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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 238/2011 vom 21.04.2011
Vergabekammer Münster zu Eignungsprüfung und Zuverlässigkeit
Die Vergabekammer Münster hat mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 (VK 9/10) zur Eignungsbeurteilung durch den öffentliche Auftraggeber Stellung genommen. Dem Beschluss zufolge darf eine Vergabestelle im Rahmen der Eignungsbeurteilung auch auf eigene Erfahrungen, die sie mit einem Unternehmen aus früheren Aufträgen gemacht hat, abstellen und diese bei der Wertung berücksichtigen.
Im zugrunde liegenden Sachverhalt schrieb eine Kommune eine Dachsanierung einer denkmalgeschützten Schule in einem Offenen Verfahren europaweit aus. Das preisgünstigste Angebot schloss sie aus, weil sie Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bieters hatte. Der Bieter sei bei einem jüngst abgeschlossenen Neubauprojekt der Kommune häufig in Verzug geraten und habe den Bauablauf gestört. Zuletzt sei eine Teilkündigung ausgesprochen worden. Der Bieter bestritt dies und wehrte sich gegen den Ausschluss des Angebots.
Die Vergabekammer Münster hat die Rechtsauffassung des Auftraggebers bestätigt. Der Auftraggeber habe bei der Eignungsprüfung grundsätzlich einen Beurteilungsspielraum. Einen Beurteilungsfehler konnte die Vergabekammer vorliegend nicht erkennen. Dabei sah die Vergabekammer bewusst davon ab, die zahlreichen strittigen Einzelheiten des früheren Neubauprojekts abschließend zu klären. Die Vergabekammer stellte fest, dass das Vertrauensverhältnis der Parteien vorliegend unwiederbringlich gestört war. Beide Seiten hätten dazu ihren Teil beigetragen. Einzelne Umstände wären allein dem Bieter zuzurechnen, so dass die Entscheidung der Kommune nicht zu beanstanden war. Schlechte Erfahrungen aus einer Mehrzahl von Verträgen seien nicht erforderlich. Es bestehe auch keine Pflicht, positive Referenzen von anderen öffentlichen Auftraggebern über die eigenen Erfahrungen zu stellen.
Dies gelte auch bei einer Vielzahl von positiven Referenzen. Ebenso wenig sei es erforderlich, dass dem Bieter strafrechtlich relevante Verstöße oder schwere Verfehlungen im Sinne von § 6 Abs. 3 Nr. 2g VOB/A nachgewiesen werden. Der Hinweis des Unternehmens, dass der seinerzeitige Bauleiter nicht die erforderliche Qualifikation besessen habe und deshalb nicht mehr im Unternehmen tätig sei, ändere nichts. Ein Auftraggeber müsse nicht darauf vertrauen, dass dieses Unternehmen nunmehr mit neuen und zuverlässigen Bauleitern arbeiten werde.
Anmerkung:
Die Vergabekammer Münster hat unterstrichen, dass der Ausschluss eines Bieters wegen Unzuverlässigkeit möglich ist, soweit ihm mit Blick auf frühere Aufträge Schlechtleistungen oder sonstige Verfehlungen nachgewiesen werden können. Es ist grundsätzlich eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Bloße Meinungsverschiedenheiten über eine ordnungsgemäße Vertragsabwicklung reichen regelmäßig nicht aus, eine Unzuverlässigkeit zu begründen. Umgekehrt müssen öffentliche Auftraggeber nicht in Kauf nehmen, erneut mit einem Bieter zusammen zu arbeiten, welcher in der Vergangenheit nachweislich erhebliche Schlechtleistungen durchgeführt hat. Aus Bietersicht ist darüber hinaus aber zu berücksichtigen, dass die eigene Zuverlässigkeit nach (schweren) Verfehlungen mit einem Selbstreinigungsprozess wiederhergestellt werden kann. Bieterseitig sind hierfür konkrete Angaben zu machen.
Az.: II/1 608-00