Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 484/2021 vom 18.08.2021
Vergaberecht: EU-Kommission führt Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland fort
Die EU-Kommission hat am 15. Juli 2021 beschlossen, Deutschland eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu übermitteln, um die ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge und über Konzessionen (2014/24/EU, 2014/25/EU & 2014/23/EU) sicherzustellen. Gemäß den EU-Vorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen sind öffentliche Aufträge oberhalb eines bestimmten Schwellenwertes unter Beachtung der Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung öffentlich auszuschreiben. Die Analyse der Kommission hat ergeben, dass mehrere Bestimmungen der deutschen Rechtsvorschriften nicht mit den Richtlinien vereinbar sind. Die Kommission verweist insbesondere auf drei Problempunkte: die Berechnung von Architektenleistungen, die Befreiung von Rettungsdiensten von den Vergabevorschriften und die fehlende Begriffsbestimmung von „Postdiensten“. Deutschland hat nun zwei Monate Zeit, um zu den Argumenten der Kommission Stellung zu nehmen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Anderenfalls kann die Kommission beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage gegen Deutschland einreichen.
Anmerkung
Insbesondere die Stellungnahme der EU-Kommission zu der von ihr verlangten Addition von verschiedenen Planungsleistungen ist für die Städte und Gemeinden höchst relevant. Sollte sich die Auffassung der EU-Kommission auch beim Europäischen Gerichtshof bestätigen, müssten Städte und Gemeinden unterschiedliche Planungsleistungen, also etwa die von Architekten durchgeführte Objektplanung für einen Kindergarten, gemeinsam mit der von Ingenieuren geleisteten Ausführungsplanung für die jeweilige Auftragswertberechnung addieren. Folge wäre, dass etwa ein Bauvorhaben (Beispiel: Kindergarten) mit einem Auftragswert von nur ca. zwei Millionen Euro zwar nicht nach der VOB/A, aber im Hinblick auf die dem Bau vorgeschalteten Planungsleistungen, europaweit auszuschreiben wäre. Die kommunalen Spitzenverbände haben sich stets gegen diese Auffassung der Kommission gewandt.
Az.: 21.1.1.2-001/006 we