten Härteklausel müsse das Unternehmen nunmehr über die bereits bestehenden Kostenbelastungen hinaus direkt Zahlungen an die betroffenen Regionalversorger leisten - allein 1998 in dreistelliger Millionenhöhe.
Az.: 811-00