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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 421/2021 vom 20.07.2021
Vergabekammer Westfalen: Produktscharfe Nachbestellung von iPads für den Schulbetrieb ist zulässig
Die Vergabekammer Westfalen bei der Bezirksregierung Münster hat mit einer Entscheidung vom 17.06.2021 (VK 1-17/21) in einem Nachprüfungsverfahren der Firma Samsung gegen die Stadt Verl entschieden, dass eine produktscharfe Ausschreibung von iPads zur weiteren Ausstattung von Schulen zulässig war, da der produktspezifischen Ausschreibung sachliche Gründe zugrunde lagen.
Sachverhalt
Seit 2018 stattete die Antragsgegnerin, die Stadt Verl, die Schulen mit iPads inklusive Lizenzen für die iOS basierte Mobile Device Managementsoftware Jamfschool/Zuludesk sowie mit Whiteboards mit Apple TV und Touch-Displays aus. Die Schulen gaben die iPads teilweise nach Bedarf in Koffern an Klassen aus (sog. Kofferlösungen) und teilweise an die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II. Die iPads wurden über den Apple School Manager zentral mit Software und Updates verwaltet. Hieran anknüpfend schrieb die Antragsgegnerin mit Bekanntmachung vom 24.02.2021 die „Lieferung von 1.300 Tablets (iPads inklusive Lizenzen)“ für Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer der Schulen der Stadt Verl im offenen Verfahren aus. Zur Beschreibung führte sie aus:
„1.300 iPads der neuesten Generation, fabrikneu. inkl. Lizenzen für ein Mobile Device Managementsystem (Zuludesk/Jamfschool). Die Lizenzen müssen durch den Anbieter in das bestehende DEP/MDM (JAMFSchool/Zuludesk) des Schulträgers integriert werden.“
Die Antragstellerin, die Firma Samsung, rügte mit der Festlegung auf das Produkt des Herstellers Apple und die Software „Zuludesk/Jamfschool“ eine produktspezifische Ausschreibung nach §§ 121 GWB, 31 Abs. 6 Satz 1 VgV und damit verbunden einen Verstoß gegen den Wettbewerbsgrundsatz, das Diskriminierungsverbot und den Gleichheitsgrundsatz. Sie begründete einen Schaden mit der Ausgestaltung der Vergabeunterlagen, die sie objektiv daran gehindert hätten, die Leistungsanforderungen zu erfüllen und überhaupt am Wettbewerb teilzunehmen. Ein sachlicher Grund liege weder in technischer noch in organisatorischer Hinsicht vor, da die Produkte der Antragstellerin die Anforderungen der Antragsgegnerin vollumfänglich erfüllen könnten und eine Begrenzung auf das geschlossene Betriebssystem iOS den Wettbewerb langfristig ausschließe. Sie behauptete, dass ein Mischbetrieb unterschiedlicher Betriebssysteme jedenfalls im Vergleich von KIassenverbänden zueinander möglich sei. Eine Klasse könne etwa mit dem Betriebssystem Android arbeiten, eine andere mit dem Betriebssystem iOS.
Die Antragsgegnerin wendete dagegen ein, dass die produktspezifische Ausschreibung sachlich gerechtfertigt sei. Sie dürfe selbst bestimmen, was sie beschaffen wolle, sofern sie die sachlichen Grenzen des Leistungsbestimmungsrechts nicht überschreite. Die Festlegung auf Produkte des Herstellers Apple erfolge als Erweiterung des Bestandes und beruhe auf sachlichen, d.h. technischen und wirtschaftlich-organisatorischen Gründen. Die Einbindung des Betriebssystems „Android“ in den vorhandenen Bestand sei technisch nicht möglich. Das derzeit verwendete Betriebssystem iOS bzw. das Mobile Device Managementsystem Jamfschool sei geschlossen, eine Kombination mit anderen Betriebssystemen nicht möglich. Selbst wenn ein Mischbetrieb technisch umsetzbar sei, sei dieser nicht sinnvoll und aus organisatorischen Gründen unzumutbar. Dieser gefährde die Systemsicherheit, da der gleichzeitige Betrieb von mehreren Betriebssystemen die jedem System immanenten Fehler in einem System bündele und damit die Fehleranfälligkeit des Gesamtsystems erhöhe. Zur Gewährleistung der Systemsicherheit dürfe der öffentliche Auftraggeber eine „Ein-Hersteller-Strategie“ verfolgen, die ein kollaboratives, klassenübergreifendes Arbeiten ermögliche.
Die Vergabekammer Westfalen ist mit ihrer Entscheidung vom 17.06.2021 der Argumentation der Antragsgegnerin gefolgt. Mit Blick auf den Auftragsgegenstand, die Einbindung von 1.300 iPads in die bestehende IT-Infrastruktur, habe die Antragsgegnerin mehrere sachliche Gründe für eine produktspezifische Ausschreibung angeführt. So stelle der störungsfreie und effektive Distanz-Unterricht mit Blick auf die zu vermittelnden Lerninhalte einen sachlichen Grund für eine produktspezifische Ausschreibung dar. Wie bei der Verwendung von unterschiedlichen Schulbüchern sei bei fehlender, vollständiger Kompatibilität der Apps zueinander und der nicht gegebenen Deckungsgleichheit von Lerninhalten ein effektiver und störungsfreier Unterricht nicht möglich. Auch stelle die Vermeidung des durch den parallelen Betrieb zweier Mobile Device Managementsysteme entstehenden zusätzlichen Verwaltungsaufwandes ebenfalls einen tragfähigen sachlichen Grund dar. Zusätzlicher Administrationsaufwand entstehe, da die einheitliche und zentrale Verwaltung sämtlicher Endgeräte bei Hinzuziehung eines weiteren Betriebssystems so wie bisher nicht mehr möglich sei. Schließlich sei die mit der Nachbestellung vertiefende Bindung an einen Hersteller hinzunehmen. Sei die (erstmalige) Bindung im Wettbewerb entstanden, dürfe der öffentliche Auftraggeber seine folgenden Beschaffungsentscheidungen an seinem vergabekonform beschafften Bestand ausrichten und müsse diesen nicht laufend dem Grunde nach hinterfragen.
Die Entscheidung kann von unseren Mitgliedskommunen im Intranet unter „Fachinformation – Fachgebiete – Bauen und Vergabe – Rechtsprechung“ heruntergeladen werden.
Az.: 21.1.4.4-002/005 we